AZ-Analyse: Das steckt hinter den Abwärtstrend beim EHC
München - Das Nebelhorn warnt mit seinem durchdringenden Klang eigentlich vor drohender Havarie. In der Bremerhavener Eisarena ist das anders, wie der EHC Red Bull München am Dienstag im Spiel um Platz eins erfahren hat.
Da geschieht erst das Unheil - das Tor für die Gastgeber - und dann erklingt das Nebelhorn, das Signal zum Torjubel für die Fans des Seestadt-Klubs. Doppelter Ätsch-Effekt.
Der EHC hat gegen die Fischtown Pinguins gut gespielt, aber die Rückeroberung von Platz eins verpasst - und auch die Trendwende. Nach starkem Saisonstart flaute die Münchner Form zuletzt merklich ab. Nur acht Punkte hat Don Jacksons Team aus den vergangenen sechs Spielen geholt - ein Schnitt, mit dem man mit Blick auf die gesamte Saison gerade so um den letzten Playoff-Platz mitspielen würde. Bis zum 10. Spieltag hatte der EHC fast doppelt so viel an Punktebeute gemacht. Die AZ analysiert, warum es beim Vizemeister zuletzt deutlich schwächer lief.
EHC: Drei Spiele pro Woche sind längst Normalzustand
Große Müdigkeit: Das Hauptproblem. Nur zwei Spiele in der Woche, das ist die absolute Ausnahme für die Red Bulls - englische Wochen mit drei Partien sind längst Normalzustand. In den vergangenen vier Wochen haben Patrick Hager & Co. in CHL und DEL 13 Spiele bestritten. Da wundert es nicht, wenn die Kräfte schwinden. Indiz für die leeren Akkus: Bis zum zehnten Spieltag war der EHC das beste Team im Schlussdrittel (15:6 Tore).
Und seitdem? Das schlechteste (3:8 Tore)! Der gleiche Einbruch zeigt sich auch bei der sich halbierten Schussquote - von der Nummer 1 auf Platz 15. Dass der EHC zuletzt oft in Rückstand geriet, erschwert die Mühen mit müden Knochen und Köpfen nur.
Der EHC kann seine prominenten Ausfälle nicht kompensieren
Verletzungen von Stars: Selbst der Luxuskader des EHC kann Ausfälle wie den von Ben Street nicht kompensieren. Er ist der Mittelstürmer der ersten Reihe - und Dreh- und Angelpunkt im Angriffsspiel. Das spiegelt sich nicht allein in Scorerpunkten wider.

Auch Verteidiger Konrad Abeltshauser, der löwenstark in die Saison gestartet war, verletzte sich. Seit die beiden fehlen, läuft es nicht mehr. Zufall? Kaum. Ihre Aufgaben müssen nun Spieler übernehmen, die dafür nicht vorgesehen waren. Da auch weitere Akteure passen mussten, kam wenig Routine rein.
Der EHC kann die Powerplay-Phasen nicht ausnutzen
Powerplay: Die fehlende Eingespieltheit wirkt sich auch beim Überzahlspiel aus. Bis zum zehnten Spieltag nutzten Andreas Eder und seine Kameraden jede dritte Gelegenheit mit einem Mann mehr auf dem Eis zu einem Treffer. Seither klingelt es nicht mal mehr in jedem siebten Anlauf beim Gegner.
Oben drein schleichen sich in Überzahl Ungenauigkeiten ein. In Bremerhaven fing Nino Kinder einen Hager-Querpass ab, stürmte los und nutzte die Situation zum Siegtor.
Eine bittere Kinder-Überraschung! Und es war schon das zweite Powerplay-Gegentor in dieser Phase - bei nur zwei eigenen Treffern.
EHC: Die Klasse stimmt, doch einige Fakten machen sorgen
Fazit: Das Formtief ist kein Kielbruch. Andere Titel-Favoriten wären um ein so starkes erstes Saisonviertel froh. Meister Eisbären Berlin lag vor den Spielen am Mittwoch nur knapp vor den Abstiegsrängen. Die Klasse beim EHC stimmt grundsätzlich. Mit dem aktuellen Punkteschnitt von 2,0 wäre er in der Vorsaison als Zweiter in die Playoffs eingelaufen.
Doch es gibt auch Faktoren, die das Nebelhorn erklingen lassen. Auch, wenn Danny aus den Birken ihn gut vertrat: Die Nummer eins im Tor, Mathias Niederberger, fällt noch aus.
Erholung dank der Novemberpause in Sicht, klingt es aus dem Ausguck? Denkste! Der EHC spielt noch am 8. November und hat nur ein Wochenende frei. Die Stars schuften durch, sie fahren mit dem Nationalteam zum Deutschland Cup. Gleich am Dienstag geht es weiter, mit den CHL-Playoffs.