„Dirndl? Nie mehr!“
Die 20-jährige Rodel-Europameisterin aus Miesbach spricht im AZ-Interview über Kleider, Shopping und gute Laune nach dem Rücktritt einer Kollegin.
Frau Geisenberger, in der letzten Zeit ging es ja ziemlich rasant bergab mit Ihnen.
NATALIE GEISENBERGER: Und wie. Wir haben auf der Olympia-Bahn von Vancouver getestet. Wir waren ganz baff, als wir merkten, mit welcher Geschwindigkeit wir unterwegs waren. Ich hatte ein Spitzentempo von knapp 140. Ein traumhaft schöner Eiskanal.
Weniger schön war in den letzten Jahren bei den deutschen Rodlerinnen die Stimmung. Es gab zwar viele Erfolge, aber auch viel Gezicke.
Das ist jetzt ganz anders. Mit der Tatjana Hüfner und der Anke Wischnewski verstehe ich mich blendend, und mit der Steffi Sieger vom Königssee, meiner Zimmergenossin, habe ich ja auch noch jemand, der Bairisch spricht. Ist auch recht wichtig. So viel Spaß wie jetzt gab es noch nie.
Eine vom letzten Jahr ist ja auch nicht mehr dabei.
Richtig.
Daraus folgt, dass die Stimmung damit zu tun hat, dass Olympiasiegerin und Ex-Weltmeisterin Silke Kraushaar nicht mehr dabei ist.
Silke ist 18 Jahre älter als ich. Ganz normal, dass man da unterschiedliche Interessen hat. In dieser Saison verstehen wir uns alle sehr gut. Als wir in Kanada mal einen Tag frei hatten, sind wir vier Mädels rein in die Stadt und haben Vancouver unsicher gemacht. Das war eine Mordsgaudi, wir sind in ein Shopping-Center und haben alle miteinander eingekauft. Unser Auto war danach voll bis unters Dach.
Sie gehen gerne einkaufen?
Ja.
In Tracht sah man Sie aber bisher kaum, im Gegensatz zu anderen Sportlerinnen wie Magdalena Neuner, Amelie Kober oder Maria Riesch. Haben Sie sich zu Hause denn jetzt auch einmal ein Dirndl gekauft?
Ja. Für die Sportlerehrung im Landkreis Miesbach im Bauernhofmuseum vom Markus Wasmeier. Da kommen fast alle in Tracht, also habe ich mich auch überreden lassen. Leider.
Hat’s nicht gepasst?
Gepasst schon, aber getaugt hat es mir nicht. Ich habe mich unwohl gefühlt. Ich und Tracht, ich glaub’, das wird nix mehr. Ein Dirndl? Nie mehr!
Wichtig ist ja, dass Sie auf dem Schlitten eine gute Figur abgeben. Allerdings sind Sie da jetzt nicht mehr das junge Nachwuchstalent, sondern schon mit die Favoritin.
Es hat sich einiges geändert. Die Leute und die Medien schauen jetzt viel mehr auf mich. Nach einer missglückten Fahrt hätte ich schon manchmal Lust, das Funkgerät durch die Gegend zu schmeißen und den Schlitten gleich hinterher. Doch das würde jetzt wohl nicht mehr nur dem Material schaden. Das würde man dann ja auch gleich überall lesen.
Wenig zu lesen gab es bisher von Ihrem Privatleben.
Das soll auch so bleiben.
Dafür hatte mal ein Klatschmagazin einen Bericht über Sie und Ihren Lebensgefährten, einen 37-jährigen Juwelier aus Holzkirchen.
Da hatte mir die „Bunte“ angeboten, eine Homestory zu bringen. Nach dem EM-Sieg. Zum Sportlichen war schon alles geschrieben, da musste ich also mal was Privates offenbaren.
An Hochzeit denken Sie aber noch nicht? Immerhin hätten Sie ja schon jemand, der gleich die Trauringe macht.
Nein, ich bin ja erst 20.
Muss ja nichts heißen.
Bei mir schon. Eine eigene Familie, das ist noch weit hin. Erst einmal steht Olympia in Vancouver an, 2010. Wenn München die Spiele 2018 bekommt, dann will ich da auch auf jeden Fall dabei sein. Olympia auf der Bahn am Königssee, das wäre ein Traum.
Bei einem Scheitern Münchens...
... fahre ich 2018 halt in Südafrika oder sonstwo. Wenn ich da noch Freude am Rennrodeln habe.
Und wenn nicht?
Ohne Spaß geht das nicht. Dann muss man es sein lassen. Aus, Ende, Feierabend.
Interview: Florian Kinast
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