EHC gegen Nürnberg: Jochen Reimer im AZ-Interview - Die Wut des Torhüters

Vor dem Gipfeltreffen mit seinem früheren Klub EHC München lässt Nürnberg-Goalie Jochen Reimer Dampf ab. Exklusiv in der AZ spricht er über Ex-Coach Pierre Pagé, Steve Pinizzotto und soziale Medien.
Matthias Kerber |
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Nürnbergs Goalie Reimer (M.) legt sich mit EHC-Raubein Steve Pinizotto an.
GEPA pict./ho Nürnbergs Goalie Reimer (M.) legt sich mit EHC-Raubein Steve Pinizotto an.

Der 31-jährige frühere Nationaltorwart spielte von 2011 bis 2014 beim EHC Red Bull München, ehe er zum Liga-Konkurrenten Nürnberg wechselte. Am Freitag (19.30 Uhr) treffen die beiden Teams aufeinander.

AZ: Herr Reimer, am Freitag kommt es zum DEL-Gipfeltreffen zwischen dem Tabellenführer EHC Red Bull München und Ihren Nürnberg Ice Tigers, die zur Zeit Zweiter sind. Für Sie sicher aus vielen Gründen ein besonderes Spiel, schließlich haben Sie vier Jahre lang in München das Tor gehütet.
OCHEN REIMER: Die besondere Relevanz kommt für mich im Moment aus der Situation in der Tabelle. Denn es geht um sehr, sehr viel. Beide Teams wollen sich die bestmögliche Ausgangssituation für die Playoffs und damit im Kampf um die Meisterschaft sichern. Es ist ja nicht so, dass wir den Tabellenplatz eins, der einem das Heimrecht in den gesamten Playoffs sichern würde, schon abgeschrieben haben. Ganz im Gegenteil! Wir wollen da oben hin und das geht eben nur, indem wir den EHC schlagen. Dass ich mehrere Jahre in München gespielt habe, ist in dieser Konstellation nicht wichtig. Ich bin jetzt im dritten Jahr in Nürnberg, da ist das schon ein gutes Stück weit weg. Auch, wenn ich immer gerne in München bin.

Und hätte es den Trainer Pierre Pagé, den Vorgänger von Don Jackson beim EHC, nicht gegeben, würden Sie wohl immer noch in München spielen.
Dem Satz ist, glaube ich, nichts hinzuzufügen. Aber da war ich ja mit meiner Meinung und Auffassung auch nicht der Einzige. Aber das ist jetzt Vergangenheit.

Bisher konnten die Nürnberger München in dieser Saison drei Mal schlagen, sollte man alle vier Partien der regulären Saison für sich entscheiden können, wäre das natürlich ein psychologischer Vorteil für die Playoffs.
Absolut! Das ist nicht zu unterschätzen. Das wäre natürlich ein Statement, wenn man den Meister vier Mal schlagen könnte. Am Ende entscheidet ja oft der Kopf über Sieg oder Niederlage. Und über Meisterschaften. So sieht es aus!

Lesen Sie auch: Steve Pinizzotto: Wie ein wilder Stier

Im Spiel im November gegen den EHC gab es eine denkwürdige Szene: Sie, der Goalie, attackierten nach dem Tor zum 1:5-Rückstand ausgerechnet Münchens Liga-Raubein Steve Pinizzotto. Im Normalfall ein mehr als ungleicher Kampf.
Das war mir in dem Moment mehr als egal. Ich war frustiriert, sauer und er hat mich eh schon das ganze Spiel provoziert. Da war es halt einfach eine Stichelei zu viel. Da sind mir die Nerven durchgebrannt. Ich bin ein sehr emotionaler Typ, der sehr ehrgeizig ist. Da war bei mir das Fass einfach voll. Aber eigentlich darf mir sowas nicht passieren.

Es war die Initialzündung für Nürnberg, schließlich gewannen die Ice Tigers noch mit 6:5 nach Verlängerung.

Da wird viel draus gemacht. Aber man muss ganz ehrlich sagen, dass die Chance, dass ich nicht der Held, sondern der Depp vom Dienst gewesen wäre, sehr viel höher war. Wenn ich eine Strafe kassiere und wir dann mehrere Tore kassieren, sagen alle, was der Reimer für ein Idiot ist.

Was halten Sie von Pinizzotto?
Er ist ein wirklich guter Spieler, das wird oft vergessen, aber seine Aktionen empfinde ich schon als sehr fragwürdig. Wie er etwa beim Spiel gegen Straubing nach der Schlägerei gegen Mike Cornell die Straubinger Fans noch provoziert, das muss in meinen Augen nicht sein. Da übertreibt er einfach. Aber ich bin kein Richter. Fakt ist aber: So einen Spieler magst du nur, wenn er in deiner Mannschaft spielt, wenn er dein Gegner ist, dann sind die Gefühle ganz andere. Aber wie gesagt: Er macht seine Sache sehr, sehr gut, das ist sicher.

Sie haben auch in letzter Zeit mit einigen Aktionen auf sich aufmerksam gemacht, insbesondere beim Köln-Spiel, als Sie den am Boden liegenden Philipp Gogulla angingen.
Das Geschrei war groß. Und lächerlich. Ich habe ihn leicht mit der Kelle an seiner Kufe berührt. An der Kufe! Und die Welt tut so, als hätte ich versucht, ihn umzubringen. Ich weiß selber, dass ich mir das sparen kann, dass das nicht nötig ist, aber der Aufruhr danach ist so was von übertrieben. Ich muss auch sagen, ich ertrage diese sozialen Medien nicht. Um es ganz klar zu sagen, es kotzt mich nur noch an. Früher war man in einer Halle und es haben halt die gesehen, die dabei waren. Heutzutage filmt immer irgendeiner alles und stellt es dann ins Internet. Und wie die Leute sich dort aufführen, ist unbeschreiblich. Jeder lässt seine Meinung ungefiltert los. 95 Prozent der Leute dort haben noch nie einen Sport professionell betrieben, aber sie sind die größten Fachleute. Ich bin nicht bei Facebook und all dem Zeug, denn das ist einfach nicht meine Welt.

Sie sind richtig wütend!
Ja. Als die Sache aus dem Köln-Spiel öffentlich wurde, war ich gerade in einer Krebsstation von Kindern und habe versucht, denen einen Moment der Ablenkung zu geben, damit sie ihr Leid vielleicht mal für ein paar Minuten vergessen können. Und dieses Leid dort ist unvorstellbar. Und wenn dann über die Aktion einige Leute schreiben, was das für eine Scheinheiligkeit von mir sei, weil ich ja in Wirklichkeit so ein schlechter Mensch bin, der auf andere einschlägt, dann ist bei mit das Maß einfach voll. Wie gesagt, das kotzt mich an. Heutzutage kann man gar nichts machen, ohne dass sich jemand drüber aufregt. Und wenn man nichts macht, dann regen sich die Leute darüber auf.

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