"Meine Frau war für München"
AZ: Herr Wheeler, wir können zwar noch nicht „Willkommen in München” sagen, da Sie, der Neuzugang des EHC Red Bull München, in Düsseldorf zur Mannschaft gestoßen sind. Aber ein „Willkommen in Deutschland” gibt’s schon mal!
BLAKE WHEELER: Danke, ich muss sagen, die Freundlichkeit, mit der mich die Deutschen von der ersten Sekunde an empfangen haben, ist beeindruckend. Sie machen es leicht für jemand, der viele tausend Kilometer von seiner Heimat entfernt ist, sich heimisch zu fühlen.
Was war ausschlaggebend dafür, dass Sie beim EHC angeheuert haben?
Nun, ich hatte auch andere Angebote, aber für mich hat einfach alles gepasst. Ich wollte in einer ausgeglichenen Liga spielen und ich hatte auch schon mit anderen Spielern aus der NHL gesprochen, die in den letzten Wochen zu Klubs in die DEL gewechselt sind. Sie haben mir gesagt: „Komm her, das ist ein Erlebnis, die Fans sind vollkommen crazy!” Außerdem hat sich der EHC sehr um mich bemüht, der Charakter des Teams scheint zu stimmen und dann war da natürlich noch die Stadt München, die mich interessiert. Die Kombination all dieser Aspekte hat mir die Entscheidung leicht gemacht, eigentlich gab es für mich persönlich keine Alternative. Speziell, da auch meine Frau dafür war.
Aha, wie in jeder guten Ehe entscheidet also auch bei Ihnen die Frau…
(lacht) Sie war schon mal in München und hat die Stadt geliebt. Als ich ihr sagte, dass ich ein Angebot aus München habe, hat sie gleich gemeint: „Das musst du annehmen!”
Wie schwer war es trotzdem, die Familie zurückzulassen? Schließlich sind Sie erst vor einer guten Woche Vater geworden…
Das war brutal. Es ist schon immer schwer, die Frau zu verlassen, aber wenn man jetzt auch noch einen Sohn hat, potenziert sich das. Aber das ist mein Job, damit verdiene ich das Geld, um meine Familie zu ernähren. Und ich habe seit Monaten kein echtes Spiel mehr bestritten. Zum Glück gibt einem die heutige Technik unglaubliche Möglichkeiten, mit Skype etwa kann man telefonieren und sein Gegenüber sehen. Ich werde also viel am Computer hängen. Wie die Eishockeyspieler das früher durchgestanden haben, ist mir ein Rätsel. Zum Glück werden meine Frau und mein Sohn noch in diesem Monat nachkommen, die Trennung ist also nicht zu lang. Obwohl sie sich jetzt schon zu lang anfühlt.
Was kennen Sie denn so von München bisher?
Jetzt klinge ich wie der typische Ami-Tourist: Das Hofbräuhaus und das Oktoberfest. Aber ich will möglichst viel von der Kultur und den Leuten kennenlernen. Das ist einer der tollen Aspekte meines Berufs, dass ich – ein Junge aus dem Mittleren Westen der USA – so die Chance habe, Städte zu sehen, von denen ich sonst nichts wüsste.
Sie, der Junge aus dem Mittleren Westen, haben mit gerade mal 17 Jahren die größte Adelung erfahren, die es für einen Eishackler gibt: Eishockey-Ikone Wayne Gretzky hat Sie 2004 für seinen Klub, die Phoenix Coyotes, gedraftet.
Das war das Surrealste, was ich je erlebt habe. Ich habe auch erst gar nicht meinen Namen verstanden, als Gretzky mich als fünften Spieler überhaupt wählte. Ich dachte, er redet von jedem anderem. Mein Name wurde dann noch mal aufgerufen, ehe es zu mir durchgedrungen ist. Das war fast ein Schock.
Jetzt streiten sich in der NHL die Klubbesitzer und die Spielergewerkschaft über die Verteilung der Einnahmen. Die Spieler wurden ausgesperrt. Wie sehen Sie den gesamten Konflikt?
Nun, die NHL hat Rekordgewinne erwirtschaftet. Aber die Klubbosse haben sehr klar gemacht, dass es eine Einigung nur zu den von ihnen diktierten Bedingungen geben kann. Sie wollen die Kehle dargeboten bekommen. Ich denke, der Streit wird sich noch länger hinziehen. Im Moment sind ja beide Seiten nicht mal gewillt, im gleichen Raum miteinander zu sein. Ich hoffe nur, dass sich auf beiden Seiten die klugen Leute durchsetzen und die Egos hintenangestellt werden. Vielleicht sollte man mal bedenken, was man den Fans antut. Sie machen unseren Sport groß, ohne sie wären wir alle nicht in der Position, in der wir sind. Sie jetzt dafür leiden zu lassen, dass sich die Seiten nicht einigen können, das gehört sich nicht.
- Themen:
- EHC Red Bull München
- Oktoberfest