Pat Cortina, der Prinzipienreiter

Bei seinem ersten Auftritt als Bundestrainer holt Cortina den Deutschland-Cup – und überzeugt auf ganzer Linie. Hier erklärt der Coach seine Philosophie – und macht klar: Er ist der Boss
von  Matthias Kerber

MÜNCHEN Pat Cortina spielte bei der Pressekonferenz nach dem Triumph der deutschen Nationalmannschaft mit einem großen Namensschild herum. Immer wieder drehte er es herum, warf einen Blick auf das Schild. Dort war zu lesen: Pat Cortina – Deutschland.

Der Italo-Kanadier, der seit 2006 Trainer des EHC Red Bull München ist, bekleidet seit September auch das Amt des Bundestrainers, beim Deutschland-Cup führte er Team Germany mit drei Siegen über Kanada, die Schweiz und die Slowakei zum Turniersieg.

Dabei war Cortina nicht die erste Wahl. „Das ist mir scheißegal”, sagte der 48-Jährige selbstbewusst, „es ist nicht wichtig, ob ich erste, zweite, dritte oder fünfte Wahl war – wichtig ist nur, dass ich die richtige Wahl bin.”

Fünf Kandidaten hatten in der Verbandszentrale in München ihre Konzepte vorgestellt, Cortina überzeugte in seiner 30-minütigen Präsentation dort alle Zweifler, setzte sich so gegen den schwedische Weltmeister und Olympiasieger Bengt-Ake Gustafsson, Björn Kinding sowie Straubing-Coach Dan Ratushny und Ex-Bundestrainer Hans Zach durch.
„Ich habe meine grundsätzliche Philosophie präsentiert”, erklärte Cortina der AZ, „ich habe aufgezeigt, welche Visionen ich habe – und dass ich die deutschen Tugenden wie Struktur, Ehrlichkeit, Disziplin wieder in der Mannschaft installieren will.” Die Verbandsbosse wollten von Cortina wissen, welches System er spielen würde. Die Antwort, die sie bekamen, war typisch Cortina: „Systeme sind nicht so wichtig. Was zählt, sind Prinzipien. Jedes System wird funktionieren, wenn alle zusammenarbeiten. Das System wird sich den Spielern, den Prinzipien anpassen.”

Cortina, der Prinzipienreiter. Und wie diese aussehen, hat er seinen Spielern gleich beim ersten Treffen unmissverständlich klargemacht:

Hierarchien: Bei Cortina gilt: Der Boss bin ich. „Die Spieler müssen nicht alles verstehen, was wir tun oder planen. Aber sie müssen verstehen, dass wir einen Plan haben und das Vertrauen in uns haben, dass wir wissen was wir tun”, sagte Cortina, „wir werden an jedem Detail arbeiten. Auf dem Eis, aber auch daneben.” Von Fitnessübungen, bis zur Ernährung, alles steht auf dem Prüfstand.

Seine Philosophie: „Ich habe den Spielern gesagt, niemand ist wichtiger als das Team. Ich bin nicht bereit, Energien damit zu verschwenden, mich mit Egos oder Eitelkeiten auseinander zu setzen. Wer dem Team schadet, wird kein Teil des Teams sein”, sagt Cortina. Anders als Vorgänger Jakob Kölliker scheut Cortina den Konflikt nicht. „Kölliker wolle Jedermanns Liebling sein, das funktioniert in der Position aber nicht”, sagte DEB-Boss Uwe Harnos.

System: Cortina lässt wieder deutsch spielen. Defensiv, körperbetont, mit klarer Aufgabenverteilung. Schönspielerei Marke Kölliker, für die die Deutschen nicht die Akteure haben, ist Geschichte. Nur einer der drei Stürmer agiert als Vorchecker, die anderen kümmern sich sofort um Defensivaufgaben. Köllikers fehleranfällige Manndeckung wurde abgeschafft. „Jeder weiß, was er zu tun hat, aber auch, was er zu lassen hat”, sagte Kapitän Michael Wolf. Prinzipien eben.

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