Meister Jon Matsumoto: "Ein Hauch Unsterblichkeit"

Vor dem Spiel gegen Vizemeister Wolfsburg spricht der EHC-Stürmer über sein Traumtor gegen Iserlohn, kleine Geschenke und die Meister-Mentalität seines Teams. "So etwas habe ich noch nie erlebt."
Interview: Matthias Kerber |
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"Die Wahrheit ist, ich hab keine Ahnung, wie ich es gemacht habe", sagt EHC-Stürmer Jon Matsumoto über sein Traumtor gegen Iserlohn. (Archivbild)
Rauchensteiner/Augenklick "Die Wahrheit ist, ich hab keine Ahnung, wie ich es gemacht habe", sagt EHC-Stürmer Jon Matsumoto über sein Traumtor gegen Iserlohn. (Archivbild)

München - AZ-Interview mit Jon Matsumoto: Der 31-jährige Kanadier wechselte 2016 zum EHC München und holte gleich die Meisterschaft. Am Donnerstag (19:30 Uhr) sind die Red Bulls bei Vizemeister Grizzlys Wolfsburg zu Gast.

AZ: Herr Matsumoto, bei den Siegen gegen Bremerhaven und Iserlohn haben Sie nicht nur drei Treffer für den EHC Red Bull München erzielt, sondern auch zwei, die wahrscheinlich in jeder Highlight-Zusammenfassung der Saison vorkommen dürften. Eigentlich müssten Sie fast Knoten in den eigenen Beinen haben, so spektakulär war das!
JON MATSUMOTO: (lacht) Damit könnte man aber schlecht Eishockeyspielen. Aber ich bin schon sehr froh, dass ich meinem Team mit den Toren helfen konnte, speziell da ich zuletzt offensiv ein paar Probleme hatte. Dass es dann auch noch schöne Treffer waren umso besser. Ich wünschte, ich könnte behaupten, dass ich die Aktionen so geplant habe. Aber die Wahrheit ist, ich habe keine Ahnung, wie ich es gemacht habe. Auf dem Eis übernimmt irgendwann der Instinkt, man kann solche Sachen nicht planen. Leider. Sonst würde ich es in jedem Spiel machen.

Wie reagierten die Teamkollegen in der Kabine danach?
Ich habe schon viel Lob abbekommen. Das hört man gerne. Einer der Jungs hat sogar gesagt, dass der Treffer in Iserlohn der schönste war, den er jemals live gesehen hat. Das war natürlich ein Lob, das der Seele so richtig guttut.

Wer war es?
Ich kann es leider nicht mehr sagen, ich habe es vergessen.

Dann behaupten wir einfach mal, dass es Trainer Don Jackson war.
(lacht) Wenn es so wäre, hätte ich es sicher nicht vergessen.

Sie sprachen darüber, dass Sie zuletzt so Ihre Probleme hatten. Manager Christian Winkler hat mal über Sie gesagt, dass Sie zu viel denken.
Ja, mit dieser Einschätzung liegt er sicher nicht falsch. Ich gehöre zu den Kerlen, die viel grübeln. Und je mehr man grübelt, umso leichter schleichen sich die Selbstzweifel in deinen Hinterkopf. Und die sind richtig fies, denn sie hören nie auf, sie kennen keinen Feierabend, sondern setzen dir immer zu. Dabei weiß ich, dass ich ein ganz anständiger Spieler bin, wenn ich das nötige Selbstvertrauen habe.

Sie waren beim Titelgewinn in der vergangenen Saison schon beim EHC dabei, wie sehr fühlt sich diese Saison für Sie wieder als Meistersaison an?
So etwas wie in der vergangenen Spielzeit habe ich in meiner gesamten Karriere noch nie erlebt. Es gab Zeiten, in denen wir als Team einfach dieses Gefühl hatten, unschlagbar zu sein. Irgendwie wussten wir, wenn wir auf dem Eis standen, dass uns keiner schlagen kann. Dieses Gefühl ist unbeschreiblich. Es war egal, ob wir mal ein oder zwei Tore hinten lagen, denn wir hatten die feste Überzeugung, dass wir das Ding drehen und als Sieger vom Eis gehen würden. Das war in dieser Saison noch nicht immer da, aber ich spüre, dass es sich entwickelt, dass das Selbstvertrauen der Mannschaft wieder diese Höhen erreicht.

Über den Titelgewinn heißt es ja gerne, dass man damit auch ein Stück Unsterblichkeit erreicht, weil man in den Geschichtsbüchern verewigt ist. Fühlen Sie sich nach der Meisterschaft ein bisschen unsterblich?
Vielleicht einen Hauch, speziell als wir uns ins Goldene Buch der Stadt München haben eintragen dürfen, kamen einem schon Gedanken, was man geleistet hat. Das war eine irrsinnige Ehre. Etwas, das ich nie vergessen werde.

Genau wie Ihre erste große Eishockey-Trophäe!
Das stimmt. Ich war acht Jahre alt, als ich bei einem Spiel der Ottawa Senators, mein Vater hat Jahrestickets, einen Puck von Steve Konowalchuk von den Washington Capitals bekommen habe. Ich werde nie vergessen, wie ich vor Aufregung zitternd zu meinem Vater gelaufen bin und ihm den Puck gezeigt habe. Das war das coolste Souvenir, das man als junger Eishockeyfan bekommen konnte. Ich habe den Puck auch immer noch, er ist im Haus meiner Eltern in Kanada.

Zusammen mit dem Trikot von meinem ersten NHL-Einsatz, dem Meisterjersey der Red Bulls und dem Trikot von Team Canada ist das mein größter Schatz. Deswegen schenke ich – wann immer möglich – einem jungen Fan einen Puck. Es ist so eine kleine Geste, aber ich weiß, was sie für ein Kind bedeuten kann.

Am Donnerstag geht es gegen Wolfsburg. Der EHC hat die Grizzlys in den letzten beiden Finalserien geschlagen und den Titel geholt. Ist das ein psychologischer Vorteil?
Ja. Sie wissen, dass sie Meister wären, wenn es uns nicht geben würde und wir wissen, dass wir sie in den wichtigsten Spielen geschlagen haben. Ich denke sowieso, dass jede Mannschaft den Tag, an dem es gegen den Meister geht, zu Saisonbeginn angezeichnet hat. Alle wollen uns schlagen und wir wollen uns nicht schlagen lassen. Der frühere EHC-Star Toni Söderholm hat mir nach der Meisterschaft gesagt, der tiefere Sinn eines Titelgewinns ist, dass du dich im Sommer noch mehr quälst, um Erfolg zu haben. Du willst das wieder erleben und verhindern, dass ein anderes Team dir das Gefühl wegnimmt. Er hat recht.

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