Dr. Knockout geht ran
Kickbox-Weltmeisterin Christine Theiss kämpft am Samstag erstmals live in voller Länge auf Sat.1. Die promovierteMedizinerin spielt mit ihren Reizen. „Der Doktor-Titel ist Gold und Geld wert“.
München - Am Samstag wird Christine Theiss den Kaiser abwürgen. Zur besten Sendezeit. Punkt 23 Uhr, also schon etwa 20 Minuten nach Abpfiff, beendet Sat.1 das Champions- League-Finale – obwohl der Privatsender im Londoner Wembley-Stadion das teuerste aufbietet, das er zu bieten hat: Johannes B. Kerner und Franz Beckenbauer. Doch der Expertentalk über Barcelona gegen Manchester United wird schnell abgelöst von einer hübschen Schwabinger Medizinerin, die die Quoten hochhalten soll: Kickbox- Queen Christine Theiss.
15 erfolgreiche WMKämpfe hat sie schon hinter sich, am Samstagabend aber sorgt Theiss, wenn sie gegen die Koreanerin Su Jeong Lim in der Olympia-Eishalle antritt, für eine Premiere: Bisher nur im Vorprogramm von Felix Sturm zu sehen, überträgt Sat.1 nun erstmals einen Kickbox- Kampf als Hauptkampf live und in voller Länge. Theiss gehört – wie Lionel Messi und Wayne Rooney – zur „Nacht der Champions“.
Dr. Knockout geht ran – und das nicht nur bei „ran boxen“. „Ich bin für jeden Spaß zu haben“, sagte die 31-Jährige am Dienstag im AZ-Interview, „der nicht peinlich ist.“ Das Sat.1-Fotoshooting jedenfalls scheint ihr Spaß gemacht zu haben, auch wenn ihreMediziner- Kollegen im Klinikum Schwabing, wo sie ihr praktisches Jahr absolvierte, sich vermutlich wundern werden über die Szenen: wie sie auf Pumps im pinken Boxröckchen auf einen auf dem OPTisch liegenden Komparsen draufzuspringen scheint oder wie sie, mit Sport-BH auf der OP-Liege sitzend, die Spritze lasziv streckt. Sie spielt halt gern mit den Klischees.
In Christine Theiss schlägt das Doppelherz. Zum einen ist die 31-Jährige Kampfsportlerin durch und durch – doch das Medizinstudium zu beenden, war ihr ebenso wichtig. „Das sind meine beiden Traumberufe, da schlagen zwei Herzen in meiner Brust“, sagt Theiss, die ihre Doktorarbeit zum Thema „G-CSF-Therapie zur adjuvanten Behandlung des verzögerten revaskulierten Myodkardinfarkts“ geschrieben hat.
Seit Dezember 2008 darf Theiss, die aus einer Ärzte-Familie stammt und die seit 2005 auch mit einem Mediziner (Hans) verheiratet ist, offiziell den Doktortitel führen. Dr. Kick eben. Doch den weißen Kittel trägt Theiss zur Zeit nur fürs Fotoshooting. „Beides zusammen ging nicht mehr. Der Zeitaufwand wäre viel zu groß“, sagt Theiss, die sich für die Sportkarriere entschieden hat. „Es war klar, dass sich dieser Schritt nur lohnt, wenn Chrissie auch mit dem Kickboxen einen Betrag verdient, der mit einem Medizinergehalt am Anfang der Ärztekarriere vergleichbar ist“, sagt ihr Trainer Mladen Steko.
Seit die Kickbox-Queen einen Vertrag über fünf Kämpfe bei Sat.1 unterschrieben hat, dürfte sie deutlich besser verdienen als ihre Kollegen im Klinikum. Freilich wird es für Theiss auch schwer, nach der Sportkarriere den Kittel wieder anzuziehen und als Ärztin zu praktizieren. „Es ändert sich sehr viel in diesem Beruf. Wenn man da mal ein paar Jahre draußen ist, ist der Weg zurück nicht leicht“, weiß sie.
Theiss – und mit ihr der gesamte Kampfsport – haben von dem Doktortitel, der Mediziner- Vita profitiert. Eine aparte Ärztin als Aushängeschild eines derart harten Sports ist ein Unikum. Das kommt an. Die AZ-Leser haben sie bereits fünf Mal zu „Münchens Sportlerin des Jahres“ gewählt, nun wird sie bei der Sendergruppe Sat.1/Pro7 herumgereicht.
Am Mittwoch trat sie bei Stefan Raab auf (und zu), auch dort hat sie die frühere Box-Queen Regina Halmich abgelöst. „Christine transportiert ihren Sport positiv“, sagt Sat.1-Sportchef Sven Froberg, „ihr Aussehen, ihre Vita, die Art, wie sich artikuliert und den Sport repräsentiert, all das hilft natürlich.“
Dr. Theiss hat das Kickboxen aus der Schmuddelecke herausgeführt. „Allein dieser Doktortitel, diese zwei kleinen Buchstaben, sind Geld und Gold wert“, sagt Marketing- Experte Peter Ehm, Chefredakteur von „Headline“. Und: „Dieser Titel gibt dem Kampfsport eine Seriosität, die viele dort erstmal nicht vermuten. So wie RTL es mit Boxen und Formel 1 vorgemacht hat, macht es für Sat.1 Sinn, sich seine Sportart Kickboxen heranzuzüchten“, sagt Marketing-Experte Ehm, „das zieht ein junges Publikum.“
Und vielleicht wird ja auch Franz Beckenbauer noch genauer hinsehen – wenn Theiss ihn ablöst