EHC-Star Ben Smith im AZ-Interview: "Unser Sport ist für alle da"
München - AZ-Interview mit Ben Smith: Der 33-jährige US-Amerikaner ist ein Leitwolf des EHC Red Bull auf und neben dem Eis. Er hat einen Master in Erziehungskunde abgeschlossen und setzt sich für eine gerechtere Welt ein.
AZ: Herr Smith, die Münchner Sportklubs und die Stadt München positionieren sich unter dem Slogan "Bewegt gegen Rassismus - Haltung zeigen". Sie vertreten in der Kampagne den EHC Red Bull.
BEN SMITH: Ja, wir haben nach einem Training ein paar Aufnahmen gedreht. Es hat Spaß gemacht und ich finde die Sache absolut unterstützenswert. Die Frage ist doch: In welcher Welt und in welcher Gesellschaft wollen wir leben? Gerade im Eishockey passiert deutlich zu viel, was mir im Jahr 2022 absurd vorkommt.
Sie sprechen einige rassistische Vorfälle in den vergangenen Monaten an. Eine Affengeste in der DEL und der dritten US-Liga ECHL gegen schwarze Spieler oder eine Bananenschälgeste in der ukrainischen Liga gegen den Afroamerikaner Jalen Smereck, der daraufhin in die DEL wechselte.
Ja, und auch der frühere Red-Bull-Spieler Derek Joslin war in ähnlicher, verabscheuungswürdiger Weise betroffen. Er ist für viele von uns ein enger Freund. Diskriminierung ist darum auch ein Thema, über das wir in der Kabine sprechen. Unser Sport ist für alle da!
Smiths Ziel: "Gesellschaft und auch die Stadien von Diskriminierungen zu reinigen"
Generell ist Diskriminierung ein Thema. Im Sommer gab es das erste Outing eines Spielers mit laufendem NHL-Vertrag. Ein positives Signal an die Sportart?
Ich hoffe, dass wir in der richtigen Richtung unterwegs sind. Dieses Jahr war ansonsten eigentlich eher ein Rückschritt. Wir müssen aber den Glauben an das Gute und das Gute im Menschen bewahren. Wir sind alles Wettkämpfer, uns verbindet unser Sport. Herkunft, Hautfarbe und sexuelle Ausrichtung sollten keine Rolle spielen.
Sie sind weiß, Nordamerikaner europäischer Herkunft, Familienvater. Sie sind privilegiert. Haben Sie dennoch mal Diskriminierung selbst erfahren?
Ich bin so privilegiert wie man es nur sein kann. (lacht) Ich sage es ein bisschen mit Scham. Diskriminierung habe ich selten bis nie erfahren. Dennoch beschäftige ich mich damit. Während meiner Zeit bei Adler Mannheim habe ich meinen Master in Erziehungskunde gemacht. Dabei habe ich mich mit Identität und Privilegien befasst. Das war äußerst interessant und hilfreich. Wenn ich, eines schönen Tages mal, meine Schlittschuhe an den Nagel hängen werde, werde ich meine Kenntnisse in irgendeiner Form einbringen. Sei es als Trainer oder als Erzieher. Das ist mein Ziel. Es geht darum, die Gesellschaft und auch die Stadien von Diskriminierungen zu reinigen.
Ben Smith: "Wir wollen die Botschaft verbreiten"
Weil Sie sich ja damit für Ihr Studium auseinandergesetzt haben: Was kann man tun, damit man weniger diskriminiert?
Es geht um Respekt, um einfache Gefälligkeiten. Und um Lernbereitschaft. Ich kann zum Beispiel nie verstehen, wie es für Menschen ist, die diskriminiert wurden oder werden. Ich kann mich dazu aber schlaumachen. Viel hat meiner Erfahrung nach schon mit der Sprache zu tun. Man muss es ansprechen, wenn einer unangebrachte Begriffe verwendet.
Auch in den Kabinen? Sie sind ja schon eine Weile im Geschäft.
Ja, gerade früher waren die Mannschaftskabinen ein Ort von schwulenfeindlichen Gehässigkeiten. Nun, jemand in meiner Familie ist homosexuell, ihm würden diese Worte nicht gefallen. Und mir tun sie es auch nicht! Wenn sich in der Kabine jemand im Ton vergreift, konfrontiere ihn mit seiner unangemessenen Wortwahl und erkläre ihm, warum, und worauf er achten sollte. Das kann große Wirkung entfachen. Es ist schwer, jemanden in seiner Gesamtauffassung zu ändern, ja, aber wenn er seine Aussagen reflektiert, begreift er vielleicht, worum es geht. Wir wollen die Botschaft verbreiten.
Sie wollen, wie als Führungsspieler auf dem Eis, auch in dieser Sache als Vorbild vorangehen.
Ich denke schon. Ich möchte mich keinesfalls als perfekt darstellen - ich bin kein Heiliger. Doch es geht darum, dass man seine Aussagen und Handlungen selbst im Blick hat. Dass man den großen Platz, den es für Verbesserungen gibt, besser ausnützt. Darüber wird im Eishockey nun viel geredet und viel verändert sich. Ich bin darum positiv eingestellt. Und ich hoffe, die Kampagne der Münchner Sportklubs kann ihren Teil dazu beitragen.
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