EHC München Coach Don Jackson: "Wir wollen dominieren, nicht nur gewinnen"
Don Jackson ist seit 2014 der Trainer des EHC Red Bull München, den er in den vergangenen beiden Spielzeiten zur Meisterschaft führte. Am Freitag (19.30 Uhr) ist der jeweilige Vizemeister dieser beiden Finalserien, die Grizzlys Wolfsburg, zu Gast. Die AZ hat sich mit ihm unterhalten.
AZ: Herr Jackson, nach den Auswärtssiegen bei den Kölner Haien und Mannheimer Adlern stehen jetzt die Duelle am Freitag gegen Vizemeister Wolfsburg und am Sonntag bei den Nürnberg Ice Tigers an. Da kann man von einer Woche der Wahrheit für den EHC Red Bull München reden, oder?
DON JACKSON: Das kann man getrost. Wenn nicht jetzt, wann dann? Wir kennen also bisher erst die halbe Wahrheit und wir alle brennen darauf, die ganze zu erfahren.
Würden Sie die Auswärts-Erfolge in Köln und Mannheim als Statement-Siege sehen?
Ja. Zu solchen Topklubs zu fahren und dann in deren Arena nicht nur zu bestehen, sondern zu siegen, das ist ein Statement. Aber das ist auch Vergangenheit. Was mich interessiert, ist, dass wir jetzt aus dem Statement ein großes Statement machen. Wenn wir diese vier Spiele am Stück gewinnen können, dann ist das definitiv eine Botschaft an die Liga. So wie ich das sehe, sind wir auf einem guten Weg. So, wie wir es in den vergangenen beiden Spielzeiten waren. Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass es mein Ziel, dass es unser Ziel ist, den dritten Meistertitel in Serie zu holen. Aber das wird uns nur gelingen, wenn wir mit vollem Einsatz, voller Leidenschaft dabei sind.
Das hat am Anfang der Saison aber manchmal gefehlt.
Ja, es war nicht immer alles so, wie ich mir das vorstelle. Aber wir werden immer besser, je länger die Saison dauert. Wir müssen jeden Gegner respektieren, denn auch der größte Underdog hat die Chance, Spiele zu gewinnen. Wenn man nicht sein Ein und Alles auf dem Eis lässt – in jedem Spiel – dann gibt man dem Gegner die Chance, zu gewinnen.
Was auffällt, dass im Spiel des EHC zuweilen unerklärliche individuelle Fehler in der Defensive passieren.
Es ist also nicht nur mir aufgefallen. (lacht)
Wie kommt das?
Ich weiß gar nicht, ob es mehr Fehler sind als in den Jahren davor – oder ob wir im Vergleich zu den anderen Vereinen überdurchschnittlich viele Fehler machen, aber sie waren teils etwas gebündelt. Das hängt mit der Einstellung zusammen, die aber immer besser wird. Aber auch mit unserem Spielsystem. Wir attackieren sehr aggressiv, im Fußball würde man von Pressing reden. Wenn da Fehler passieren, kann man sie schlechter ausbügeln. Vielen Vereinen ist das Risiko zu hoch, deswegen verzichten sie auf diese Spielweise. Aber genau das ist unser System und auch unsere Stärke. Wir wollen die Spiele dominieren, nicht nur gewinnen. Wir haben keine Angst, dieses Wort zu gebrauchen: dominieren. Denn das ist es, was wir wollen.
"Wir kriegen kein Tor geschenkt"
Sie haben den Freitagsgegner Wolfsburg in den letzten beiden Finalserien dominiert, steckt das in den Köpfen drin?
Ja. Wir wissen es. Und sie wissen es auch. Das kann keiner vollkommen ausblenden. Aber dann kommt dieser Moment, wo der Puck das erste Mal aufs Eis geworfen wird, das Spiel beginnt. Und es geht bei 0:0 los. Wir kriegen kein Tor geschenkt, nur, weil wir sie zwei Mal in den Finalserien geschlagen haben. Wir haben einen gewissen psychologischen Vorteil, aber den muss man sich in jedem einzelnen Spiel wieder erarbeiten und verdienen. Wolfsburg stand in dieser Saison lange hinten drin, jetzt haben sie zu sich gefunden und in den letzten zehn Spielen sind sie zweifelsfrei eine der besten Mannschaften der Liga.
Sie spielten lange in der NHL. Bei den Olympischen Spielen werden die Stars aus der besten Liga der Welt dieses Mal fehlen. Entwertet das in Ihren Augen das Turnier?
Schon. Eishockey bei Olympia war ja so grandios, weil eben die wirklich besten Spieler der Welt sich dort miteinander gemessen haben. Man hat ja nicht umsonst die Regularien einst so geändert, dass die Profis bei Olympia teilnehmen können, weil man eben genau das will: Die Besten gegen die Besten.
Einige Athleten haben erklärt, dass sie überlegen, wegen der angespannten politischen Liga auf die Teilnahme der Spiele in Südkorea zu verzichten.
Ich habe volles Verständnis für die, die sagen, dass sie sich Olympia auf keinen Fall entgehen lassen wollen, aber auch für die, die überlegen abzusagen, weil sie um ihr Leib und Leben fürchten. Es ist ja leider nicht das erste Mal, dass Politik die Olympischen Spiele direkt oder indirekt beeinflusst.
Die Welt scheint immer verrückter zu werden.
Leider. Und das beschäftigt mich sehr. Durch meine vielen Jahre in Berlin habe ich direkt und hautnah die bestmögliche Geschichtsstunde erhalten. Was hier in Europa in den letzten Jahrzehnten aufgebaut wurde, dieser Friede, dieser Zusammenhalt, dieser gegenseitige Respekt. Das ist die Welt, wie sie sein sollte, wie ich sie mir wünsche. Ja, zurückwünsche.
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