Die Ski-Rivalen von GAP: „Wie bei Bayern und 1860“
Garmisch und Partenkirchen trennte mal mehr als eine Wiese. Auch wenn die Ortsteile längst zusammengewachsen sind, so wollen die Präsidenten der beiden Sportklubs doch von einer Fusion nichts wissen.
AZ: Herr Fischer, Herr Maurer, kennen Sie den? Warum sagt ein Partenkirchener jedem Touristen, dass die schönste Bergtour in der Gegend auf den Schachen führt?
PETER FISCHER (SC GARMISCH): Weil man von dort aus Garmisch nicht sehen kann, ich kenn’s.
MICHAEL MAURER (SC PARTENKIRCHEN): Da kenn ich noch ganz andere. Wo der eine sein Radl mit einem Plattn auf Partenkirchen schiebt und er gefragt wird, warum er den Reifen nicht aufpumpt. Da sagt er: Ja, da müsst’ ich ja Garmischer Luft rein tun.
Garmisch und Partenkirchen, zwei Ortsteile und zwei Weltanschauungen?
FISCHER (GARMISCH): Ach, die Zwangsvereinigung unter den Nazis war 1935. Das ist 73 Jahre her. Wie könnte ich über Europa reden, wenn ich nicht einmal Garmisch und Partenkirchen zusammenbringe. Schauen Sie doch mal, was zwischen uns am Ortsschild steht. Ein Bindestrich.
MAURER (PARTENKICHEN): Kein Trennungsstrich!
FISCHER (GARMISCH): Ja, wir sind richtig zammgewachsen.
Aber das Zammwachsen war doch anfangs recht schwierig.
FISCHER (GARMISCH): Da hat Garmisch in der Mitte von der heutigen Fußgängerzone aufgehört, da wo jetzt das Trachtenhaus ist. Dann war Wiese, und drüben ist es wieder losgegangen mit dem Rathaus. Da gab es eine Trennung auch im Kopf der Leute.
In Berlin die Mauer, hier die Wiese.
FISCHER (GARMISCH): Heute gibt es die Grenze nicht mehr. Kein Mensch merkt mehr, wenn er von Garmisch nach Partenkirchen fährt und andersrum. Ich bin in Garmisch geboren, damals gab es noch zwei Krankenhäuser, eins drüben, eins bei uns. Heute gibt’s nur noch ein Klinikum, auf Partenkirchener Flur. Brutal gesagt, kannst du heute in Garmisch gar nicht mehr auf die Welt kommen. Es sei denn, du machst eine Hausgeburt.
MAURER (PARTENKIRCHEN): Ich bin froh, dass wir weggekommen sind von den Barrieren. Trotzdem finde ich die Eigenständigkeit weiter sehr wichtig. Bei Brauchtum, Kultur oder den Skivereinen wie uns. Wir sind so was wie Bayern und Sechzig in München, ihr in Garmisch , Peter, seid’s die Roten, wir sind die Blauen.
Aber warum sind Maria Riesch und Felix Neureuther, Deutschlands beste Skifahrer, dann ausgerechnet zu den Blauen gegangen?
FISCHER (GARMISCH): Wir waren früher die graue Maus, Dein Verein, Michi, war finanziell übermächtig. Damals hatte nur der SC Partenkirchen hauptamtliche Trainer, die wir uns gar nicht haben leisten können. Drum sind die Maria und der Felix gleich rübergegangen.
Wurmt Sie das heute?
FISCHER (GARMISCH): Gar nicht. Die zwei sind die Botschafter unserer WM 2011, die wir als SC Garmisch ausrichten. Ich bin mit beiden stark verbunden.
MAURER (PARTENKIRCHEN): Sicher, die ganzen Kaderathleten sind bei uns. Die Maria, der Felix, die beiden Strodl-Brüder Andi und Peter, und die Fanny Chmelar. Aber der SC Garmisch macht auch hervorragende Nachwuchsarbeit. Ihr seid im Moment der erfolgreichste Alpinverein in Bayern, Peter.
FISCHER (GARMISCH): Das stimmt. Und wir sind ja längst an unseren Grenzen. Wir haben 250 Mitglieder im Nachwuchs. Damit wir sie gescheit trainieren können, nehmen wir kaum noch welche auf. Wenn 80 zu uns wollen, lassen wir sie vorfahren und nehmen zehn. Mehr geht nicht.
Das Alpin-Casting. Garmisch sucht den Super-Skistar.
MAURER (PARTENKIRCHEN): Die Konkurrenz tut uns ja auch gut. Da sehen wir, aha, was macht der Nachbarverein, was können wir besser machen. Bei den Veranstaltungen haben wir keine Konkurrenz. Die Garmischer machen die Alpinrennen…
FISCHER (GARMISCH): …und die Partenkirchener das Neujahrsspringen. Was haben wir sonst an großen Skiveranstaltungen im Land? Das Springen in Oberstdorf, das war’s. Es gibt nur drei wirklich große Ski-Events. Und zwei davon sind bei uns. Zusammen sind wir eine Macht.
Warum tun Sie sich nicht gleich zusammen, wären Sie dann nicht noch stärker? Wo so viele Vereine über leere Kassen klagen, passiert es immer öfters, dass Klubs sich zusammenschließen. Wann fusionieren der SC Garmisch und der SC Partenkirchen?
MAURER (PARTENKIRCHEN): Das würde ich gar nicht wollen. Braucht’s auch nicht. Es wäre jammerschad’, wenn wir beide unsere eigene Geschichte aufgeben müssten.
FISCHER (GARMISCH): Wenn es wirtschaftlich notwendig wäre, bliebe uns ja nichts anderes übrig. Aber wir sind noch ganz gesund. Und dass wir zwei fusionieren, Michi, ich glaube, wir zwei erleben das nicht mehr.
Interview: Florian Kinast
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