EHC-Wehmut beim letzten Gong am Oberwiesenfeld: "Es wäre viel mehr möglich gewesen"

München - Sie hatten es orchestriert wie bei einem Heimspiel. Die mächtige Glocke über dem Eis erklang, aus den Boxen dröhnte "Hell's Bells", das Team des mittlerweile Ex-Meisters schritt zum letzten Gong im Olympia-Eisstadion zur Bühne, nicht in Helm, Trikot und Schlittschuhen, sondern in Tracht und Haferlschuhen. Der finale Akt in der altehrwürdigen Arena, der Abschied.
Manager Christian Winkler verband das mit einem Gruß an die rund 1000 Fans, die zum emotionalen Kehraus gekommen waren. "Das Herz des EHC Red Bull München", sagte der Garmischer, "steht in der Nordkurve." Dieses Herz hatte aber so einiges aushalten müssen in einer Achterbahn-Saison, der ersten unter Trainer Toni Söderholm, die ein irgendwie passendes Ende erlebte.
Schien der EHC erst im Playoff-Viertelfinale gegen Wolfsburg (4:0) doch noch in Fahrt zu kommen, war er gegen Bremerhaven (1:4) im Halbfinale letztlich klar unterlegen. "Da hat man gesehen, wie labil das Konstrukt war", sagte Patrick Hager.
EHC-Boss Winkler: "Eine Saison, die für uns nicht zufriedenstellend verlaufen ist"
Der Kapitän war es letztlich, der ein letztes "Humba, Humba, Täterä" mit den Fans anstimmte als endgültiges Servus auf die langjährige Heimstätte. Ab dem 27. September und dem Premierenduell mit NHL-Klub Buffalo Sabres um JJ Peterka wird der SAP Garden die neue, moderne Hochglanz-Heimat sein, und dann sollen auch die Leistungen wieder dazu passen.

"Es war eine Saison, die für uns nicht zufriedenstellend verlaufen ist", sagte Winkler, "man kann nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, man muss das schon analysieren." Denn der DEL-Titel wird wieder anvisiert. "Wir werden schauen, wie wir die richtigen Puzzleteile zusammenstellen können. Unsere Ziele werden sich nie verändern", verdeutlichte Winkler.
SAP Garden: Für den EHC wachsen Rahmenbedingungen und Ansprüche
Wie tiefgreifend die Veränderungen in der Mannschaft sein werden, darauf wollte der EHC-Boss noch nicht näher eingehen. In den nächsten Tagen stünden dazu die maßgeblichen Gespräche an. "Dann ist es an der Zeit, das Blatt zu wenden", sagte er.
Sprich: Sich um die Zusammenstellung des neuen Teams zu kümmern, dem, wie die AZ berichtete, der NHL-gestählte Tobias Rieder, der gerade mit den Växjö Lakers in den Playoffs der schwedischen Liga ausschied, angehören wird. Und das in der Tat ein deutlich modelliertes Gesicht haben dürfte,
Erwartungen und Ansprüche an Ergebnisse und Spielstil werden im Umfeld eher noch wachsen, wenn der SAP Garden seine Pforten öffnet. Damit wird in seiner zweiten Saison als Coach dann auch Söderholm umgehen müssen, der am Sonntag seinen 46. Geburtstag feierte.
Der Finne dürfte der künftigen Mannschaft ob des zu erwartenden Umbruchs aber stärker als bisher seinen spielerischen Stempel aufdrücken - in einer Liga, die nach Winklers Ansicht "noch nie so eng" war.
EHC hat "dieses emotionale Level nicht erreicht, was du brauchst"
Der neue EHC wird dann mehr Zeit als üblich zur Einstimmung haben, den anders als in den vergangenen Jahren wird der EHC nicht in der Champions Hockey League vertreten sein, die ihren Wettbewerb vor dem Start der nationalen Ligen aufnimmt. Winkler dazu: "Das ärgert uns unheimlich, wir waren Dauergast, das hat einen hohen Stellenwert. Auch das haben wir uns selber zuzuschreiben."
Hager glaubt, dass der Misserfolg dieser Spielzeit den Titel-Hunger neu entfachen werde, "Mit dem Kader und der Qualität wäre viel mehr möglich gewesen. Die Charaktere ticken alle gleich, es ist jeder sehr selbstkritisch."
Im Gegensatz zur Meister-Saison zuvor, der letzten unter DEL-Rekordtrainer Don Jackson, habe man "dieses emotionale Level nicht erreicht, was du brauchst", urteilte Hager sehr deutlich: "Wenn du am Ende den Pokal nicht hochhältst, fühlt es sich immer wie ein verlorenes Jahr an." Eines, das am Samstag auch mit Wehmut beschlossen wurde.