"Dirk hat mich viel Schlaf gekostet"

Silke Nowitzki, Schwester und Managerin des ersten deutschen NBA-Champions, erinnert sich, wie sie einst im Hof mit ihrem kleinen Bruder Würfe geübt hat .
von  Thomas Becker
„Er war halt schon mit 13, 14 richtig groß“: Silke Nowitzki mit ihrem Bruder Dirk, dem NBA-Champion von den Dallas Mavericks.
„Er war halt schon mit 13, 14 richtig groß“: Silke Nowitzki mit ihrem Bruder Dirk, dem NBA-Champion von den Dallas Mavericks. © imago

Silke Nowitzki, Schwester und Managerin des ersten deutschen NBA-Champions, erinnert sich, wie sie einst im Hof mit ihrem kleinen Bruder Würfe geübt hat – und wie er zum Basketball kam

AZ: Frau Nowitzki, wie geht es Ihnen und der Familie nach dieser Nacht des Triumphes?

SILKE NOWITZKI: Wir sind natürlich voller Freude und Stolz – und noch ein bisschen müde, weil das war jetzt doch eine lange Playoff-Saison für uns. Jede zweite Nacht die Spiele! Dirk hat mich viel Schlaf gekostet! Manchmal habe ich nur den Schluss oder die zweite Halbzeit angeschaut, weil das mit Beruf und den Kindern zu viel wurde. Aber man ist auch in der Nacht immer unruhig und denkt: ,Wie steht’s denn wo?’ Aber dass das jetzt so für den Dirk geklappt hat... Es ist einfach eine wahnsinnige Zeit.

Wie haben Sie die Nacht von Miami erlebt? Ihre Eltern waren ja beim Public Viewing...

Ja, wir haben das für die Familie und Freunde im Verein organisiert, so 200 Leute haben live geschaut, eine super Stimmung. Ich war daheim bei meinen zwei kleinen Kids und konnte nicht weg. Später kam dann meine Mutter vorbei, und wir haben zusammen den Moment genossen. Ein paar Freunde kamen auch noch. Ja, das war ein großer Moment. Das dauert jetzt trotzdem, dass man überhaupt versteht, was los ist. Ich versuche immer, Artikel zu lesen, nochmal das Spiel anzuschauen, um diesen Moment festzuhalten. Weil: Es ist ja doch unglaublich. Es hat ja vor der Saison keiner damit gerechnet und auch der Mannschaft niemand zugetraut.

Da hört man ja deutlich noch die Sportlerin durch.

Total. Meine Eltern sind ja auch Sportler, und wir haben natürlich mitgekriegt, wie der Dirk die letzten Jahre immer alles für sein Team gegeben hat, wie viel Arbeit und Herzblut da drin steckt – da fiebert man natürlich mit. Für mich war es zum Teil schwierig hinzuschauen und für meine Nerven nicht leicht zu ertragen, weil viele Spiele knapp waren.

Und dann diese schlimme erste Halbzeit im sechsten Spiel, als er fast nichts traf...

Das war der Hammer! Und das in diesem wichtigen Spiel! Das tut einem schon weh anzuschauen. Aber zum Schluss hat er seine Würfe ja wieder getroffen. Das war schon nervenaufreibend. Ich muss ständig drüber reden, aber es ist ja auch schön! Dass wir das als Familie hautnah miterleben dürfen, ist ja der Wahnsinn.

Sind Sie auch ein bisschen Schuld an Dirks Karriere? Sie als vier Jahre ältere Schwester haben ja schon vor ihm Basketball gespielt...

Stimmt, ich hatte schon im Verein gespielt. Meine Mutter, auch Basketballerin, hatte mich da hingelotst. Wir hatten auch einen Basketballkorb im Hof. Aber so richtig kam er über die Schulmannschaft dran. Er war halt schon mit 13, 14 richtig groß, und da hieß es dann: ,Probier’s doch mal aus!’ Dann hat er mitgespielt, ist gleich super eingeschlagen.

Er kam ja vom Handball und vom Tennis...

Ja, hat er beides im Verein gespielt.

Gar nicht so einfach: vom Vollkontaktsport Handball zum eher körperlosen Basketball...

Ja, das und die Schrittfehler waren am Anfang seine Probleme. Aber durch seine Größe hatte er halt ein wahnsinniges Plus.

Und Sie haben dann mit ihm im Hof Bälle geworfen?

Ja, wir haben alles Mögliche im Hof gehabt: ein Handballtor, einen Basketballkorb, eine Tischtennisplatte. Sport war immer groß bei uns. Wir haben in einem Haus mit Tante, Onkel und deren Kids gewohnt – da war immer viel los, und wir haben alle Sportarten rundum ausprobiert.

Wie ist die Stimmung in Würzburg? Merkt man noch etwas oder war das nur in besagter Nacht so?

Mein Telefon hört seit ein paar Tagen gar nicht mehr auf zu läuten. Und die Nacht war Wahnsinn: ein Auto-Korso am frühen Morgen!

Wann hatten Sie Kontakt zu Ihrem Bruder?

Er hat direkt nach dem Spiel angerufen, später nochmal nach der ersten Party in Miami auf dem Weg zum Hotel und am Tag darauf nochmal in Ruhe. Davor war es doch immer ein bisschen verrückt. Er war völlig überwältigt davon, wie die Mannschaft in Dallas empfangen worden ist. Am Flughafen waren Tausende von Fans: echte Gänsehautmomente für ihn und die ganze Mannschaft.

Was nun alle deutschen Fans wissen wollen: Wann kommt er denn heim?

Das steht noch in den Sternen, hängt auch davon ab, ob er bei der EM in Litauen mitspielt und auch davon, ob der Lock-out in der NBA nun kommt oder nicht. Ich denke, dass er die nächste Zeit erstmal ein bisschen feiert mit der Mannschaft. Am Donnerstag ist ja die große Parade in Dallas geplant, und dann wird er zwei Wochen Urlaub am Strand machen. Danach kann man sehen. Er hat ja im Sommer hier auch Verpflichtungen, wird bestimmt hier sein – aber nicht in absehbarer Zeit.

Also wird aus seinem Einsatz für die TG Würzburg in der Tennis-Kreisklasse Anfang Juli wohl nichts werden?

Ich denke nicht. So konkret haben wir das noch nicht besprochen. Aber nach diesem Erfolg könnte das auch ein bisschen zu voll werden auf der Anlage.

Wann fällt denn die Entscheidung über den Lockout in der NBA?

Der momentane Vertrag der Spielergewerkschaft mit der NBA endet am 1. Juli, und offenbar liegen die Vorstellungen noch weit auseinander.

Davon hängt ja Dirks nahe Zukunft ab: die EM und ein Wechsel nach Deutschland...

Schwer abzusehen. Wenn in der NBA erst mal keine Saison ansteht, hätte er mehr Zeit für die EM. Er wird sich im Urlaub seine Gedanken machen.

Halten Sie einen Wechsel zum FC Bayern für realistisch?

Schwierig. Muss man sehen, wie sich der Lockout genau gestaltet. Beim letzten Lockout 1998 hat die NBA es den Spielern sehr schwer gemacht, woanders zu spielen. Insofern dürfte es auch diesmal für Dirk schwierig sein, in Deutschland zu spielen. Aber welche Vorschriften und Zwänge da rausspringen, muss man abwarten.

Sie sind nicht nur Dirks Schwester, sondern auch seine Managerin und Presseberaterin. So viel wie jetzt war noch nie los, oder?

Ja, aber viel schlimmer wäre es gewesen, wenn er verloren hätte. Da hätte ich die ganze Zeit nochmal leiden müssen, so kann ich mich nur freuen – und das ist ein sehr toller Job.

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