EHC: Die Heimkehr des Hooligans

München - Als Sean O’Connor im Januar mit den Schwenninger Wild Wings in München, seiner alten Wirkungsstätte, die er nach Dauerknatsch mit Trainer Pierre Pagé unfreiwillig verlassen hatte müssen, antrat, da war der härteste Spieler der DEL hochgradig verwirrt. Von den Fans in der Nordkurve gefeiert, wollte er nach dem 1:5 in der Münchner Kabine verschwinden. Der falschen Kabine. „Ja, ich war ein bisschen verwirrt, muss ich zugeben“, gestand Eisrüpel O’Connor, der ein Anhänger des Faustrechts aus dem Eis ist.
„Da ist wohl das irische Blut in mir“, amüsiert sich der 32-Jährige, der als König der fliegenden Fäuste zum Publikumsliebling avanciert war und sich den Spitznamen „Hooligan“ errauft hat. Jetzt wird der Deutsch-Kanadier am Sonntag (16.30 Uhr) wieder mit den Wild Wings in München beim ersten Heimspiel des EHC, bei dem die Rapper Blumentopf ab 14 Uhr vor der Olympiaeishalle auf das Spiel einstimmen, antreten. O’Connor hat seine Leistenprobleme, die verhinderten, dass er ein Spiel in der Vorbereitung bestreiten konnte, überwunden. Den Showdown mit seinen Ex-Kollegen will er sich nicht nehmen lassen.
„München ist eine tolle Stadt, meine Frau, meine Tochter und ich haben es geliebt“, sagte der Rustikal-Stürmer, der in seiner Karriere bereits viele Verletzungen überstehen musste, der zudem Epileptiker ist. In seiner Münchner Zeit plagten ihn Knieprobleme, er erlitt einen Bandscheibenvorfall. „Vieles war toll. Mit anderen Dingen will ich mich nicht mehr beschäftigen“, sagte O’Connor.
Eine Stadt, die ihren verlorenen Sohn fast wiedergefunden hätte. Wie die AZ aus Spielervermittlerkreisen erfuhr, gab es vor dieser Saison Gespräche zwischen dem Verein und O’Connor über eine Rückkehr. Dass der EHC bereit ist, die Vergangenheit Vergangenheit sein zu lassen, hat er ja schon bei der Rückholaktion von Stürmer Jon DiSalvatore bewiesen, der im Dezember 2013 vor Pagé geflüchtet war.
Der EHC hat mit der kurzen Ära des exzentrischen Ex-NHL-Trainers vollkommen abgeschlossen. Coach Don Jackson entscheidet völlig autark, wen er in seinen Reihen haben will. „O’Connor ist ein Mann, der seine Qualitäten hat, der für jedes Team sehr wichtig sein kann“, sagte Co-Trainer Helmut de Raaf, „aber er ist auch ein Spieler, der von Stimmungen abhängig ist. Wenn es ihm gut geht, er sich wohlfühlt, kann er Spiele entscheiden. Er kann auch völlig untergehen, wenn’s bei ihm nicht passt, er ist dann auf dem Eis fast unsichtbar.“
Unsichtbar vielleicht – aber zu spüren ist seine Präsenz auf dem Eis immer. „Wir haben uns in der Zeit in München richtig angefreundet, Sean ist einer der nettesten Kerle außerhalb des Eises“, sagte Nationalverteidiger Felix Petermann über ihn, „was man auf dem Eis über ihn nicht sagen kann. Er ist mit allen Wassern gewaschen, weiß, wie man die Fans ins Spiel bringt, wie man die Emotionen hochkocht. Kennt jeden dreckigen Trick. Auf meiner schwarzen Liste der unangenehmsten, meistgehassten Gegner hatte er einen Spitzenplatz. Ach, er war ganz oben.“
Jetzt ist er wieder Gegner. Auch wenn er wohl aufgrund seiner langen Verletzungspause nur wenig Eiszeit kriegen wird, wahrscheinlich wird der Hooligan der Einzige sein, der aus beiden Kurven Applaus erhalten wird. Der Münchner Nordkurve und von den Schwenninger Anhängern im Süden. „Spieler wie ihn gibt es nicht viele“, sagte Münchens neuer Kapitän Michael Wolf, „ich habe viel Respekt vor ihm.“
Respekt der Gegner und Liebe der Fans.