„Du kannst nicht wieder den gleichen Typ bringen“
Alpinchef Wolfgang Maier erklärt, wieso ausgerechnet der ruhige Schweizer Tom Stauffer neuer Trainer von Rebensburg, Riesch und Co. wurde.
Herr Maier, die Saison ging mit dem Doppelsieg von Viktoria Rebensburg und Kathrin Hölzl bestens los, nun am Samstag bestreitet das Team in Levi den ersten Slalom. Viele fragen sich: Wie kamen Sie auf Tom Stauffer als neuen Cheftrainer der DSV-Frauen?
WOLFGANG MAIER: Ich kenne ihn seit 15 Jahren, und er hat genau die Voraussetzungen mitgebracht, die ich für diese Mannschaft brauche.
Die da wären?
Ich brauche jemanden, der sehr korrekt aus dem Rückraum arbeitet. Der weiß, was die Athleten gemacht haben und analysieren kann, wo sie stehen. Der weltweit vernetzt ist. Wir hatten früher bei den Herren eine Kooperation mit seinen Schweden, da habe ich gemerkt: Wenn du mit ihm was absprichst, ist darauf Verlass. Und es wird sofort umgesetzt.
Stauffer, ein Pragmatiker?
Und er war völlig neutral, ohne Vorgeschichte im DSV. Da gibt es ja Rivalitäten zwischen den Trainern. Alle haben sich gegenseitig hochspekuliert, dann kam was ganz anderes. Der Tisch war komplett leer, so dass wir völlig frei ins Thema reingehen konnten.
Mit seinem Vorgänger hatten Sie sich blendend verstanden. Ein schwerer Abschied?
Mir war schon klar, dass das mit Mathias Berthold (Stauffers Vorgänger, d. Red.) schwierig wird, aber ich kann seine Entscheidung mittragen. Das ist eben auch eine nüchterne Entscheidung. Ich hab’ immer zu ihm gesagt: ,Du musst mal eine Herren-Mannschaft trainieren.’ Und wer die Nummer eins, den Ferrari, kriegt, der soll ihn auch fahren (Berthold wechselt als Herren-Chefcoach zu Österreich, d. Red.).
Vergleichen Sie die beiden doch mal!
Mathias ist ein smarter Typ, hat eine sympathische Art, konnte gut umgehen mit den Leuten. Tom ist zurückhaltender, aber ein akribischer Nacharbeiter. Ich dachte mir: Du kannst nicht wieder den gleichen Typ bringen. Jeder hat halt eine andere Art. Die Eckpunkte müssen stimmen: korrektes Coaching klare Leistungsorientierung. Wie er das umsetzt, ist mir egal,
Wann wussten Sie, das es Stauffer wird?
Ich hatte ihn schon bei Olympia im Hinterkopf. Ich hab’ zu ihm gesagt: Du bist der einzige, dem ich ein Angebot mache. Das hat ihm meine Wertschätzung gezeigt.
Welche Vorgaben hat er?
Das Team soll Stabilität reinbringen. Das brutalste Beispiel ist Nagano 1998: Wir hatten im Gesamtweltcup die Plätze 1,2 und 3, dazu 43 Platzierungen unter den ersten Drei, sechs olympische Medaillen - aber im nächsten Jahr bei der WM in Vail: vier Mal Vierter. Wenn die WM in Garmisch ist, spricht keiner mehr von Olympia in Vancouver, und wenn in zwei Jahren die WM in Schladming ist, redet keiner mehr von Garmisch.
Was ist für Sie Stabilität?
Auf einem hohen Leistungsniveau zu bleiben und von da an die großen Ziele ranzukommen. Keine Täler mehr, in denen man vier, fünf Jahre braucht, um wieder raus zu kommen.
Die Erwartungen sind hoch.
Alle verlangen schon wieder, dass wir in Garmisch-Partenkirchen fünf Goldene holen – insofern hat Stauffer einen schwierigen Job. Aber intern, was die Stabilisation seines Arbeitsplatzes angeht, hat er keinen schwierigen Job, weil wir genau wissen, wie dieses Geschäft funktioniert. Ich mache seine Qualität nicht von der Medaillenzahl in Garmisch abhängig, hänge die Leute nicht nach einer Saison zum Fenster raus, das hab’ ich noch nie gemacht.
Interview: Thomas Becker
- Themen:
- Ferrari
- Viktoria Rebensburg