Die Zerreißprobe
Der Weltverband will die Formel 1 zum Sparen zwingen – mit Einheitsmotoren und Einheitsbenzin. Die Teamchefs haben gute Gründe, das abzulehnen. Die Zukunft der Rennserie steht auf dem Spiel.
GENF Es ging um nichts weniger als die Zukunft der Formel1. Kein Wunder, dass Luca di Montezemolo angespannt wirkte, als er gestern in Genf zusammen mit Toyota-Teamchef James Howett dem FIA-Präsidenten Max Mosley die Pläne der Rennställe zum Kostensparen präsentierte.
Ferrari-Chef Montezemolo, derzeit auch Präsident der Formel-1-Teamvereinigung Fota, musste Mosley freundlich, aber bestimmt klar machen, dass die Fota nicht einverstanden ist mit Mosleys neuesten Ideen. Ganz und gar nicht einverstanden. Schon vorm letzten Rennen in Shanghai hatten Howett und Toyota offen mit Rückzug gedroht, sollte Mosley seine Pläne an den Teams vorbei durchsetzen. Auch BMW und Mercedes drohten schon – etwas verklausulierter – mit dem Ende ihres Formel-1-Engagements.
In Shanghai trafen sich die Fota-Mitglieder und verabschiedeten eine gemeinsame Resolution; das gab es noch nie in der Formel 1. „Die Tatsache, dass wir alle uns einigen und auf einen gemeinsamen Vorschlag verständigen konnten, große und kleine Teams, deutsche, italienische und japanische, ist in der Formel 1 eine Novität“, sagte BMW-Motorsportboss Mario Theissen.
Es stand also viel auf dem Spiel in Genf. Die Formel 1 ist in der Krise, nicht erst, seit wegen der weltweiten Finanzkrise auch die Rennställe Angst haben müssen, ihre aufgeblähten Etats (bis zu 450 Millionen Euro pro Jahr) nicht mehr refinanzieren zu können. Die Serie muss sparen. Zu langweilig scheint sie zudem geworden zu sein, weil die Fahrer wegen der komplexen Aerodynamik der Boliden kaum mehr überholen können, eine zu schlechte Umweltbilanz hat die Formel 1 sowieso. Faktoren, die das Image ramponieren und geändert werden sollen. Und darum gibt es Streit. Zwischen der FIA, Mosley und Bernie Ecclestone auf der einen Seite und den Teams auf der anderen. Darum ging es in Genf:
Einheitsmotoren: Wenn es nach Mosley ginge, würde schon 2010 in jedem Boliden der gleiche Motor stecken. Entwickelt von einer unabhängigen Firma, zusammengebaut von den in der Formel 1 aktiven Herstellern. Dafür dürften sie dann auch ihre Logos auf den Motor kleben. „Das ist mit uns nicht zu machen", erklärte Howett schon stellvertretend für alle. „Wir können es den Kunden nicht verkaufen, wenn in einem Toyota kein Toyota mehr steckt.“
Zwar haben Formel-1-Motoren nur sehr wenig mit Triebwerken für normale Autos zu tun, aber imagemäßig wäre der Einheitsmotor verheerend. Und: Auch der neue Motor erst einmal kostenintensiv entwickelt werden. Außerdem sind auch die derzeit verwendeten Motoren ziemlich günstig für die Teams, seit mehr als einem Jahr dürfen sie schließlich nicht mehr weiterentwickelt werden. „Allein dadurch haben wir schon sehr viel eingespart“, erklärt Theissen, „ich glaube auch, dass wir die jetzigen Motoren so standfest machen können, dass sie über mehrere Rennen hinweg eingesetzt werden können.“ Die Rede ist von mindestens fünf Rennen, bisher sind es zwei. Vermutlich haben die Werke den Privatteams zusätzlich versprochen, die Leihgebühren für die Kundenmotoren deutlich zu reduzieren.
Einheitliches Benzin: Auch das ist eine Idee Mosleys, die bei den Teams auf wenig Gegenliebe stößt. Schließlich werden die Teams alle von Mineralölkonzernen gesponsert, die hochwirksamen Treibstoffe kosten sie also nichts. Bei BMW ist Treibstofflieferant Petronas sogar der Hauptsponsor. Zudem kommt die Entwicklung der Formel-1-Treibstoffe auch normalen Autofahrern zu Gute. So tanken die Ferraris etwa einen Shell-Treibstoff, den es bereits an der Tankstelle gibt.
Budget-Obergrenze: Der so genannte Budget-Cap ist ein bisschen so etwas wie Theissens Lieblingsspielzeug. „Ich glaube, dass wir so am meisten erreichen können“, sagt er, „jeder darf nur die maximale Summe X ausgeben, wer am besten wirtschaftet und am günstigsten und effektivsten entwickelt, hat einen Vorteil.“ Bisher stieß diese Idee vor allem bei Toyota und Ferrari auf Widerstand. „Ich bin zuversichtlich, dass wir das Thema wieder auf die Tagesordnung bringen können“, sagt Theissen jetzt.
Aerodynamik: Bereits beschlossen ist die deutliche Beschneidung der Aerodynamik. Teure Experimente mit Frontflügeln, Heckspoilern, Motorabdeckungen, Haifischmäulern usw. sind ab nächster Saison nicht mehr möglich. Durch die Wiedereinführung der profillosen Slick-Reifen soll zudem das Überholen wieder erleichtert werden. Das gefällt Fahrern und Fans. Doch Fernando Alonso, der zweimalige Weltmeister, warnt vor zu viel Gleichmacherei: „Gemeinsame Motoren, gemeinsames Benzin, gemeinsame Reifen, gemeinsame Aerodynamik: Natürlich würde es dann wieder mehr auf den Fahrer ankommen als jetzt. Aber irgendwann reicht es auch: Wir sind immer noch die Formel 1!“
Filippo Cataldo
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