Leit-Wolf dankt ab und hat ein kleines Geheimnis

Deutschlands Kapitän Michael Wolf beendet mit 34 Jahren seine Karriere in der Nationalmannschaft – und lobt den Bundestrainer Pat Cortina.
AZ: Herr Wolf, Sie haben vor dieser WM, als die AZ Sie auf ein mögliches Karriereende in der Nationalmannschaft angesprochen hat, gesagt: „Lassen Sie uns darüber nach der Weltmeisterschaft sprechen.“ Also, tun wir das, jetzt, da Sie offiziell Ihren Rücktritt erklärt haben.
MICHAEL WOLF: Gerne. Es ist ein Entschluss, den ich mir genau überlegt habe, der auch schon länger in mir gereift ist. Ich gehe auf die 35 zu, und wer behauptet, dass die Jahre spurlos an einem vorbei gehen, der lügt. Wir haben junge Spieler, die in der Lage sind, die willens sind, mehr Verantwortung zu übernehmen. Das sollen die jetzt tun, ich mache den Platz frei. Es war eine tolle Zeit, es war mir immer eine Ehre für Deutschland zu spielen. Das ist für mich nie zur Selbstverständlichkeit geworden. Aber jetzt ist es einfach an der Zeit.
Es soll ja noch einen anderen, sehr privaten Hintergrund geben.
(lacht) Ja, das stimmt. Im Herbst erwarten wir unser zweites Kind. Da will ich nicht andauernd durch Abwesenheit glänzen. Da kamen viele Gründe zusammen. Und der Schritt war für mich auch unabhängig davon, wie wir hier bei der WM abschneiden.
Auch ein Erreichen des Viertelfinales hätte am Rücktritt nichts geändert?
Aller Voraussicht nach nicht. Mir war bewusst, dass dies wohl meine letzten Spiele in der deutschen Nationalmannschaft sein werden. Wir sind sicher holprig gegen Frankreich in die WM gestartet, aber wir haben gewonnen. Das 0:10 gegen Kanada darf sicher so nicht sein. Da haben wir alle viele Fehler gemacht, waren wirklich nur Zuschauer, die einen Platz in der allerersten Reihe hatten. Aber wir sind gegen Lettland zurückgekommen und haben gegen Schweden und Tschechien sehr gutes Eishockey gezeigt. Zum Abschluss gegen Österreich war dann die Luft einfach raus. Sieben Spiele in zehn Tagen: Das geht an die Substanz. Insgesamt haben wir aber besser gespielt als uns viele vor der WM zugetraut haben.
Immer wieder Österreich in Ihrer Karriere. Das Abschiedsspiel nicht gewonnen, die Österreicher verhinderten 2013, dass Deutschland sich für die Olympischen Spiele in Sotschi qualifiziert. Was sagt denn Ihre Mutter dazu? Die ist ja Österreicherin.
(lacht) Das ist richtig. Sie hat da sicher nicht so viel dagegen wie ich, aber wir reden auch nicht groß darüber. Ich hätte mir den Abschluss sicher anders vorgestellt, aber mei, wir haben den Klassenerhalt geschafft.
War Bundestrainer Pat Cortina bei dieser WM die „ärmste Sau“? Unglaubliche 23 Absagen erhielt er von Spielern. Schon vor der WM wurde er für alle Misserfolge verantwortlich gemacht.
Vorab muss ich mal eins deutlich sagen: Ich habe auch Verständnis für Absagen und muss die Spieler in Schutz nehmen. Wenn einer, weil er verletzt ist, nur 70 Prozent bringen kann, dann ist es besser, er spielt nicht. Ich habe letztes Jahr auch auf die WM verzichtet, weil mir die Ärzte gesagt haben, dass es für meine Genesung besser ist. Es gibt Gründe. Und zu Cortina. Er ist ein wunderbarer Mensch, der es geschafft hat, aus den Spielern bei dieser WM eine echte Mannschaft zu formen. Ich fand es nicht schön, was er alles abgekriegt hat. Ich weiß nicht, ob ihm die Öffentlichkeit überhaupt eine faire Chance gegeben hat.