Drama um Degenkolb: Finger fast abgerissen

Welch eine Horrorvorstellung: Ein Auto kracht in eine Gruppe Radsportler. Beim Training in Südspanien passiert es dem deutschen Team Giant-Alpecin. Top-Star John Degenkolb und fünf Kollegen erleiden Knochenbrüche und Schnittwunden. Alle stehen unter Schock.
von  dpa
John Degenkolb - hier während des Rennens Paris - Roubaix im Jahr 2015.
John Degenkolb - hier während des Rennens Paris - Roubaix im Jahr 2015. © firo/augenklick

Valencia - Ein schwerer Unfall bei einer Trainingsausfahrt in Spanien hat das deutsche Profi-Radteam Giant-Alpecin erschüttert und Klassiker-Star John Degenkolb vorerst außer Gefecht gesetzt. Der 27 Jahre alte Paris-Roubaix-Sieger erlitt am Samstag einen Unterarmbruch und Schnittwunden am Oberschenkel, der Lippe und am Unterarm. Zudem wurde ihm der linke Zeigefinger fast abgerissen.

"Er hing nur noch am letzten Zipfel an meiner Hand. An viel kann ich mich nicht erinnern", schrieb Degenkolb auf seiner Homepage nach seiner Operation unter Vollnarkose. "Es geht mir den Umständen entsprechend gut", meinte der Klassiker-Star, dessen Zeigefinger in einem Krankenhaus in Valencia "wiederhergestellt werden soll". Auch Landsmann Max Walscheid traf es schlimm: Das 22 Jahre alte Talent erlitt eine Hand- und eine Schienbeinfraktur.

Sechs Fahrer wurden in den Unfall verwickelt, als eine Britin aus ungeklärter Ursache mit ihrem Geländewagen auf die Gegenspur fuhr. "Das war ein sehr harter Tag für das Team", erklärte Teamchef Iwan Spekenbrink. "Die Fahrer werden Zeit brauchen, um sich zu erholen."

 

Am 10. April will Degenkolb seinen Vorjahrssieg bei Paris - Roubaix verteidigen

 

Vor allem für Degenkolb kommen der Unfall und die Folgen zur Unzeit. In zwei Monaten beginnen die Frühjahrs-Klassiker. Am 10. April will der Frankfurter als Vorjahressieger bei Paris-Roubaix antreten. Erst am Donnerstag hatte er auf dem berüchtigten Kopfsteinpflaster trainiert und sein Namensschild in den Duschen angebracht. "Das gibt mir zusätzliche Motivation für den nächsten Ritt durch die Hölle des Nordens!", hatte der gebürtige Thüringer verkündet.

Zwei Tage später erlebten Degenkolb und seine Kollegen im Süden Spaniens den Alptraum eines jeden Radfahrers. Auf einer schmalen, kurvenreichen Landstraße zwischen den Ortschaften Benigembla und Parcent in der Provinz Alicante passierte es. Die Polizei machte zunächst keine Angaben darüber, was die Unfallverursacherin bei ihrer Vernehmung ausgesagt hat. Informationen, mit welcher Geschwindigkeit sie unterwegs war, gab es vorerst auch nicht.

 

Ein gruseliges Bild an der Unfallstelle

 

"Das Auto hatte nicht mal Zeit zu bremsen", berichtete der Onkel und Agent des ebenfalls verletzten Franzosen Warren Barguil der Zeitung "Le Télegramme". Die Fahrer seien nebeneinander auf ihrer Seite unterwegs gewesen, erklärte der Rennstall in einer Mitteilung. Den Rettungskräften bot sich ein gruseliges Bild verletzter und blutender Rennfahrer sowie schwer demolierter Rennräder. Der Amerikaner Chad Haga musste mit dem Helikopter in ein Krankenhaus gebracht werden, verletzt wurden außer Barguil auch noch Fredrik Ludvigsson aus Schweden und der Niederländer Ramon Sinkeldam. Jeder im Team sei geschockt, erklärte Team-Physiotherapeut Anko Boelens. Ihnen sei aber auch klar: "Wir hatten auch einiges Glück auf unserer Seite."

Degenkolb ist nach dem Abschied von Top-Sprinter Marcel Kittel der große Hoffnungsträger beim deutschen Rennstall, der sich am 7. Januar in Berlin präsentiert hatte. Auch Ex-Kollege Kittel reagierte betroffen: "Furchtbare Nachrichten von meinen alten Teamkollegen aus Spanien. Ich hoffe wirklich sehr, dass alle, die in den Unfall verwickelt waren, okay sind", schrieb er.

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