Doping: Deutsches Ski-Team "in Aufruhr" - Das sagt Frenzel
Sotschi – Aus Sicht von Kombinations-Olympiasieger Eric Frenzel ist der Dopingverdacht gegen ein Mitglied der deutschen Olympiamannschaft "eine riesen Überraschung mit einem ganz schönen Hammer". Gegenüber dem ARD-Hörfunk sagte Frenzel, er sei überrascht, dass es "so etwas geben kann", da das deutsche Doping-Kontrollsystem "viel zu gut" sei.
Frenzel: "Daher hat es uns schon erst mal ein bisschen die Füße vom Boden gezogen." Wer so etwas mache, sei "blind oder versucht ignorant irgendetwas zu umgehen. Das kann nicht gut gehen." Das Team sei etwas in "Aufruhr", warte aber gespannt die weiteren Untersuchungs-Ergebnisse ab.
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Ein Mitglied der deutschen Olympiamannschaft ist in die erste Dopingaffäre der Olympischen Winterspiele in Sotschi verwickelt. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) bestätigte am Freitag, dass er "am Donnerstagabend um 21.30 Uhr vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) informiert worden" sei, dass "die A-Probe bei einem Mitglied der deutschen Olympiamannschaft ein von der Norm abweichendes Ergebnis erbracht hat."
Die Öffnung der B-Probe und die Anhörung vor der IOC-Disziplinarkommission seien für den heutigen Freitag vorgesehen. Danach werde der Chef de Mission Michael Vesper über den Stand des Verfahrens informieren. Um welchen Sportler oder welche Sportlerin es sich handelt, teilte der DOSB nicht mit.
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Nach SID-Informationen ist ein Athlet oder eine Athletin aus dem Langlauf- oder Biathlon-Bereich betroffen. Bestätigungen dafür gab es dazu am Freitag zunächst weder vom DOSB, noch von den betreffenden Fachverbänden. Nach ARD-Informationen könnte es sich bei dem gefundenen Mittel um ein Stimulans handeln.
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Eine IOC-Sprecherin bestätigte auf SID-Anfrage die Darstellung des DOSB. Bis zum Abschluss der Untersuchungen werde es keine weiteren Stellungnahmen des IOC geben. Die B-Probe wird nach SID-Informationen am Freitagnachmittag geöffnet. Ob es danach eine weitere offizielle Verlautbarung des DOSB geben wird, ließ der Dachverband auf Anfrage offen.
"Ich bin geschockt. Ich bin sehr überrascht über diese Information", sagte Kombinations-Olympiasieger Eric Frenzel dem SID. Hermann Weinbuch, der Bundestrainer der Kombinierer, sagte dem SID: "Ich bin total geschockt."
Bislang war die Ausbeute der Dopingjäger bei Olympischen Spielen traditionell eher gering. In Vancouver 2010 hatte es einen positiven Fall gegeben. Der slowakische Eishockey-Spieler Lubomir Visnovsky war mit der Stimulans Pseudo-Ephedrin erwischt worden. Zuvor in Turin (2006) und Salt Lake City (2002) waren es je sieben Fälle gewesen. In Nagano (1998), Lillehammer (1994) und Albertville (1992) ging ebenfalls kein Sportler ins Netz der Dopingjäger.
Bei den Winterspielen 1972 in Sapporo war Eishockeyspieler Alois Schloder als bisher einziger Deutscher bei Winterspielen positiv getestet worden. Bei ihm wurde das Stimulanzmittel Ephedrin nachgewiesen. Allerdings wurde er wenig später vom Eishockey-Weltverband IIHF freigesprochen, weil er von einem Teamarzt ein Mittel bekommen hatte, in dem Ephedrin enthalten war. Seine Sperre wurde aufgehoben, er stand bereits im April 1972 bei der WM wieder im Kader der deutschen Nationalmannschaft. Somit ist Schloder nicht Dopingsünder sondern Dopingopfer.
Von einer fünftägigen Schutzsperre betroffen waren Evi Sachenbacher-Stehle und elf weitere Sportlerinnen während der Spiele 2006 in Turin. Damals waren ihre Hämoglobinwerte zu hoch. Zu einer weiteren Sperre kam es damals nicht. Sachenbacher-Stehle, die damals im Langlauf startete, ist in Sotschi im Biathlon dabei.
In Sotschi testet das IOC angeblich so intensiv wie nie zuvor bei Winterspielen. Insgesamt soll es bei den Spielen 2453 Kontrollen geben, davon 1944 Urin- und 509 Bluttests. Auf eine Initiative des neuen IOC-Präsidenten Thomas Bach war auch die Anzahl der Trainingskontrollen vor den Spielen massiv erhöht worden. Unter anderem war dabei die russische Biathletin Irina Starych ins Netz gegangen.
Das von der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA akkreditierte Labor, in dem die Proben der Sotschi-Spiele analysiert werden, steht im Olympia-Park. Die Federführung für das Labor haben Wissenschaftler aus dem Moskauer Doping-Labor übernommen, das im vergangenen Jahr vom IOC noch stark kritisiert worden war. "Wir haben mittlerweile volles Vertrauen", hatte Arne Ljungqvist, Chef der Medizinischen Kommission des IOC, vor wenigen Tagen gesagt.