EHC-Star Hager im AZ-Interview: "Wir müssen den Finger in die Wunde legen"

München - AZ-Interview mit Patrick Hager: Der 32-jährige Nationalstürmer ist der Kapitän des EHC Red Bull München.
AZ: Herr Hager, der EHC Red Bull steht in der Champions League mit drei Siegen aus vier Partien da. Trainer Don Jackson lobte nach dem 6:2 gegen Vojens das Team. Wie bewerten Sie die Spiele bisher?
PATRICK HAGER: In Dänemark bei Vojens haben wir das Spiel bestimmt und gewonnen. Das ist gut, denn im Vorjahr hatten wir Spiele, in denen wir dominant waren, aber einen Weg gefunden haben, die Punkte zu teilen oder gar herzugeben.
Was dann beim Spiel in Schweden, bei Rögle, der Fall war...
Wir müssen den Finger in die Wunde legen: Wenn du 20 Sekunden vor Ende führst, musst du zumindest mit einem Punkt heimfahren. Das habe ich vorher noch nie erlebt, dass du das noch aus der Hand gibst. Da war der Frust bei den Jungs natürlich da.
Hager warnt: Wir haben kein einfaches Startprogramm
Ein später K.o. wie im Fußball: Bayern gegen Manchester United im Champions-League-Finale 1999.
So ungefähr. (lacht) Es wäre wichtig gewesen, die Punkte aus Schweden mitzunehmen. Gerade, wenn man auf die Stärke der Gruppen schaut.
Am Samstag haben Sie die Gelegenheit für die Revanche, Rögle ist um 20 Uhr im Olympia-Eisstadion zu Gast. Am Donnerstag steigt dann das Eröffnungsspiel der DEL-Saison.
Wir haben kein einfaches Startprogramm: auswärts in Berlin, daheim gegen Köln. Aber auch vermeintlich kleine Teams können Nadelstiche setzen. Berlin wird heuer sicher wieder ein Wörtchen mitreden.
Gibt es eine zusätzliche Motivation, gegen den amtierenden Meister zu spielen?
Definitiv. Wir haben lange genug selbst erfahren, dass da bei den Gegnern immer ein paar Prozent Extramotivation dabei sind. Für unsere Verhältnisse ist das nun zu lange nicht mehr gewesen. . .
Das klingt nach einer Ansage: Wir wollen Meister werden.
Es ist unser Anspruch, jedes Jahr Meister zu werden. Die vorigen Jahre sind nicht für uns gelaufen. Wir waren in der Nähe - aber das ist nicht das, was wir wollen. Wir wollen wieder an die Spitze. Jeder von uns brennt darauf, anzugreifen. Der Spielplan ist eng, weil nun 15 Mannschaften mitspielen und im Februar eine lange Olympiapause ist. Umso wichtiger, dass die Jungs gesund bleiben und auf den Punkt fit sind. Das wird der Knackpunkt in dieser Saison. Wir haben aber einen guten, breiten Kader und auch viele Talente.
Hager: "Mit 32 bin ich jetzt in einem sehr guten Stürmeralter"
Sie haben in dieser Saison bislang stets neben einem der Talente gespielt. Sind Sie ein Entwicklungshelfer?
Wir haben nun die Regel, dass drei U23-Spieler im Kader stehen müssen und wir versuchen, das zu balancieren. Es wird ein Schema sein, dass ich neben einem der Jungen spiele. Es wird da aber sicher von Spiel zu Spiel geschaut.
Es ist gefühlt nicht lange her, da gaben Sie selbst Ihr DEL-Debüt. Jetzt sind Sie Leitwolf.
Ja, da schnippst du zweimal und schon bist du auf der älteren Seite. Es ist schnell gegangen, aber ich bin ja doch schon ein paar Jahre dabei. Mit 32 bin ich jetzt in einem sehr guten Stürmeralter.
Die Fans sind zurück im Stadion. Welchen Einfluss hat das auf das Spiel?
Die Emotionen, die von den Rängen kommen, spürt man schon. In der vergangenen Saison hat es auch mal Spiele gegeben, die vor sich dahinplätschern. Das wird es in dieser Form sicher nicht mehr geben. Derbys, die sich hochschaukeln - so was haben wir vermisst. Es wird sich zeigen, ob die Fans annehmen, wie es jetzt ist. Es ist nicht das Gleiche wie vorher, es gibt noch Hygienevorschriften zu befolgen, aber wenn ich es selbst aus der Fansicht sehe: Es wurde Zeit, dass die Veranstaltungen wieder Zuschauer haben dürfen.
Welche Veranstaltung werden Sie in nächster Zeit selbst als Fan besuchen?
Ich würde gern auf ein Konzert gehen. Es war ein verregneter Sommer, aber wenn da im Olympiastadion ein Top-Act kommt. . . Das ist was. Ich bin auch Sport-Fan und schaue mir gern ein Fußballspiel an.
Hager steht jeden Morgen um 7 Uhr auf
FC Bayern oder Sechzig?
Ich bin definitiv ein Bayern-Fan, aber nicht Hardcore. Mit Koni (EHC-Mitspieler und bekennender Löwen-Anhänger Konrad Abeltshauser; die Redaktion) würde ich schon mal zu den Löwen gehen. Sie haben ja Schalke 04 im DFB-Pokal zugelost bekommen, vielleicht wäre das dann was. Aber mit der begrenzten Kapazität wird es schwer, an Karten zu kommen.
Ist das ein offizieller Aufruf an Sechzig: ein Pokal-Ticket für Patrick Hager?
(lacht) Nein. Da ist der Koni schon gut vernetzt.
Was sagen Sie zum FC Bayern, zur Transferpolitik und Nagelsmann?
Es ist gut, dass die Bayern den Harakiri-Weg mit den Wahnsinnsablösesummen nicht mitgehen. Ich sehe es nicht kritisch, dass sie im Sommer nicht den Geldbeutel groß aufgemacht haben, sondern langfristig planen.
Sie sind gerade im Auto unterwegs, heim in den Landkreis Rosenheim. Lässt sich Ihr Arbeitstag mit dem eines Pendlers aus dem Münchner Umland vergleichen?
So kann man es sagen. Ich fahre um 7 Uhr los, weil ich noch Krafttraining mache und auf dem Radl fahre. Dann geht es aufs Eis, im Anschluss steht noch die Körperpflege an. Gegen 13.30 oder 14.00 Uhr mache ich mich auf den Heimweg. Der geht ganz gut. Wenn nicht gerade alle Touristen in die Berge wollen...(lacht)