Dominik Kahun: "Ich lebe meinen Traum - ich bin mittendrin"
München - AZ-Interview mit Dominik Kahun. Der deutsche Nationalstürmer spielte von 2014 bis 2018 beim EHC Red Bull München, dann wechselte er in die NHL zu den Chicago Blackhawks. In der kommenden Saison spielt der 24-Jährige für die Pittsburgh Penguins.
Dominik Kahun: Wechsel zu den Pittsburgh Penguins
AZ: Herr Kahun, erst der EHC Red Bull München, dann der Sprung über den Großen Teich in die NHL zu den Chicago Blackhawks, wo Sie eine tolle Saison spielten – und dann der überraschende Trade zu Liga-Konkurrent Pittsburgh Penguins: Wie groß war die Überraschung?
DOMINIK KAHUN: Schon groß, da es vorher nie ein Thema war, dass man mich vielleicht abgeben würde. Aber so ist die NHL, man weiß nie genau, was am nächsten Tag passiert. Die Blackhawks haben mir danach erklärt, dass sie unbedingt einen Verteidiger brauchten, und Pittsburgh wollte wiederum mich unbedingt haben, so kam es zu dem Trade. Entscheidend ist nicht unbedingt, wo man in der NHL spielt, sondern, dass man da spielt. Aber ich Freude mich jetzt richtig auf Pittsburgh. Als ich klein war, war ich immer Fan der Penguins.
Das dürfte an Ihrem großen Idol Jaromir Jagr liegen, der von 1990 bis 2001 für Pittsburgh gespielt hat. Und den Sie als kleiner Bub mal getroffen haben.
Absolut. Er ist einer meiner Helden, das war ein tolles Team, als er und Mario Lemieux zusammen dort gespielt haben. Jetzt hat Pittsburgh mit Sidney Crosby einen der absoluten NHL-Superstars in seinen Reihen. Er hat mir gleich nach dem Trade geschrieben: "Willkommen bei uns!" Auch in den letzten Wochen waren wir immer wieder in Kontakt, er hat mich gefragt, ob ich schon eine Wohnung gefunden habe und dass er mir sonst dabei helfen würde. Ich war bisher noch gar nicht in Pittsburgh, werde aber bald zusammen mit meiner Freundin rüber gehen.
Haben Sie sich schon bei Nationalmannschaftskollege Tom Kühnhackl informiert, der von 2016 bis 2018 in Pittsburgh spielte und zwei Mal dem Stanley Cup geholt hat?
Nein, habe ich noch nicht. Gute Idee. Das sollte ich tun, hätte ich auch dran denken können.
Man sieht, Interviews haben manchmal ihren Wert für den Befragten.
(lacht) Kommt vor.
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Leben in den USA: Von DEL zu NHL
Wie schwierig war die Umstellung von der DEL auf die NHL?
Allein sich an die Geschwindigkeit und die kleinere Eisfläche zu gewöhnen, hat so zwei, drei Wochen gedauert. Aber dann ging es gut. Ich hatte als Kind immer den Traum, in der NHL zu spielen. Ich lebe diesen Traum, meinen amerikanischen Traum, bin mittendrin. Mein erstes Spiel, mein erstes Tor in der NHL, das sind so unglaubliche Erinnerungen und Gefühle. Ich arbeite hart daran, dass mein Traum noch lange am Leben bleibt. Die Leute sehen ja immer nur die Erfolge, aber nicht, wie viel Arbeit dahintersteht. Wenn man in der NHL kein Superstar ist, weiß man nie, was der nächste Tag bringt. Man hat immer das Gefühl, dass man nur ein schlechtes Spiel, ein paar schlechte Trainings davon entfernt ist, dass der Traum platzt. All das gehört zum Leben in der NHL auch dazu.
Was sind die nächsten Ziele, die sich selbst gesetzt haben?
Ich bin sehr hart zu mir selber, bin fast nie zufrieden, ich bin mein härtester Kritiker. Mein Ziel ist es, dass ich jeden Tag ein bisschen besser werde als am Tag davor Das ich meine Einstellung.
Wie kamen Sie mit dem Leben in den USA zurecht?
Das ist eine gute Frage. Schon gut, aber wir sind als Eishockeyspieler so viel unterwegs, dass man gar nicht so leicht heimisch wird. Es war nicht immer leicht, weil meine Freundin noch nicht mit drüben war. Wenn man dann nach Hause gekommen ist, war die Wohnung dunkel und still. Es war niemand da. Gerade, wenn es mal nicht so läuft, tut es schon gut, wenn daheim jemand da ist, mit dem man reden kann, der einen auffängt. Ich habe mir öfter Fußball im Fernsehen angeschaut, weil ich ein großer Fan bin – oder habe an der Xbox Fußball gespielt. Chicago ist eine tolle Stadt gewesen. Aber was man sagen muss: Der Verkehr ist schlimm. München ist ja schon hart, aber nichts im Vergleich zu Chicago.

Freunde und Kameraden aus Deutschland
Sie sprachen Fußball an, Sie trafen sich öfters mit Ex-Bayern-Star Bastian Schweinsteiger, der bei Chicago Fire spielt.
Das stimmt, er ist ein toller Kerl, wir haben uns ein paar Mal auf einen Kaffee getroffen, er hat auch bei unseren Spielen vorbeigeschaut. Ich kenne seinen Bruder Tobias ja schon länger, der war ja oft in München bei den Red Bulls.
Wie angesehen sind deutsche Spieler in der NHL? Hat der Gewinn der Silbermedaille der deutschen Mannschaft bei Olympia 2018 etwas bewirkt?
Am Anfang schon, da wurde man immer wieder darauf angesprochen, aber das Interesse hat sich wieder etwas gelegt. Ich will nicht sagen, dass man belächelt wird als deutscher Spieler, das wäre falsch, aber es ist auch nicht so, dass alle gleich begeistert sind, wie es ist, wenn ein Russe oder Schwede kommt. Wir haben sehr gute Spieler mit Leon Draisaitl, mit Moritz Seider, der an sechster Stelle von Detroit gedraftet wurde. Da hat sich schon sehr viel getan.
Wie viel Kontakt haben Sie eigentlich noch zu Ihren alten Kameraden vom EHC?
Viel. Mit einigen schreibe ich fast täglich. Wann immer ich eine Chance habe, schaue ich mir die Spiele des EHC auch live im Fernsehen an oder verfolge es im Liveticker. Ich bin ja jetzt gerade in München, die Red Bulls haben sich wirklich sehr gut verstärkt, das sind tolle Spieler. Und Mannheim, die ja München den Titel abgenommen haben, sind auch sehr stark aufgestellt. Ich denke, dass es in der neuen Saison wieder auf einen Zweikampf hinauslaufen kann und wird.
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