„Dieser Zirkus! Was Lindsey da veranstaltet, ist affig“

Siegfried Riesch, der Vater von Ski-Star Maria, ist genervt vom Gehabe der Amerikanerin Lindsey Vonn und stolz auf seine Töchter. Außerdem lobt er Marcus Höfl, Marias künftigen Gatten: „Ein Profi“
AZ: Herr Riesch, die Heim-WM hat für Sie ja perfekt angefangen. Gleich am ersten Tag hat Ihre Tochter Maria die erste Medaille geholt: Bronze im Super-G. Rhetorische Frage: Wie geht’s Ihnen?
SIEGFRIED RIESCH: Mir geht’s gut, aber die Maria ist gar nicht gut beinander. Eine Erkältung, sie fiebert ein bisschen. Es ist schon seit ein paar Tagen nicht so toll, auch in Zwiesel schon. Die ganze Saison hat sie nichts gehabt, und jetzt kommt er daher, der Mist. Sie war nach dem Super-G so fertig im Ziel. Als Außenstehender hat man das nicht so mitbekommen, aber es muss wohl ziemlich an die Grenze gegangen sein. Und jetzt die Abfahrtstrainings, am Freitag die Kombination, wo sie richtig gute Chancen hat, und am Sonntag die Abfahrt – das ist alles nicht so lustig.
Keine schöne Nachricht – und das nach dem tollen Auftakt mit Bronze.
Ja, das war natürlich super. Sie wird ja in jeder Disziplin zur Medaillenkandidatin hochgespielt – gut, das ist sie ja letztendlich auch –, aber im Super-G hat sie zuletzt vor drei Jahren gewonnen. Darum ist dieser dritte Platz schwer in Ordnung. Und es hat nicht so arg viel nach vorn gefehlt. Andererseits ist man auch schnell mal Fünfter.
Wie haben Sie das Rennen erlebt?
Ich saß auf der Tribüne und hab’ gedacht: Okay, jetzt ist sie Dritte, jetzt kommt die Lara Gut noch und die Lindsey Vonn – da kann’s schnell nur Platz fünf sein. Aber die Trainer haben immer gesagt, dass die Vonn auf diesen Eispisten nicht zu Hause ist. Und dieser Zirkus! Was Lindsey da veranstaltet, das ist ja affig.
Wie meinen Sie das?
Ich kenne die Lindsey schon seit acht, neun Jahren – und auch alle ihre taktischen Spielchen. Es ging letztes Jahr im Lauf der Saison los, dann bei Olympia diese Schuhrandprellung. Es gab aber noch viel mehr Situationen. In Lienz ist sie gestürzt, hatte den Arm in der Schlinge, sagte, er sei gebrochen – und dann war’s nur eine Prellung. Oder in Garmisch, als sie beim Riesenslalom gestürzt ist, hab’ ich sie am Parkplatz getroffen und man dachte, man muss ihr einen Rollstuhl unterschieben, so ist sie daher gekommen. Das Knie sei kaputt, sie fahre jetzt ins Krankenhaus – und am nächsten Tag hat sie den Super-G gewonnen. Das sind Sachen, da macht sie sich im ganzen Weltcup-Zirkus keine Freunde. Mittlerweile sind schon alle angefressen. Das ist einfach keine Art. Entweder hat man was, dann geht’s halt nicht, aber immer dieses Vorschieben und Vorentschuldigen und dann doch Top-Leistungen bringen...
Diesmal hat’s nur zu Platz sieben gelangt.
Aber das lag nicht am Kopf. Die Vonn braucht harte, aggressive Verhältnisse, aber wenn’s richtig eisig ist, ist sie nicht so gut. Die Maria ist dagegen im Weichen nicht so gut. Aber dazu muss man halt stehen. Nach dem Rennen sagte mir die Lindsey, ihr sei so schwindlig – und dann steht sie eineinhalb Stunden im Ziel und gibt Interviews. Lauter so Sprüche. In Zwiesel hat sie gesagt, nach dem halben Lauf habe sie sich nicht mehr ausgekannt, nicht mehr gewusst, wo sie ist – so was hat sie doch gar nicht nötig. Sie ist im Prinzip ja ein ganz lieber Mensch, aber ich glaube, dass ihr Mann, der Thomas Vonn, sie da auch ein bisschen polt. Oder in Cortina d’Ampezzo, wo sie als Dritte nicht zur Siegerehrung kommen wollte, weil sie nicht so lange warten wollte. So was macht man nicht. Das ist einfach unhöflich.
Solche Geschichten gibt es von Maria gottlob nicht. Sie wirkt sehr glücklich derzeit.
Auf jeden Fall. Sie hat schließlich auch schon miterlebt, wie es ist, wenn es nicht so läuft, wie vor zwei Jahren bei der WM in Val d’Isere. Zwei Wochen sind lang, und damals war sie in den Speed-Disziplinen einfach keine Medaillenkandidatin. Da hatte sie nicht so wie heuer dieses Sommertraining in Chile. Wenn man da 30 Mal runter gefahren ist, steht man bei den ersten Abfahrtsrennen in Lake Louise ganz anders am Start. Und das sieht man bei ihr heuer.
Wie angespannt war sie vor dem ersten WM-Rennen?
Schon sehr. Durch diese Verzögerung beim Weltcup in Zwiesel wurde alles sehr hektisch. Für Sonntagabend waren noch Termine angesetzt, und auch am Montag saß sie nicht da und hat Däumchen gedreht, da hatte sie noch zig Termine vor der Eröffnungsfeier. Und dienstags nach dem Rennen ging’s wieder weiter mit den Terminen.
Klopfen Ihnen die Nachbarn jetzt ständig auf die Schulter?
Als ich zur Siegerehrung in den Kurpark wollte, hab’ ich so 500 Meter entfernt geparkt – und da musste ich unterwegs schon viele Hände schütteln. Die Stimmung im Ort ist schon super, aber ich glaube, das wird nun noch ein bisschen Fahrt aufnehmen.
Wie hat Susanne, Ihre andere Tochter, die erste Medaille ihrer Schwester erlebt?
Die konnte das Rennen nicht sehen, weil sie in Mittenwald trainiert hat. Sie war total happy: zehn Läufe und nur einmal ausgeschieden. Sie ist heuer noch auf der Suche nach der richtigen Form. Die Maria sagt auch, dass die Susanne ihr Potenzial noch nicht abgerufen hat. Jetzt ist sie ein bisschen hintendran, aber das kann schnell gehen.
Wie oft sehen Sie Ihre Töchter überhaupt? Beide haben eigene Wohnungen in Garmisch und einen Termin nach dem anderen.
Die Maria sehen wir eigentlich nur zu öffentlichen Anlässen und im Kurpark, wo sie diesen „Marias Corner“ hat. Oder mal schnell unten im Zielraum, da haben wir so eine Akkreditierung, dass wir zu ihr können, auf eine schnelle Gratulation – oder zum Trösten, falls es notwendig ist.
Komisches Gefühl: Heim-WM – und man sieht die eigene Tochter fast gar nicht.
Jeder zerrt an ihr rum. Das ist halt so, das gehört zum Geschäft. Besser so als wenn sich keiner interessieren würde.
Mit Bald-Ehemann Marcus Höfl hat sie ja tatkräftige Unterstützung.
Der coacht sie auch richtig. Wenn die Maria beim Fernsehen steht, ist er mit Ohrhörer angeklinkt. Der ist halt ein Profi. Die Maria hat sich gegenüber den Medien immer gut präsentiert, aber es gibt immer eine Steigerung. Jeder sagt, dass sie auch etwas zu sagen hat, wenn sie spricht. Wenn ich da so manch andere Mädels ins Mikrofon reinsäuseln höre... Die Außendarstellung ist schon wichtig. Auch „Sportler des Jahres“ oder die Geschichte mit der Stephanie zu Guttenberg: Finde ich toll, dass sie die Möglichkeiten hat, da mitzumachen.
Nun steht aber wohl ein Umzug nach Kitzbühel an...
Das Problem ist, dass der Marcus seine ganze Geschäftskonstellation da angesiedelt hat – und das würde sehr viel Geld kosten, wenn er von Österreich weggehen würde. Es könnte also Richtung Kitzbühel gehen. Aber selbst wenn’s so kommt: Mei, die Tochter eines Freundes lebt in Neuseeland. Die Maria hätte ja auch irgendeinen norwegischen Skifahrer daher ziehen können.