EHC-Coach Cortina: „Extrem tief, laut und tragend“

Was macht EHC-Trainer Pat Cortina zu einem besonderen Eishockey-Coach? Der Kapitän, der ihn schon lange kennt, findet: seine Stimme.„Er schreit nie zur Show – er meint es dann so“.
MÜNCHEN Pat Cortina bemüht sich. Er bemüht sich, den Stoiker zu geben, sich nicht mehr ganz so vom Emotionen leiten zu lassen, wie er es noch in seiner Frühphase beim EHC München tat, als er regelmäßig Tobsuchtsanfälle bekam und ihm die AZ den Ehren-Titel „Dolomiten-Vulkan“ verpasste.
Von gelegentlichen Rückfällen abgesehen – etwa als er im Ärger über die Schiedsrichterleistung vergangene Saison fast ein Bündel Schläger aufs Eis geworfen hätte –, hat sich Cortina an seinem Arbeitsplatz in der Öffentlichkeit im Griff.
Doch einer, der ihn schon ewig kennt, weiß, dass Cortina immer noch ganz der alte ist: der neue EHC-Kapitän Stéphane Julien. Der spielte in der Saison 1998/99 schon unter Cortina, damals beim italienischen Erstligisten Fassa.
„Cortina hat sich nicht groß verändert. Er ist immer noch sehr temperamentvoll, er hat einfaches heißes, italienisches Blut in sich. Er ist ein Mann, der immer mit extremem Herzblut bei der Sache ist, er hat nichts von seiner Leidenschaft eingebüßt“, sagt der 36-jährige Verteidiger vor dem Spiel gegen die Kölner Haie (bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht begonnen) über seinen Coach.
Dass der von seiner Stimmgewalt nichts eingebüßt hat, daran lässt Julien keinen Zweifel. „Cortina hat immer noch diese extrem tiefe, laute, tragende Stimme. Es gibt für mich zwei Arten von Trainern“, erklärt Julien, „die einen schreien, weil sie eine Show abziehen und sie irgendwie glauben, dass dies zum Trainersein dazugehört. Die mag ich nicht. Die anderen schreien, weil sie mit vollem Herzen dabei sind. Cortina schreit nie zur Show – er meint es dann auch so. Die Leidenschaft dieser Trainer mag ich, die hilft einem.“
Auch Julien überlegt sich, ob er nach Ende seiner aktiven Karriere ins Trainerfach wechseln soll. „Es ist zwar der schlechteste, der undankbarste Job der Welt, weil der Druck enorm ist, weil du immer Erfolg haben musst, weil du immer die Verantwortung hast, dass alle ihre volle Leistung bringen, aber da Traineramt würde mich schon reizen“, sagt der Kanadier, „ich wäre auch nicht der angenehmste Coach der Welt, denn ich hasse es, zu verlieren.“ Und dann hätte er – neben Cortinas Fach- und Sachverstand – auch gerne dessen laute, tragende Stimme. „Mit so einer Stimme hört einem automatisch sofort jeder zu.“
So, wie sie eben beim EHC zuhören, wenn Cortina spricht. Meist muss er sogar nicht mal schreien.
Matthias Kerber