Münchens neue Liebe

Eine Stimmung, wie sie 69000 in der Allianz Arena nicht hinbekommen: Beim EHC wackelt die Eishalle. „Eishockey ist in den Herzen angekommen.“
von  Abendzeitung
Blaue Macht: Der EHC München kämpft in einem Eishockey-Krimi die Bietigheim Steelers mit 2:1 nach Penaltyschießen nieder – und feiert.
Blaue Macht: Der EHC München kämpft in einem Eishockey-Krimi die Bietigheim Steelers mit 2:1 nach Penaltyschießen nieder – und feiert. © Rauchensteiner/Augenklick

Eine Stimmung, wie sie 69000 in der Allianz Arena nicht hinbekommen: Beim EHC wackelt die Eishalle. „Eishockey ist in den Herzen angekommen.“

MÜNCHEN Gut, die Allianz Arena mag das schönste Stadion Europas sein, so sehen es die Bayern. Aber was hilft alle Schönheit, wenn es bei den inneren Werten hapert?

Der EHC München spielt in der Olympia-Eishalle, die selbst von den eigenen Bossen als „Schandfleck“ bezeichnet wird. Außen pfui, innen hui. Was da abging beim zweiten Finalspiel des EHC gegen Bietigheim, beim 2:1 im Penaltykrimi, bei dieser denkwürdigen Nervenschlacht – davon können sie beim Fußball nur träumen. Eine Feierorgie in weiß-blau. Die 4811 Zuschauer entfachten eine Stimmung, wie es 69000 Bayern-Fans in der ausverkauften Arena nicht hinbekommen.

In dieser Woche findet der Höhepunkt des Münchner Sports nicht in Fröttmaning statt, wo die Löwen am Montagabend gegen das Mittelmaß ankickten und die Bayern am Samstag Klinsmanns x-tes Endspiel austragen – sondern am Oberwiesenfeld. Das Playoff-Finale um den DEL-Einzug bietet Dramatik, hochklassigen Sport – und eine Begeisterung bei den Fans, von der sich das gesetzte Bayern-Publikum oder der sich zuweilen selbst zerfleischende Löwen-Anhang was abschauen könnte – am Freitag etwa, beim vierten und (einen Sieg des EHC am Dienstag in Bietigheim vorausgesetzt) vielleicht entscheidenden Finale (20 Uhr). Noch in der Nacht auf Montag gab es 2000 Kartenvorbestellungen (Kartenservice 01805481817).

Der EHC – Münchens neue Liebe. Die AZ holte einige Liebeserklärung ein.

Christoph Schubert, NHL-Star bei den Ottawa Senators, der einst bei den München Barons spielte: „Die Stimmung war geil. Was da abging, das schlägt sogar die NHL um Längen. Ich kann da nur den Hut ziehen.“

Stefan Ziffzer, ehemaliger Geschäftsführer des TSV 1860: „Wenn man die Stimmung, die die Fans erzeugen, auf die Kubikmeter runterrechnet und mit der Zahl beim Fußball vergleicht, ist Eishockey unschlagbar. So unschlagbar ich Fußball als Fernsehsportart halte, so unschlagbar sehe ich Eishockey als Live-Sport.“

Christian Winkler, Manager des EHC: „Ich denke, dass Eishockey jetzt endgültig in den Herzen der Münchner angekommen ist. Das Spiel war Gänsehaut von der ersten bis zur letzten Sekunde. Da wächst was zusammen.“

Stefan Schneider, Stadionsprecher des EHC München und des TSV 1860: „So eine Stimmung gab es vielleicht in den besten Zeiten von Hedos. Wenn es um die Stimmung geht, ist es der EHC, der die Messlatte setzt, nicht die Löwen und sicher nicht die Roten. Die Stimmung ist beim Eishockey besser als beim Fußball. Jeder der beim EHC war, ist mindestens bis Mittwoch euphorisiert.“

Peter Olsson, PR-Manager unter anderem von Michael Ballack, Ottmar Hitzfeld: „Als Schwede ist Eishockey für mich pure Leidenschaft und genau die hat man beim EHC gesehen. Ich habe hunderte Sportereignisse gesehen, aber die Stimmung war – für ein lokales Ereignis – einzigartig.“

Jürgen Bochanski, Präsident des EHC: „Bei uns kriegt man die zehnfache Stimmung zu einem Bruchteil des Geldes, das man in der Allianz Arena ausgeben muss.“

Matthias Kerber

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.