Doppelschlag am Schießstand
Ralf Schumann dankte Jesus für die Silbermedaille, Newcomer Christian Reitz konnte nicht mal Bronze nach der verpassten Goldchance trösten – der deutsche Doppelschlag am Schießstand sorgte für ein Wechselbad der Gefühle.
Der zweitschlechteste Finalschuss zerstörte die Hoffnungen von Weltrekordler Reitz. Stattdessen trat der ukrainische Außenseiter Alexander Petriw die Nachfolge des dreimaligen Olympiasiegers Schumann nach einem spannenden Schnellfeuer-Wettbewerb an. „Diesen Erfolg habe ich ausschließlich Jesus zu verdanken. Er hat mir die Kraft gegeben, das alles durchzustehen“, sagte der seit den Sommerspielen in Athen gläubige Schumann: „Ich bin rundum happy."
Nach olympischem Gold 1992, 1996 und 2004 gewann der Thüringer zum zweiten Mal Silber bei Sommerspielen – 20 Jahre nach Seoul. Am Ende fehlten nur 0,7 Ringe zum Gold, immerhin konnte der 46 Jahre alte Schumann aber mit gerade zwei Zehntelpunkten Vorsprung noch einmal den Angriff von Christian Reitz abwehren. „Es ist toll, mit Christian gemeinsam eine Medaille zu bekommen. Es war ein riesengroßer Traum in Deutschland, einen Nachfolger für mich zu finden. Der ist jetzt gefunden“, sagte Schumann. Reitz selbst Freude sich über das Lob seines „Bezugspunkts im Schießen“, aber den Ärger über den Fauxpas in der finalen Serie konnte das nicht mindern. „Es ist schön, dass es noch Bronze geworden ist, ich hatte die Medaillen schon geistig abgehakt“, meinte der 21-Jährige. Dann telefonierte er erstmal mit seiner Freundin: „Ich bin selbst schuld, das war einfach Mist.“
Bundestrainer Peter Kraneis hatte beobachtet, dass Reitz in der Erregung seines ersten olympischen Finals mitten im Schuss die Hand aufgemachte: „Da ist die Pistole aus der 10 weggesprungen. Aber wir können nach dem Verlauf sehr zufrieden mit zwei Medaillen sein. Man muss auch mal Glück haben.“ Schließlich hatte sein Duo mit zitternden Händen nur mit Ach und Krach auf den Plätzen fünf und sechs das Finale erreicht. Der Rückstand von vier Ringen zum Spitzenreiter Keith Sanderson (USA) erwies sich letztlich sogar als Vorteil. Das Trio mit den späteren Medaillengewinnern Petriw, Schumann und Reitz konnte vorlegen, diesem Druck waren die drei Erstplatzierten nach dem Vorkampf nicht gewachsen.
Als der deutsche Medaillen-Doppelschlag nach einer 15-minütigen Wartezeit feststand, zeigte Schumann mit dem Finger nach oben, und auf der Tribüne weinte Schützenbund-Geschäftsführer Jörg Brokamp. Schließlich ist das ausgegebene Ziel schon mehr als erfüllt. „Mit einmal Silber und dreimal Bronze kann man zufrieden sein, aber ich hätte schon gern eine goldene im Gepäck“, kommentierte Sportdirektor Heiner Gabelmann: „Wir haben einige Baustellen, besonders im Gewehrbereich.“
Eine Enttäuschung waren am Samstag die Skeet-Schützen. Tino Wenzel landete in der vorletzten Entscheidung in Peking mit 117 Treffern auf Platz 13, Axel Wegner, Olympiasieger von 1988, enttäuschte als 20. mit 115 getroffenen Scheiben. Gold gewann im Stechen der Amerikaner Vincent Hancock. Ralf Schumann will übrigens bis London 2012 weitermachen und dann mit Gottes Hilfe als 50-Jähriger doch noch seine vierte Goldmedaille gewinnen.
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