Die Vorsicht siegt

Wladimir Klitschko schlägt seinen Widersacher Rahman souverän, aber ohne Vernichtungswillen.
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Diese Rechte traf ihr Ziel: Wladimir Klitschko bei seinem ungefährdeten Sieg gegen Hasim Rahman.
Rauchensteiner/Augenklick Diese Rechte traf ihr Ziel: Wladimir Klitschko bei seinem ungefährdeten Sieg gegen Hasim Rahman.

Wladimir Klitschko schlägt seinen Widersacher Rahman souverän, aber ohne Vernichtungswillen.

MANNHEIM Der Inszenierung einer spektakulären Show aus Schauspiel, Lichteffekten, Operntenören und Faustkampf hat nur der klassische Knockout gefehlt. Sonst wäre es perfekt gewesen. Michael Mendl dramatisierte in einem Monolog die Einsamkeit des Boxers im Ring. Das Quartett "El Divo" stimmte mit „The winner takes it all" 12000 Zuschauer in der Mannheimer SAP-Arena und 10,29 Millionen RTL-Gucker vor dem Fernseher auf die Weltmeisterschaft im Schwergewicht ein. Wladimir Klitschko traktierte 18 Minuten und 44 Sekunden lang mit 134 linken Treffern den Kopf von Hasim Rahman.

Einer Randfigur war die letzte Szene vorbehalten. Tony Weeks (51) warf sich schützend vor den chancenlosen Herausforderer und breitete die Arme über dem noch stehenden Amerikaner aus. Schluss der Vorstellung.

Ein Showverderber? Der Ringrichter aus Las Vegas ließ es nicht zu, einen 36-jährigen Familienvater der Schaulust des Publikums und dem K.o-Ruhm von „Dr.Steelhammer“ zu opfern. Sieger durch Technischen K.o. nach 44 Sekunden der siebten Runde. Das T mag den KO schmälern, nicht aber die Eindeutigkeit des Sieges.

In der sechsten Runde hatte Wladimir Klitschko (32) mit drei linken Haken in Folge an die rechte, von Narben gezeichnete Gesichtshälfte Rahmens geschmettert. Der Ex-Weltmeister sackte zu Boden. Die stoische Sitzhaltung ließ argwöhnen, er würde nicht den Ehrgeiz haben, vor dem „Zehn“ wieder aufzustehen. Doch Rahman stellte sich dem Vernichtungskampf, offenbar darauf hoffend, dass ihm noch einmal dieser „lucky punch", dieser rechte Schwinger gelingen möge, mit dem er vor siebeneinhalb Jahren Lennox Lewis umgehauen hatte. Insgesamt viermal hatte der Ex-Weltmeister dazu ausgeholt, aber nur Luftlöcher geschlagen. In der Pause zur siebten Runde fragte ihn der Ringrichter: „Willst Du weitermachen?“ Er habe ihm dann klargemacht, berichtete Weeks: „Wenn du weiterhin solche schweren Schläge einsteckst, werde ich den Kampf abbrechen.“ Gesagt, getan.

Rahman bezog fast die ganze dritte Runde lang Stellung am Seil hinter einer Doppeldeckung. Er hörte weder auf den Buh-Protest des Publikums noch auf das Geschrei aus seiner Ecke, „move, move, get off the ropes" (beweg dich, geh weg vom Seil!). Rahman schien mehr auf Klitschkos K.o.-Treffer als auf den eigenen Glücksschlag zu warten. „Er war frustriert", meinte Klitschkos Trainer Emanuel Steward, „weil er nicht an Wladimir rankam. Mit Alis alter Rope-a-dope-Taktik wollte er Wladimir verleiten, sich müde zu schlagen." Wie George Foreman im „rumble of the jungle" 1974 in Kinshasa. „Doch Wladimir", sagte Steward, „hat intelligent geboxt, seine Reichweite und nur seinen Jab genutzt.“ Die Vorsicht war größer als der Vernichtungswille. „Cool bleiben, abwarten", sagte Klitschko über seine Taktik. „Ich war mal konsequent, mal vorsichtig, mal locker." Die Boxwelt muss sich damit abfinden, dass die Klitschkos das Schwergewicht total dominieren.

Hartmut Scherzer

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