Die Münchner Titelmissionare

Der EHC Red Bull München steht nach der unglaublichen Nervenschlacht on Ice gegen die Kölner Haie erstmals im DEL-Finale. Gegner ist Wolfsburg. „Wir wollen jetzt mehr!“
von  Matthias Kerber
Der EHC feiert das 5:4 gegen die Kölner Haie, das den Finaleinzug klar macht.
Der EHC feiert das 5:4 gegen die Kölner Haie, das den Finaleinzug klar macht. © Rauchensteiner/Augenklick

Der EHC Red Bull München steht nach der Nervenschlacht on Ice gegen die Kölner Haie erstmals im DEL-Finale. Gegner ist Wolfsburg. „Wir wollen jetzt mehr!“

München - Wenn gestandene Mannsbilder sich schreiend in den Armen liegen, den Tränen nahe sind, wie kleine Kinder auf dem Boden herumrobben, dann weiß man, dass sich Außergewöhnliches zugetragen hat.

So geschehen am Freitag, dem 8. April 2016. Dass der EHC Red Bull München durch den 5:4-Sieg im fünften Halbfinalspiel in dieser Best-of-seven-Serie erstmals in der Vereinsgeschichte ins Finale eingezogen ist, ist für sich ja schon historisch. Doch erst die Art, wie dieser Triumph zustande kam, rechtfertigt die Aufnahme des Geschehnisses in die Liga der außergewöhnlichen Ereignisse. 34 Sekunden vor Schluss war den Haien nach einem 2:4-Rückstand der 4:4-Ausgleich gelungen, doch elf Ticker auf der Spieluhr später verpasste Frank Mauer den Haien den plötzlichen sportlichen Sekundentod. Das 5:4, der Sieg, der Finaleinzug durch diese Nervenschlacht on Ice.
Selbst Coach Don Jackson, immerhin fünf Mal Meister als Trainer mit Berlin, zwei Mal Stanley-Cup-Sieger als Spieler mit den Edmonton Oilers, hatte so etwas noch nicht erlebt. „Es war ein verrücktes Spiel mit einem unglaublichen Ende“, sagte der Amerikaner, „wir haben uns auf der Bank alle angesehen und haben uns gefragt: Ist das gerade wirklich passiert? Erst als wir die Wiederholung auf dem Bildschirm gesehen haben, haben wir realisiert, ja, das ist gerade wirklich geschehen. Es ist verrückt, einfach nur verrückt.“

Es war so verrückt, dass Jason Jaffray, der ehemalige NHL-Star in Diensten des EHC, das Ganze überhaupt nicht mitbekam. „Ich war so dermaßen angepisst, dass wir die Führung verspielt haben, war so unglaublich sauer, dass ich in dem Moment gar nicht aufs Eis geschaut habe, als Franky uns erlöst hat“, sagte der 34-jährige Jaffray, „das war so crazy. Irrsinn! Ich habe in meiner Karriere so einiges erlebt, aber sowas? Wie gesagt: Einfach crazy!“

Jetzt also Finale. Erstmals. Endlich. Der Hauptrundengewinner hat nach den Straubing Tigers im Viertelfinale auch die Haie aus Köln eliminiert. „Wir werden uns jetzt gewissenhaft auf den Freitag, auf Spiel 1 des Finales, vorbereiten, denn dann steht für uns die große Aufgabe an“, sagte Verteidiger Toni Söderholm, der mit seinem Pass auf Mauer das Siegtor vorbereitet hatte, „wir wollen noch mehr. Wir sind auf einer Mission.“

Die Münchner Titelmissionare. Coach Jackson hat ja schon vor Saisonbeginn die Meisterschaft als Ziel ausgegeben. Der Gegner  sind die Wolfsburg Grizzlys, die sich im Halbfinale gegen Nürnberg durchgesetzt haben. „Die Pause kommt uns gerade recht, in der Kabine geht eine Erkältung rum“, sagte Jaffray, „aber wir sind bereit, den nächsten Schritt zu machen.“

Es wäre die erste Meisterschaft des EHC, die erste in München seit den Barons im Jahr 2000. Die Red Bulls haben den Titel im Visier – sollten sie den Pokal holen, dann werden die gestandenen Eishackler-Mannsbilder erst recht zu Spielkindern mutieren.   

 

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