EHC-Dilemma: Tod oder Kannibale
Rainer Beck, Besitzer der Landshuts Cannibals, will als Investor beim EHC München einsteigen – und stellt knallharte Bedingungen. Er will die Macht, die Kosten sollen runter – und ein Signal für die Halle muss her.
München - Hat das letzte Stündlein des EHC geschlagen? Zumindest hat der DEL-Klub sein Schicksal nur noch bedingt selber in der Hand. Eigentlich bleiben dem Klub, der nach dem Ausstieg eines der drei Gesellschafter (Waldemar Jantz) vor dem Aus steht, nur noch zwei Optionen: der Lizenz-Verkauf an Zweitligist Schwenningen, gleichbedeutend mit dem Ende des Eishockeys in München – oder sich dem Diktat des möglichen Investors Rainer Beck zu unterwerfen.
Mit dem Immobilienkaufmann, ab 1. Mai Allein-Gesellschafter bei den Landshut Cannibals, verhandelte der EHC am Montag intensiv. Seine Bedingungen sind knallhart, dem EHC bleibt nun die Wahl: Tod oder Kannibale. Nachdem Beck die Gespräche gegenüber der AZ bestätigte, folgte am Abend eine Presseerklärung von Beck, in der er über Gespräche, Synergieeffekte und den Standort München spricht.
Friss oder stirb – die AZ beantwortet die wichtigsten Fragen zum EHC-Dilemma.
Wer ist Rainer Beck?
Der 50-Jährige ist Immobilienkaufmann. Seine Firma (Haus von Beck) hat ihren Sitz in der Frauenstraße. Die Firma ist darauf spezialisiert, Wohnungen zu erwerben, zu renovieren und wieder zu vermieten. Nebenbei betreibt Beck mit seinem Sohn eine Rinderzucht in Panama. Beck ist gebürtiger Landshuter, am Starnberger See bewohnt er einen Bauernhof. Als 1860 vor der Insolvenz stand, wollte Beck die Löwen mit einer Millionenspritze retten. „Die 18 Millionen wären schon gegangen“, sagte er damals. Doch 1860 entschied sich für das Geld von Hasan Ismaik.
Klar ist: Beck ist ein Mann, der Einfluss nehmen will. Als sicher gilt, dass bei einem Einstieg alles – bis zur Position des Geschäftsführers (zur Zeit Jürgen Bochanski) – zur Disposition stehen wird. Beck war viel in den USA, hat sich Anregungen bei NHL-Klubs geholt.
Was bedeutet die Presseerklärung?
Beck hat die Spielregeln diktiert. Erst muss der EHC die Verhandlungen mit Schwenningen beenden, ehe es zu weiteren Gesprächen mit ihm kommt. Dadurch wäre der EHC der letzten Option beraubt. Beck will grundlegende Änderungen. Explizit hat er die Unterstützung der Stadt München (Hallenbau) eingefordert. Zudem verlangt er eine Kostenreduktion beim EHC, der ja schon das zweitniedrigste Budget aller DEL-Vereine hat. „Dann sind für uns positive Voraussetzungen für Münchner Eishockey gegeben.“
Gleichzeitig hat Beck klar gemacht, dass er den EHC notfalls sterben lassen würde. „Auch wenn dies das Ende für Münchner Eishockey bedeutet.“
Was sagt der EHC?
Während Beck öffentlich nach vorne prescht, hält sich der EHC bedeckt. „Erstes und wichtigstes Ziel für die Spielbetriebs GmbH ist nach wie vor der Erhalt des DEL-Standortes München. Die bestehenden Gesellschafter würden den Einstieg von weiteren Partnern begrüßen. Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass die in den letzten Monaten geschaffenen Strukturen eine Fortführung des Münchner Eishockeys auf DEL-Niveau ermöglichen“, erklärte der EHC.
Was ist mit Schwenningen?
Der Zweitligist, mit dem seit Wochen über einen Lizenzerwerb verhandelt wird, hat dem EHC ein Angebot vorgelegt und dazu eine Frist gesetzt. „Wir brauchen eine zeitnahe Entscheidung“, sagte Manager Stefan Wagner. Geschäftsführer Thomas Burger war über die Verhandlungen mit Beck „irritiert und verärgert“. Jetzt denkt man darüber nach, die Verhandlungen für gescheitert zu erklären und das Angebot zurück zu ziehen.
Wie geht es weiter?
Beck weiß, dass der EHC zuletzt ein Minus von etwa drei Millionen im Jahr ausgewiesen hat. Michael Philipps will Gesellschafter beim EHC bleiben, Bochanski auch. Aufgrund Becks Nähe zu 1860 – er besuchte etwa mit deren Geschäftsführer Robert Schäfer Spiele der Cannibals – sind Kooperationen im Eventmanagement, Ticketing, aber auch Sponsoring möglich. Durch die tolle Nachwuchsarbeit der Landshuter, die Nähe des EHC zu Oberligameister Peiting, die Cannibals in der 2. Liga und den EHC in der DEL gäbe es die Chance, Nachwuchsspielern den Weg bis hin zur DEL zu ebnen. Oder soll der EHC das Farmteam für Landshut werden?
Wäre ein Verkauf an Landshut möglich?
Die Cannibals stehen im Finale gegen Rosenheim. Nach dem 8:4 in Spiel fünf fehlt nur ein Sieg zum Titel. Ein sportlicher Aufstieg ist laut Kooperationsvertrag der DEL mit der ESBG ausgeschlossen. Beck hat in Landshut verkündet, dass sein Ziel die DEL sei. Noch gilt das Stadion nicht als DEL-tauglich. Denkbar wäre, dass Beck jetzt die Lizenz kauft, aber vorerst den EHC in München weiterspielen lässt und erst dann in seine Heimat Landshut transferiert, wenn die Arena ausgebaut ist. Damit wäre er in Landshut nicht wortbrüchig.
In der Presseerklärung bezieht Beck explizit Landshut mit ein. „Ich biete dem Landshuter Fan alles, was zum Eishockey gehört – super Spiele und super Emotion. Abschließend kann man sagen, Landshut möchte das Münchner Eishockey retten.“ Landshut stünde als Gewinner da, Beck in München als Retter.
Gibt es einen Interessenkonflikt?
Dass Beck Alleingesellschafter bei Landshut und Teilgesellschafter beim EHC wäre, ist für die DEL unproblematisch. „Da Landshut nicht in der DEL, sondern in der 2. Liga, die ja der ESBG angehört, spielt, gibt es keinen Interessenkonflikt“, sagte DEL-Ligenleiter Gernot Tripcke der AZ, „und auch in der DEL geht das. Anschütz ist ja auch in Berlin und Hamburg Gesellschafter.“ Was will Beck von der Stadt München? Knackpunkt ist die ungeklärte Hallensituation: Der Olympiapark ist eine 100-prozentige Tochter der Stadt München. Beck fordert ein Entgegenkommen der Stadt. Die Hallenmiete ist im Ligaschnitt sehr hoch. Der Aufsichtsrat hat gerade den Plänen für einen Neubau einer Halle die Zustimmung vorerst verweigert. Ein klares Ja zu einem Hallenneubau in absehbarer Zeit (etwa 2016) wäre etwa ein Zugeständnis an den Investor.
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