Blues zum Jahresende: Drei Gründe für das EHC-Tief

München - Selbst das Schneckenrennen verliert der EHC Red Bull München derzeit. Am Dienstagabend unterlag Don Jacksons Mannschaft den Schwenninger Wild Wings mit 2:3 nach Penaltyschießen.
Erfolglose Penalty-Schützen beim EHC
Zweimal war der EHC in Front gegangen: durch Maximilian Kastner (9. Minute), der den erkrankten Frederik Tiffels in der Topreihe vertrat, und durch Austin Ortega (20.). Aber Schwenningen glich gegen das vermeintliche Spitzenteam zweimal aus und traf mit dem zehnten Penalty. Keiner der fünf Münchner Schützen hatte den Puck im Tor untergebracht.
Ein Schneckenrennen war das deshalb, weil vor dem Duell keine Mannschaft der Deutschen Eishockey Liga (DEL) im Dezember schlechter punktete als diese beiden Mannschaften. Kann man den Dezember 2021 nicht einfach aus der Geschichte streichen? Es wäre ganz im Sinne des EHC und seiner Anhänger. Der noch laufende Monat war eine saftige Watschn für den erfolgsverwöhnten Klub.
Kapitän Hager: "Momentan geht es in die falsche Richtung"
So eine, wie er sie in seiner DEL-Geschichte noch nicht gefangen hat. Kapitän Patrick Hager nach der achten Pleiten im zehnten Spiel des Monats: "Wir finden momentan die Wege, Spiele zu verlieren und nicht zu gewinnen. Momentan geht es in die falsche Richtung."
Zum Monatsstart lag der EHC noch auf dem ersten Tabellenplatz. 2,1 Punkte hatte Don Jacksons Mannschaft im Schnitt in den ersten zwanzig Spielen der Saison geholt - hervorragend.
Seither aber brach die Quote auf 0,889 ein, nicht mal ein Zählerchen pro Partie - grauenvoll. Zyniker ist der, der sagt, in Schwenningen habe sich die Bilanz immerhin verbessert. Stimmt, auf 0,9. Dadurch hat der EHC den heutigen Gegner Iserlohn Roosters (19.30 Uhr, MagentaSport) im Monatsranking überholt. Die eigentlich stark einzustufende EHC-Mannschaft rutschte zur Saisonhälfte ins Mittelfeld ab. Der EHC steckt in seiner Mid-Season-Crisis.
Spurensuche nach den Gründen - Nummer eins: die Einstellung. Selbst die Spieler sprechen darüber und ein guter Indikator ist auch die Unterzahlquote. Mit einem Mann weniger auf dem Eis zeigen sich Willen und Opferbereitschaft - der EHC kassiert im Dezember in jedem dritten "Penalty Killing" ein Gegentor. Unterirdisch.
Nummer zwei: die Nachwehen von Corona. Die Auswirkungen auf die Leistungen sind individuell, doch ein Vergleich zeigt: Mit den Adlern Mannheim und den Iserlohn Roosters ging auch bei zwei von drei anderen betroffenen Teams danach die Formkurve in den Keller.
Der EHC hat durch den Impfdurchbruch zudem Nachholspiele in dem Olympia-bedingt ohnehin schon engmaschigen Spielplan. Zeit für Erholung ist schlicht Mangelware.
Nummer drei, warum es so schlecht gelaufen ist: die schlechte PDO-Leistung. Dabei kombiniert man die Schussquote für ein Tor und die Paraden des eigenen Torwarts. Der EHC schießt zwar viel und sogar zur Mehrheit aus bester Lage, dem sogenannten Slot, trifft aber nur noch zu acht Prozent.
Das sind fast drei Prozent weniger als zuvor - das hat was mit Pech zu tun, aber auch mit Kaltschnäuzigkeit, sich selbst zu belohnen. Der Gegner hat im Dezember eine doppelt so gute Trefferquote - was wiederum außergewöhnlich gut ist.
Das EHC-Torhüterspiel war in den vergangenen Wochen mit einer indiskutablen Quote von 85,1 Prozent der Tiefstwert der Liga. 40 Gegentore im Dezember sind die rote Zahl in der ligaweiten Bilanz... Der EHC sucht nach AZ-Informationen nach einer Verstärkung für die Torwartposition. Nur: Der Transfermarkt ist wie leer gefegt, gerade auf dieser Position.
Corona macht Wechsel schwer
Grund ist Corona, denn einige Profis haben ihr Karriereende vorgezogen, andere wollen lieber in der Heimat spielen. Und vor wenigen Tagen hat die NHL wegen zahlreicher Covid-19-Fälle wieder eine "Taxi Squad" eingeführt, also Spieler aus der zweitklassigen AHL, die sich für den Fall des Falls für die NHL bereithalten. Durch den Bedarf wechseln - vereinfacht gesagt - weniger Spieler nach Europa.
Übrigens: Wäre das Kalenderjahr mit dem November zu Ende gegangen, hätte der EHC ein ordentliches Jahr 2021 gehabt. In den Hauptrundenspielen holte die Truppe vom Oberwiesenfeld saisonübergreifend knapp 69 Prozent der Punkte. Stark!
Das Playoff-Aus im Viertelfinale der Vorsaison gegen den ERC Ingolstadt wäre ein Wermutstropfen geblieben, der Gegner war zur richtigen Zeit glühend heiß und die Serie pandemiebedingt kurz. Der Dezember aber zeigt auf: Der EHC steckt in der Krise. Blues zum Jahresende. Kapitän Hager: "Nur wir in der Kabine können die Sachen ändern."