EHC: Das Sekundenglück
Der Gymnasiast Ömer Cetin (19) gibt sein Debüt im Eishockey-Tor des EHC und wird gefeiert.Chefcoach Cortina lobt ihn – und sieht sich sogar zu einer öffentlichen Entschuldigung genötigt.
MÜNCHEN Es waren nur zwölf Sekunden, aber die reichten aus, um Ömer Cetin glücklich zu machen: Der 19-Jährige durfte beim 8:1-Sieg des EHC München gegen Freiburg die Partie im Kasten des EHC beenden. „Der Wahnsinn! Ich hatte nie damit gerechnet, dass ich aufs Eis komme. Ich kann gar nicht aufhören zu lächeln“, sagte Cetin, der die 12. Klasse der Erasmus-Grasser-Gymnasiums im Westpark besucht.
Er war als Ersatz für den verletzten Sebastian Elwing in den Kader gerückt. Dann, zwölf Sekunden vor Spielschluss, war es so weit. Manager Christian Winkler lächelte Trainer Pat Cortina zu, der nickte Cetin zu. Ohrenbetäubender Jubel im Stadion, die Fans hatten schon vorher minutenlang skandiert: „Wir wollen den Ömer sehen!“
Ömer, der am Sonntag auch beim Auswärtsspiel in der Lausitz als Ersatzkeeper dabei war, hatte sich Verstärkung mitgebracht: Viele Mitschüler, dazu das Junioren-Team des EHC, mit dem Ömer sonst in der Bezirksliga spielt. Und natürlich waren auch die Eltern live dabei.
Ömer ist der erste Juniorenspieler in der EHC-Geschichte, der für die Profis zum Einsatz kam. „Er ist ein guter Junge“, lobte Chefcoach Pat Cortina. Und sagte dann: „Ich muss mich bei ihm entschuldigen.“ Wofür? Cortina: „Nach der Ravensburg-Pleite habe ich die Spieler im Training zum Äußersten getrieben. Sie haben so hart aufs Tor geschossen wie noch nie in ihrem Leben, nur damit ich sie nicht mehr anbrülle. Verdammt viele dieser Schüsse hat Ömer abgekriegt.“ Des Trainers Schlussfolgerung: „Der Junge hat Chuzpe, er hat Eier.“
Zwölf Sekunden also lang hielt Ömer, der einen türkischen Pass besitzt und in München geboren und aufgewachsen ist, den Kasten sauber. Mike Kompon schnappte sich mit der Schlusssirene den Puck, überreichte diesen Cetin. „Der wird mein Leben lang einen Ehrenplatz haben“, sagt Cetin, der den EHC möglicherweise in Zukunft als dritter Keeper verstärken wird. Manager Winkler: „Ja, wir denken darüber nach. Das Problem ist, dass er als türkischer Staatsbürger eine der fünf Ausländerstellen belegen würde.“
Ein lösbares Problem. Cetin: „Wenn das Angebot kommen sollte, würde ich sicher darüber nachdenken, ob ich Deutscher werde."
Matthias Kerber
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