Djokovic kämpft del Potro nieder
Novak Djokovic gewinnt das hochklassige Halbfinale gegen Juan Martin del Potro und steht zum zweiten Mal nach 2011 im Endspiel von Wimbledon. Dort trifft er am Sonntag entweder auf Andy Murray oder Jerzy Janowicz.
London – Als Novak Djokovic nach einem Tennis-Krimi der Extraklasse ins Wimbledonfinale eingezogen war, verbeugte sich sogar der „Hausherr“. „Das war seine erste große Herausforderung“, sagte Boris Becker, der den Centre Court einst als sein Wohnzimmer bezeichnet hatte, „doch er hat wie ein Champion reagiert: Wenn es darauf ankommt, spielt Djokovic sein bestes Tennis“.
Im Halbfinale gegen Juan Martin del Potro kam es über 4:43 Stunden darauf an – und der Wimbledonsieger von 2011 bestand die Prüfung. In einem atemberaubenden Match setzte sich Djokovic mit 7:5, 4:6, 7:6 (7:2), 6:7 (6:8), 6:3 durch. „Das war eines der besten Matches, an dem ich jemals mitwirken durfte“, sagte Djokovic nach dem längsten Wimbledon-Halbfinale der Geschichte: „Es war so eng, es war so aufregend. Ich bin einfach nur stolz, durchgekommen zu sein.“
Der 26-Jährige lobte auch seinen Gegner: „Er hat gezeigt, warum er ein Grand-Slam-Champion ist. Immer, wenn es eng war, kam er mit unglaublichen Schlägen.“ In seinem zweiten Endspiel an der Londoner Church Road trifft der Weltranglistenerste am Sonntag auf den britischen Hoffnungsträger Andy Murray oder Überraschungsmann Jerzy Janowicz aus Polen.
Wenn Sabine Lisicki im Damenfinale am Samstag um den Einzug in den Tennis-Olymp spielt, muss Djokovic versuchen, wieder zu Kräften zu kommen. Denn der tapfere del Potro forderte den Serben trotz Schmerzen im Knie, der Hüfte und dem Rücken wie es in diesem Jahr noch keinem Spieler im All England Club gelungen war. Bis zum Halbfinale hatte Djokovic noch keinen Satz abgegeben. Er überwand die Hürde Tommy Haas im Achtelfinale, ohne Schaden zu nehmen, und gab sich auch gegen den früheren Wimbledonfinalisten Tomas Berdych keine Blöße.
Er habe das Gefühl, sagte Djokovic später, das beste Rasentennis seiner Karriere zu spielen, er sei sogar besser in Form als bei seinem Triumph vor zwei Jahren. Eine selbstbewusste Ansage, die Djokovic gegen den früheren US-Open-Champion del Potro eindrucksvoll unterstrich. Auch del Potro, der 1,98 Meter-Riese aus Südamerika, der ehrfürchtig „Turm von Tandil“ genannt wird, war ohne Satzverlust ins Halbfinale eingezogen.
Auch er spielte das beste Rasentennis seines Lebens, sodass sich ein denkwürdiges Match entwickelte. „Es gibt kaum Worte, das zu beschreiben, was wir hier geboten bekommen“, sagte BBC-Experte Boris Becker.
Mit ihren mächtigen Grundschlägen scheuchten sich Djokovic und del Potro über den Court, griffen an, konterten und rangen mehr als vier Stunden lang um die Oberhand in der Olympia-Ravanche. Im vergangenen Jahr hatte del Potro in Wimbledon die Bronzemedaille gegen Djokovic gewonnen, nun setzte sich der sechsmalige Grand-Slam-Champion durch.
Neben seiner einzigartigen Beinarbeit und Athletik beeindruckte Djokovic mit seiner mentalen Stärke. Zwei Matchbälle hatte er bereits im Tiebreak des vierten Satzes, doch del Potro schlug mit vier Punkten in Folge zurück. Das Momentum musste ihm gehören, da waren sich die Zuschauer sicher. Nur Djokovic spielte und kämpfte scheinbar ungerührt von allen äußeren Einflüssen weiter und verwandelte schließlich Matchball Nummer drei.