EHC München: Jason Jaffray über die härteste Zeit seiner Karriere

Exklusiv in der AZ: Jason Jaffray, Stürmerstar des EHC Red Bull München spricht über den Genickbruch, den er vor ein paar Jahren erlitten hat, über seine Ängste damals - und über die Dankbarkeit, die er empfindet.
Interview: Matthias Kerber |
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Jason Jaffray vom EHC München bei einem Spiel gegen die Nürnberg Ice Tigers.
Matthias Merz/dpa Jason Jaffray vom EHC München bei einem Spiel gegen die Nürnberg Ice Tigers.

Der 35-jährige Kanadier wechselte 2015 zum EHC, mit dem er den Titel holte. Am Freitag (19:30 Uhr) geht es für den Meister in der DEL gegen Finalgegner Grizzlys Wolfsburg.

AZ: Herr Jaffray, wenn der EHC München am Freitag Wolfsburg empfängt, werden die Red Bulls in Sondertrikots auflaufen, die auf die "Wings For Life"-Stiftung aufmerksam machen. Die hat es sich zur Aufgabe gesetzt, eine Heilung für Querschnittslähmung zu finden. Eine Aktion, die Ihnen besonders am Herzen liegen dürfte, schließlich haben Sie vor einigen Jahren einen Genickbruch erlitten.
JASON JAFFRAY: Ich finde die Stiftung grandios, denn kaum ein Mensch, der nie solche Verletzungen erlitten hat, kann sich vorstellen, wie das Leben danach ist. Ich selber hatte riesiges Glück, dass ich keine bleibenden Schäden davongetragen habe. Aber ohne Zweifel war das der furchterregendste Tag meines Lebens. Ich werde nie diesen Moment vergessen, als mir der Arzt eröffnet hat, dass ich nur einen einzigen Check davon entfernt bin, den Rest meines Lebens im Rollstuhl verbringen zu müssen. Ich dachte bis dahin, es ist nicht so schlimm, ich kann bald wieder aufs Eis. Aber wenn man diese Worte hört, weiß man wie viel Glück man hatte. Wäre ich nur etwas anders in die Bande geflogen, hätte mein Rückenmark betroffen sein können. Ich weiß, dass ich nur um Zentimeter von einer Tragödie entfernt war.

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Was genau war passiert?
Ich hatte einen harten Check abbekommen und war Kopf voraus in die Bande gekracht. Ich bin gleich vom Eis und wurde daraufhin untersucht, ob ich eine Gehirnerschütterung erlitten hatte. Aber ich hatte keine Ausfallerscheinungen, ich konnte klar denken. Der Arzt gab sein Okay. Ich wollte die Schlittschuhe binden, um wieder aufs Eis zu gehen. Doch ich konnte die Schnürsenkel nicht halten, weil ich kein Gefühl in den Fingern der linken Hand hatte. Ich habe es dem Arzt gesagt, der hat mich sofort ins Krankenhaus bringen lassen.

Pure Angst dürfte bei Ihnen geherrscht haben.
Ja, in der Klinik wurde dann der Genickbruch diagnostiziert. Ich wurde operiert, musste sieben Monate auf Reha. Das war wirklich eine sehr beängstigende Zeit für mich und meine Familie. Es wäre grandios, wenn man durch die "Wings For Life"-Stiftung eines Tages tatsächlich Querschnittslähmung heilen könnte, und so verhindert, dass Menschen diese Ängste und im schlimmsten Fall die Tragödie einer Lähmung durchleben müssen.

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Das Spiel gegen Wolfsburg dürfte andere Gefühle hervorrufen. Sie konnten ja mit dem EHC gegen die Grizzlys 2016 Ihren ersten Titel holen.
Das war eine extreme Befreiung. Ich war in meiner Karriere oft so nahe dran, aber den Titel hatte ich nie holen können. Es gibt im Sport kein schlimmeres Gefühl, als nach einer harten Saison dem Triumph so nahe zu kommen und doch mit leeren Händen dazustehen. Ich hatte meine Familie, die damals gerade in Kanada war, für die Wolfsburg-Serie extra einfliegen lassen, damit sie in der Finalserie dabei sein kann. Das hat mich zwar einiges gekostet, aber sie alle dabei haben zu können, war unbezahlbar. Meine Mutter wäre sicher in der ersten Reihe gesessen, aber leider ist sie vor einigen Jahren verstorben. Auch mein Vater war aus gesundheitlichen Gründen nicht dabei, aber ihm die Fotos der Meisterfeier schicken zu können, war auch sehr speziell. Jetzt, da ich selber Vater bin, weiß ich erst, was er alles geopfert hat, damit ich Eishockey spielen kann. Er war es, der um sechs Uhr früh aufgestanden ist, um mich zu den Jugendspielen zu kutschieren.

Sie haben auch erst kürzlich Ihr 1000. Profispiel bestritten.
Das ist so surreal. Ich erinnere mich noch genau, als ich so zweieinhalb Jahre Profi war, habe ich etwa 280 Dollar in der Woche verdient. Ich habe mir da gesagt, ein Jahr noch, wenn ich dann den Durchbruch nicht schaffe, muss ich mir einen anderen Job suchen, denn ich habe für eine Familie zu sorgen. Jetzt bin ich 15 Jahre aktiv und verdiene mit dem, was ich liebe, mein Geld. Ich kann meine Familie gut ernähren. Ich glaube, dass ich all das vielleicht noch mehr zu würdigen, zu schätzen weiß, weil ich eben diese so enorm harte Zeit mit dem Genickbruch durchleben musste. Ich weiß, dass es nicht selbstverständlich ist, dass ich das erleben darf, es hätte anders enden können.

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