EHC: Alles neu macht der Don

Trainer Don Jackson hat den EHC Red Bull München umgekrempelt. Die sind plötzlich gelassen, diszipliniert, erfolgreich – und auch gleich Tabellenführer.  
von  Matthias Kerber
Der EHC Red Bull München um Heimkehrerer Florian Kettemer feiert die Tabellenführung.
Der EHC Red Bull München um Heimkehrerer Florian Kettemer feiert die Tabellenführung. © GEPa picures/ho

Trainer Don Jackson hat den EHC Red Bull München umgekrempelt. Die sind plötzlich gelassen, diszipliniert, erfolgreich – und auch gleich Tabellenführer.

München -  Der Blick auf die Tabelle, er dürfte zu kollektiven Verzückungen im kufenfanatischen Teil Münchens führen. Der EHC Red Bull München nimmt nach zwei Spieltagen den Platz an der Eishockey-Sonne ein. Auf den Sieg zum Saisonauftakt bei den Hamburg Freezers (6:3), die damit den Nimbus des Angstgegners eingebüßt haben, folgte am Sonntag vor 5065 Zuschauern die 7:0-Demontage der Schwenninger Wild Wings. Platz 1 war die Folge.
Nur zwei Spieltage hat Neu-Trainer Don Jackson gebraucht, um das zu schaffen, was seinem kauzigen Vorgänger Pierre Pagé eine gesamte Saison nicht gelungen war: Aus lauter starken Einzelspielern ein tolles Team zu formen, ein Spielsystem zu etablieren, dass mehr die Gegner irritiert als die eigenen Akteure. Die AZ analysiert den neuen EHC unter Don Jackson, dem mit fünf Titel erfolgreichsten Trainer der DEL-Geschichte:

System: Während Pagé auf ein innovatives, aber kaum umsetzbares System baute, bei dem keiner der Spieler eine feste Position hatte, sondern sich alles im Fluss befand, hat Jackson sein extrem laufintensives System etabliert. Der Gegner wird bereits im Aufbau gestört. Die Aufgaben sind klar verteilt. „Dons System war überall erfolgreich. Warum sollte er da was ändern“, sagte Nationalstürmer Alex Barta. Vorbei die Zeiten, als gegnerische Mannschaften vor Spielen gegen München in Extraschichten Penaltys trainieren ließen, weil sie wussten, dass sie viele Chancen für Alleingänge erhalten würden.

Neuzugänge: Pagé, der jeden Zugang der Vorsaison selber forciert und abgesegnet hatte, setzte auf große Namen, glaubte, dass er jeden Spieler dazu erziehen könnte, auf jeder Position spielen zu können. Stars wie Darren Haydar oder Nick Palmieri kamen mit der Umstellung auf die große Eisfläche in Europa nicht zurecht. Andere wie Danny Richmond waren sich für die Drecksarbeit zu schade. Jackson wiederum verfolgt eine ganz andere Prämisse. Er setzt auf Bewährtes, weiß, wie schwer die Umstellung von Nordamerika auf Europa nicht nur auf dem Eis, sondern auch im Umfeld ist.
Er holte mit Richie Regehr (siehe unten) und Mads Christensen zwei Spieler, die er aus seiner Berliner Zeit bestens kennt, zum EHC. Außerdem brachte er aus seiner vorherigen Trainerstation in Salzburg Garreth Roe und Evan Brophey mit. Die haben zwar nicht die klangvollen Namen wie AHL-Legende Haydar, aber dafür ihr Können in Europa schon bewiesen. „Es sind Spieler, die uns weiterhelfen“, sagte Jackson bei der Verpflichtung. Und die Neuen schlagen gleich ein: Regehr (Zwei Tore, zwei Assists), Roe (3 Assists), Christensen (2 Tore), Daryl Boyle (1 Tor, 2 Assists), Brophey (2 Assists) und die Heimkehrer Florian Kettemer (2 Tore, 2 Assists) und Jon DiSalvatore (3 Tore) haben alle schon überzeugt. Superstar und Kapitän Michael Wolf ist zwar noch ohne Scorerpunkt, aber schon jetzt eine prägende Figur auf und neben dem Eis für den EHC.

Disziplin: Vergangene Saison erreichte der EHC in der Böse-Buben-Statistik Spitzenwerte. Spieler wie Danny Bois, Sean O’Connor oder Richmond saßen regelmäßig auf dem Sünderbankerl. Jackson fordert Disziplin ein, speziell, weil man mit Regehr einen Mann hat, der im Powerplay Spiele fast alleine entscheiden kann. „Disziplin ist einer der Schlüssel zum Erfolg“, sagt Jackson, „in Unterzahl gewinnt man selten Spiele, in Überzahl schon.“

Stimmung: Auch wenn erst zwei Spieltage rum sind, wie gut das Team zusammengewachsen ist, sieht man. Jeder kämpft für den anderen. Jackson hat eine ruhige Art, ist aber auch ein Freund klarer Ansagen. Er kann in der Kabine oder in Einzelgesprächen sehr laut werden, macht aber Spieler nicht in der Öffentlichkeit rund. Er hört den Spielern zu. Anders als Pagé, der auch erfahrene Spieler wie Haydar vor der Mannschaft abkanzelte, der so maßlos mit Schimpfwörtern um sich warf, dass er bei einigen Spielern den Spitznamen „Terrorist“ hatte, legt Jackson viel Wert auf die Zwischentöne. „Ich denke wirklich von Spiel zu Spiel, dann sind die Dramen nicht so groß, alles bleibt in Perspektive“, sagt Jackson.

Der neue EHC. Gelassener, ausgeglichener, unterhaltsamer und erfolgreicher.

 

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