DTM-Champion: BMW-Pilot Marco Wittmann im Interview

Marco Wittmann ist der jüngste Doppelchampion der DTM-Geschichte. In der AZ spricht der BMW-Pilot über den engen Titelkampf, Fehler der Konkurrenz und einen ungeliebten Spitznamen.
von  Johannes Schnabl
Ehrenrunden: Nach seinem Titelgewinn lässt Marco Wittmann die Reifen qualmen und dreht einige „Donuts“ für die Fans.
Ehrenrunden: Nach seinem Titelgewinn lässt Marco Wittmann die Reifen qualmen und dreht einige „Donuts“ für die Fans. © dpa

Der 27-jährige fährt seit 2012 in der DTM für BMW, gewann schon 2014 den Titel. Vor seiner Tourenwagen-Zeit fuhr er erfolgreich in der Formel 3.

AZ: Herr Wittmann, erst einmal herzlichen Glückwunsch zur DTM-Meisterschaft. Und schön, dass Sie es rechtzeitig hierher geschafft haben, nachdem Sie die ARD-Kollegen beim Morgenmagazin ja versetzt haben.

Marco Wittmann: (lacht) Ja, wir haben am Sonntag noch ordentlich gefeiert, nochmal richtig Gas gegeben. Wenn man zum zweiten Mal Champion wird, ist das auch gerechtfertigt, denke ich. Am Montag habe ich dann einen kleinen Fehler gemacht und verschlafen. Das tut mir leid, und ich habe mich bei den ARD-Kollegen entschuldigt.

Jetzt sind Sie jüngster Doppelchampion der DTM. Können Sie das alles schon fassen?

Ja, ich habe alles realisiert. Ich glaube, dass ich den zweiten Titel mit etwas mehr Fassung getragen habe, beim ersten war alles ein Stück weit emotionaler. Aber es fühlt sich trotzdem gut an. In vier Jahren zwei Meisterschaften zu gewinnen, das ist schon etwas Einzigartiges und macht mich stolz.

Zwei Titel in vier Jahren DTM: Wie lauten jetzt Ihre Ziele? Wollen Sie Bernd Schneider als Rekord-Champion mit fünf Titel ablösen oder doch in einer anderen Rennserie starten?

Bernd Schneider ist und bleibt eine Legende in der DTM. Was mich betrifft, besteht jetzt kein Grund, die Motivation zu verlieren, nur weil ich jetzt zweimal Champion bin. Ich werde auf jeden Fall versuchen, bald Titel Nummer drei zu holen oder den Titel sogar zu verteidigen – und das mit BMW.

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Aber davor ist sicher erstmal Urlaub für Sie drin, oder?

Leider nicht. Jetzt stehen Pressetermine an und dann geht es direkt zu den ersten Testfahrten. Mit dem neuen Reglement im nächsten Jahr wird das sicher ziemlich arbeitsintensiv. Abschalten werde ich erst um Weihnachten und Silvester herum können. Dann ist Zeit für Urlaub und Familie.

Und das nach einer so nervenaufreibenden Saison. Erst im letzten Rennen haben Sie Ihren Titel klargemacht. Vier Pünktchen betrug der Vorsprung auf Rivale Edoardo Mortara im Audi. Warum ist die DTM so spannend?

Die Änderungen, die getroffen wurden, haben einfach gut funktioniert. Man hat gesehen, dass es große Abwechslung gab. In 18 Rennen zehn verschiedene Sieger: Das spricht eine deutliche Sprache. Die DTM hat erkannt, dass man mit der Zeit gehen muss. Für die Fans ist das mega.

Spannung bis zum Schluss also. Dabei hatte ihr Rivale auch Pech, erhielt beim Rennen in Zandvoort zu unrecht eine Strafe. Haben Sie ein wenig Mitleid mit Mortara?

Nein, Edo ist gut gefahren und hat auch in Hockenheim zuletzt noch gekämpft wie ein Löwe. Das respektiere ich, aber ich habe kein Mitleid. Wir haben dieses Jahr einen super Job gemacht, waren konstanter und clever. Wenn man sieht, dass Audi insgesamt zehn Siege hatte – fünf davon Mortara – und wir nur vier, dann haben er und Audi sich das auch ein wenig selbst zuzuschreiben – wie etwa den Ausfall in Spielberg.

Sie gelten dagegen als der konstanteste Fahrer im Feld, kein anderer schaffte es so oft in die Punkte.

Ich bin einfach derjenige, der abwägt: In welcher Situation attackiert man, in welcher steckt man zurück? Manchmal ist es einfach sinnvoll, den Kontakt zu meiden. Natürlich gibt es Fahrer, die da wesentlich hitzköpfiger sind und das Risiko suchen. Das geht aber dann in zwei von zehn Fällen gut.

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Dafür gilt Ihre Fahrweise bei manchen Konkurrenten als langweilig. Sie wurden sogar „Eichhörnchen“ genannt, weil Sie sich Punkte erhamstern.

Ich bin kein Fan dieses Namens. Gut, es gab sicher Rennen wie am Norisring, wo wir die Eichhörnchentaktik gewählt haben, aber nur deshalb, weil uns die Pace fehlte. Letztlich haben wir dort aber 20 Punkte mitgenommen. Hätte ich die nicht, wär ich auch nicht Meister. Die Zuschauer haben aber auch gesehen, dass ich attackieren kann. Und man muss einfach sagen: Wenn ich von 56 meiner Rennen 54 zu Ende fahre, ist das nicht nur Glück.

Andere sagen, Ihr Titel sei unverdient, weil BMW dieses Jahr vom Reglement begünstigt wurde – Sie durften mit weniger Gewicht und breiteren Heckflügeln fahren. Wie sehr nervt Sie diese Aussage?

Dass die Fragen kommen, war klar. Besonders, wenn ein BMW-Fahrer den Titel gewinnt. Aber ich finde es einfach nur schade, denn letzten Endes war BMW nicht dominant. Ich war der einzige Fahrer, der vorne mitgefahren ist, hatte fast doppelt so viele Punkte wie der zweitbeste BMW. Wie gesagt: Audi hatte zehn Siege, wir vier: Da kann man doch nicht von einer Dominanz sprechen.

Warum beherrschen Sie denn den BMW so viel besser als Ihre Kollegen?

Die Frage ist schwer zu beantworten. Ich habe mich einfach gut eingelebt. Die Autos fahren sich ähnlich wie in der Formel 3, da hatte ich wenig Umstellungsprobleme. Und mittlerweile bringe ich ja auch schon ein wenig Erfahrung mit. Wahrscheinlich entschied am Ende einfach die Konstanz.

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Wie fährt denn Marco Wittmann privat auf der Straße? Überlegt oder eher risikofreudig?

(lacht) Im Straßenverkehr sollte man nicht Zweiteres sein, weil man ja nicht nur sich, sondern anderen schadet. Natürlich fahre ich auf der Autobahn auch mal sportlich, wenn alles frei ist und keine Geschwindigkeitsbegrenzungen da sind. Aber grundsätzlich sollte jeder überlegt fahren.

Die DTM-Saison ist Geschichte, die Formel 1 läuft noch. Wem drücken Sie die Daumen?

Das Momentum hat natürlich Nico Rosberg auf seiner Seite, von daher glaube ich, dass er es am Ende packt. Aus deutscher Sicht wäre das auch schön. Persönlich finde ich Lewis Hamilton als Racer aber fast besser.

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