„A Fetzn-Gaudi“

Der ehemalige Eishockey-Star des EHC München Markus Jocher schwärmt vom Red Bull Crashed Ice im Olympiapark, kann aber diesmal nicht dabei sein
AZ: Herr Jocher, am Samstag steht im Olympiapark die Neuauflage des Red Bull Crashed Ice an. Das Event vergangenes Jahr bezeichneten Sie als eines der Highlights Ihrer Karriere, jetzt aber fehlen Sie, einer der härtesten Eishockey-Spieler Deutschlands. Was ist los?
MARKUS JOCHER: Ich war mit der Altherren-Mannschaft bei einem Turnier in Russland und beim letzten Spiel gegen Österreich habe ich mir einen Muskelfaserriss in der Leiste zugezogen. Da es ein wichtiges Spiel war, habe ich weiter gemacht. Ich kann ja nicht zulassen, dass wir in den Alpen nur die Nummer zwei wären. Wir haben gewonnen, aber der Verletzung hat es leider nicht gut getan. Die Ärzte waren dann auch nicht mehr da, sodass wir nicht mehr groß behandeln konnten. Jetzt kann ich keinen einzigen Schritt im Schlittschuh machen, das hat keinen Sinn. Ich will ja nicht mein Gesicht verlieren. Sonst heißt es am Ende, der Jocher, der hängt sich nicht mehr rein, der ist alt geworden, fett geworden! Säuft der? Na, ich bin einfach verletzt, es geht nicht. Ich mach alles im Leben ganz oder gar ned.
Was hat die Mama gesagt, als der Sohn sich an seinem 32. Geburtstag verletzt hat?
Die war schon sauer. Ich hatte ihr mit viel Verhandlungsgeschick abgerungen, dass ich die zwei Events, das Hockey-Turnier und das Red-Bull-Event machen darf. Und dann das! Aber sie hat gleich gesagt, so schlimm, dass Ich nicht arbeiten könnte, ist es nicht. Ich stehe ja nicht mit Schlittschuhen in unserem Nähmaschinenladen. Krank- geschrieben hat sie mich leider nicht.
Jetzt blutet das Jocher-Herz, weil der härteste Eishockeyspieler nicht dabei sein kann.
Absolut. Das Event im Olympiapark in München ist echt gigantisch. Die Stimmung, die Atmosphäre, Wahnsinn! Das ist a Fetzn-Gaudi, a Fetzn-Stimmung. Da ist alles geboten. Geschwindigkeit, Härte. Super. Wer immer sich das ausgedacht hat, der hat wohl an den Jocher vor zehn Jahren gedacht. Für den wäre das perfekt gewesen. A bisserl durchgeknallt musst dafür schon sein. Aber wie man sieht, kaum bin ich ein Jahr älter, schon bin ich verletzt.
Sie schwärmen richtig von der Sportart.
Da denkt man eben an den Zuschauer. Beim Eishockey wird alles überreglementiert und verboten. Die machen das selber kaputt, eine zünftige Knüppelei gehört eben dazu. In Russland oder der NHL haben sie das verstanden, hier in der DEL zerstören sie hingegen das Produkt. Es ist ja nicht so, dass beim Eishockey bei Schlägereien wirklich was passiert. Da musst' schon viel Glück haben, dass du einem eine blutige Nase verpassen kannst. Aber die Leute wollen auch etwas sehen, was aufregt. Wer sich beim Eishockey langweilt, der findet beim Crashed Ice eine Heimat.
So wie Sie.
Schon richtig, vom Gefühl her war das Event 2010 nur mit Meisterschaften in der DEL vergleichbar. Wenn du da oben stehst, auf 60000 Leute runterschaust, die teilweise deinen Namen schreien, das ist schon extreme Gänsehaut. Geil das ich das noch erleben durfte.
Sie waren ja dann auch WM-Finale in Ottawa dabei. Da ging aber dann alles schief für Sie.
Ja, erst kam meine Ausrüstung nicht rechtzeitig an. Da standen wir plötzlich ohne da. Und der Parcours war heftig, da haben sich gleich zehn Fahrer echt schwer verletzt, die Tschechen haben sich komplett aufgerieben. Und in der Nacht vor dem Event ging in unserem Hotelzimmer auch noch der Kühlschrank kaputt. Die ganze Flüssigkeit ist dann in der Nacht unbemerkt ausgelaufen, in den Teppich hinein. Wir haben uns dann alle eine Ammoniak-Vergiftung zugezogen, das war echt übel. Ich bin ja auch noch Asthmatiker, ich habe überhaupt keine Luft mehr gekriegt, hatte echte Erstickungsanfälle. Da haben wir dann natürlich auch nichts gerissen. Aber von der Stimmung her, was die Fans veranstaltet haben, war München eh nicht zu toppen. Besser geht's nicht.
Interview: Matthias Kerber