Jacksons Lehrstunde mit Muhammad Ali
Don Jackson, der 59-jährige Amerikaner ist seit 2014 der Trainer des EHC Red Bull München. Er ist mit fünf Meistertiteln der erfolgreichste Coach der DEL-Geschichte. Mit der AZ sprach er über die zwei wichtigen Spiele am Wochenende gegen Berlin und Düsseldorf.
AZ: Herr Jackson, am Wochenende stehen für Ihren EHC Red Bull München zwei extrem wichtige Spiele an. Am Freitag geht es bei den Eisbären Berlin um Platz 1 in der Tabelle, wo der EHC seit dem 12. Dezember 2014 nicht mehr stand. Sonntag geht es dann gegen den Dritten – die Düsseldorfer EG.
DON JACKSON: Ja, das sind zwei Partien, die Brisanz in sich tragen, die für uns die Chance sind, ein Statement zu senden. An die Gegner, an die Liga, an uns. Die Resultate sind das eine, aber mindestens so wichtig ist dieses Statement, dieses Signal. Ich bin zwar keiner, der die Tabelle über alles stellt, aber gerade in dieser Saison, in der wir ja lange Zeit gar nicht so herausragend gut platziert waren, hat es seine Bedeutung, wenn man jetzt, da es zum Ende der Saison geht, Richtung Playoffs, auch mal oben steht. Ich bin mir sicher, dass unsere Gegner mitgekriegt haben, dass wir immer weiter nach vorne gekommen sind.
Wie speziell ist es für Sie immer noch, bei den Eisbären anzutreten? Sie waren dort sechs Jahre Cheftrainer, wurden mit Berlin fünf Mal Meister.
Es wird für mich wohl nie ein Spiel wie jedes andere sein. Es ist sicher so, dass wenn ich die Halle betrete, Erinnerungen hochkommen. Ich – und auch meine Familie – hatten dort eine wunderbare Zeit. Aber klar ist auch, sobald der Puck das erste mal aufs Eis fällt, gibt es für mich nur den Moment, das Spiel, den EHC Red Bull München.
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Wie überrascht sind Sie, dass die DEG – Ihr anderer Ex-Verein – nach schwachen Jahren wieder ganz oben mitspielt?
Sehr. Was Trainer Christof Kreutzer dort vollbracht hat, verdient großen Respekt. Und sein Bruder Daniel ist ein großartiger Kapitän. Als ich damals dort Trainer war, habe ich ihn ja als jungen Spieler – er war 23 oder 24 – zum Kapitän gemacht. Und er füllt dieses Amt toll aus, er sorgt dafür, dass jeder, wirklich jeder, Verantwortung für sein Tun übernimmt. Das schloss sogar mich als Trainer ein. Und davon profitiere ich noch heute. Es ist ja so, dass jeder gerne die Fehler erst einmal bei anderen sucht. Die Schiedsrichter, das Eis, was auch immer. Aber man sollte immer bei sich selber mit der Analyse anfangen – und meist hat man damit auch den Hauptschuldigen ausgemacht. (lacht)
Sie sprachen die teils durchwachsene Saison des EHC an. Wo sehen Sie die Gründe, dass es oft gerade gegen die vermeintlich schwächeren Teams nicht lief, aber gegen die Topmannschaften dann alles gezeigt wurde? Falsche Einstellung? Mangelnde Disziplin?
Die Einstellung hat immer gestimmt, die Disziplin nicht. Klar findet man Gründe, viele Spieler, die zu uns kamen, hatten in anderen Systemen gespielt. Aber: Ich kenne kein System, in dem man nicht versucht, den Gegner vom eigenen Tor fernzuhalten, ihn aus der Gefahrenzone zu bringen. Und da hatten wir Schwächen, das kann keine Frage des Systems sein, sondern eben der Disziplin.
Aber wir haben uns da gesteigert. Auch befinden sich meine Spieler zuweilen viel öfter auf der Strafbank, als mir das lieb ist. Sie können sicher sein, dass ich das mehrfach in der Kabine thematisiert habe. Ich habe meine Probleme damit, wenn es an der Disziplin mangelt. Und wenn ich Probleme habe...
... dann haben die Spieler ein Problem mit Ihnen!
(lacht) So kann man es wohl formulieren.
Der EHC ist jetzt Tabellenzweiter, trotzdem sagten Sie erst vor einer Woche, dass die Mannschaft noch nicht da sei, wo sie sein sollte. Welche Unzulänglichkeiten sehen Sie?
Nun, unser Powerplay ist sicher statistisch nicht gut und war es auch lange Zeit wirklich nicht. Es war beschämend für die Spieler und beschämend für mich. Wir sind aber als Team zusammengerückt. Es gibt viele Statistiken, und es gibt Trainer, die versuchen, die Spieler mit Zahlen und Statistiken zu motivieren. Mich interessieren nur die Zahlen, die wirklich relevant für das Spiel sind.
Noch viel wichtiger ist mir ein anderer Begriff: Team-Toughness, dass wir als Mannschaft Stärke und Härte haben. Ich habe einigen Spielern gerade jetzt vor diesen Spielen Ausschnitte aus einer Dokumentation über Muhammad Ali, dem größten Boxer aller Zeiten, gezeigt. Er ist das Sinnbild für diese mentale Stärke und Härte, die man als Individuum haben kann, die wir als Team haben sollten.
Mit Männern wie Sonny Liston oder George Foreman in den Ring zu steigen und durch diese Stärke gegen Kerle, die vom Rest der Welt gefürchtet waren, unerschrocken in den Ring zu steigen und zu gewinnen, ist bewundernswert. Oder auch jetzt der Erfolg von Angelique Kerber bei den Australian Open, wo sie gegen Serena Williams, die wohl beste Tennisspielerin aller Zeiten, mit dieser mentalen Härte gewonnen hat, ist für alle inspirierend.