„Don Quichotte beim Eishockey“

Am Freitag beginnt der Deutschland-Cup in München. Hier erklärt Bundestrainer Uwe Krupp, warum seine Sportart an Aufmerksamkeit verloren hat und wie dies wieder zu ändern ist.
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Uwe Krupp hat es als Trainer der Eishockey-Nationalmannschaft nicht leicht.
dpa Uwe Krupp hat es als Trainer der Eishockey-Nationalmannschaft nicht leicht.

Am Freitag beginnt der Deutschland-Cup in München. Hier erklärt Bundestrainer Uwe Krupp, warum seine Sportart an Aufmerksamkeit verloren hat und wie dies wieder zu ändern ist.

AZ: Herr Krupp, jetzt steigt in München der Deutschland-Cup, eine Chance für das deutsche Eishockey, das in den letzten zwanzig Jahren in der öffentlichen Wahrnehmung ins Abseits geraten ist.

UWE KRUPP: Das stimmt, und dafür gibt es Gründe. Das hat mit der Ligen-Struktur zu tun und der untergeordneten Rolle, die die deutschen Spieler in den Vereinen, in der DEL, noch spielen. Das führt zu einem Identifikationsverlust der deutschen Fans mit dem Eishockey. Das ist ein ganz schweres Thema.

Konkreter bitte!

Nehmen Sie mich. Wenn ich als junger Spieler in Köln mich gegen zehn ausländische Spieler hätte durchsetzen müssen, hätte ich nie gespielt. Ich hätte es nie im Eishockey zu was gebracht, hätte nie den Stanley-Cup gewonnen. Unsere deutschen Spieler sind im täglichen Kampf um Eisminuten mit Spielern aus Nordamerika, die auf höchstem Niveau unter besten Bedingungen ausgebildet wurden. Dieses Umfeld ist nicht produktiv für unsere Spieler. Das ist wie bei Don Quichotte, der gegen übermächtige Gegner antritt. Nur hat er diese Gegner im eigenen Verein.

Sie klingen fast wie Handball-Bundestrainer Heiner Brand.

Der Heiner hat doch paradiesische Voraussetzungen! Wenn ich seinen Kader sehe, der hat alle meine Eishockeyspieler! Die sind groß, dynamisch, schnellkräftig, mit Spielwitz. Alles Attribute, die man beim Eishockey gut brauchen kann. Ich habe kürzlich mit dem Stefan Kretzschmar Fußball gespielt – ich sagen Ihnen, der hätte beim Eishockey sehr, sehr, sehr viel Geld verdient. Heiner, Basketball-Bundestrainer Dirk Bauermann und ich, wir versuchen doch alle, die gleichen Jungs zu unserem Sport zu bringen. Alle gehen zum Fußball, und wir kämpfen um all die, die zu groß für Fußball sind oder zu wenig Gefühl im Fuß haben.

Wie enttäuschend war für Sie persönlich die WM 2009, als Ihr Team nur deswegen nicht abstieg, weil man als Gastgeber der WM 2010 gesetzt ist?

Diese WM war ein Realitätscheck, der vielleicht zum richtigen Zeitpunkt kam. Wir leben in einer Welt, in der hier viele denken, dass wir besser sind als wir eigentlich sind. Die DEL ist ja fest überzeugt, dass wir eine Topliga sind. Schaut man sich dann die Ergebnisse, die wir in der Champions League erreichen oder mit der Nationalmannschaft, sieht man, wo die Wahrheit liegt. Wir haben in Deutschland Erwartungen, die unrealistisch sind. Wir sehen jedes Wochenende in jeder Liga, dass Mannschaften andere Teams besiegen, die in der Tabelle weiter unten stehen. Das ist normal. Wenn das aber der Nationalmannschaft passiert, reden wir von einer verkorksten WM, von einem Dilemma. Die Wahrheit ist aber, dass die Nationalmannschaft darum kämpfen muss, dass ihr die Liga auch nur einen einzigen Tag zur Vorbereitung zugesteht Das sind die Zustände.

Klingt als sei das eine ziemliche Sisyphos-Arbeit.

Die Stärke der deutschen Mannschaft ist nicht unbedingt in Lauffähigkeit und Schusshärte messbar. Unsere Stärken sind die Diszipliniertheit, die Größe des Kämpferherzens. Es wird ja immer gefragt, wie groß ist der Kader. Dann heißt es um die 40 Spieler. Wenn man ehrlich ist, ist es aber so, dass wir in Deutschland sicher keine 40 Spieler haben, mit denen du bei einer A-WM bestehen kannst. Und solange die Nachwuchsarbeit weiter nur von fünf, sechs Vereinen betreiben wird, wird sich daran auch nichts ändern.

Macht’s noch Spaß?

Ich bin stolz, mit diesen Jungs zusammenzuarbeiten. Ich arbeite mit dem, was ich habe. Wenn ich das nicht mehr mag, fliege ich morgen nach Hause. Aber ich habe mein Wort gegeben, dass ich bin 2010 weitermache. Danach sieht es auch aus. Über das Danach zu reden, wäre schlechter Stil.

Interview: Matthias Kerber

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