Die Show geht zu Ende
Vier Rennen noch, dann ist BMW in der Formel 1 Vergangenheit. Zu den nächsten WM-Läufen in Übersee fährt nur noch ein Teil der Belegschaft. Zeit für Wehmut und Abschiedsschmerz.
MONZA Die weiß-blauen Autos sind schon sorgfältig in den Tiefladern verzurrt, auf dem Weg in die Fabrik in Hinwil, als Mario Theissen noch einmal das Reich betritt, das in wenigen Wochen abgewickelt werden soll. Der BMW-Motorsportchef nimmt die drei flachen Stufen zum Motorhome mit zwei Schritten und tritt ein. In einer Ecke des Motorhomes steht Sebastian Vettel, er trägt einen Kapuzenpulli und wirkt bedrückt. Ein Mitarbeiter reicht einem zufällig vorbeigehenden Reporter ungefragt ein Bier über den Tresen. Ein Münchner Helles. Klar.
Unterdessen kommt Theissen wieder aus seinem Büro. Er geht zum etwas bedrückt wirkenden Vettel, umarmt seinen einstigen Lieblingsschüler kurz, dann verabschiedet er sich von Joschi Walch, dem Vorarlberger Koch. Der hat in den neun Jahren, seit BMW als Motorenpartner von Williams wieder in die Formel 1 einstieg, Mitarbeiter und Gäste bekocht. Auch für Walch heißt es bald Abschied nehmen. Von BMW und wahrscheinlich auch von der Formel 1.
Vier Rennen noch, dann ist das BMW-Sauber-Team in der Formel 1 Geschichte. Der Konzern zieht sich zurück, BMW möchte, laut offizieller Lesart, den Konzern neu ausrichten.
Theissen erfuhr vom Ausstieg am Tag vor der Bekanntgabe Ende Juli. Seitdem muss er sich mit dem Gedanken anfreunden, in diesen Wochen viele zur Routine gewordene Dinge zum letzten Mal zu erledigen. Schon in Monza kam bei ihm und seinen Mitarbeitern Wehmut auf.
Zu den nächsten Überseerennen reist die Mannschaft bereits mit einer kleineren Belegschaft, viele mussten also in Monza schon Abschied voneinander nehmen.
Auch Theissen steht bald vor seinem Motorhome, auf den Stufen sitzen ein paar Reporter. „Was macht ihr denn noch hier?“, fragt er. „Uns fällt es schwer, loszulassen“, sagt einer. Es ist ein Scherz. „Mir auch“, sagt Theissen. Obwohl er lacht, ist es ernst gemeint.
Theissen wirft noch einmal einen Blick hinein in den hell erleuchteten Pavillon, der drei Jahre lang an den Pisten sein Arbeitsplatz war. Und auch ein Stück Heimat. Für Theissen, für die Fahrer, für Mechaniker, Ingenieure, für Gäste. Sonntagvormittag gab es dort Weißwürste mit süßem Senf, Brezn und Weißbier, im Radio lief Bayern 3, abends wurde auf den Monitoren Bundesliga gezeigt. Bis zu diesem Wochenende war das so. Das Motorhome wird nun eingemottet. „Es wird schon irgendwo wieder auftauchen“, meint Theissen, blickt nochmal die Reporter an, sagt: „Oder wollen Sie es kaufen? Es gibt es aber nur zusammen mit einem Rennstall.“
Tatsächlich suchen Theissen und Teilhaber Peter Sauber noch immer nach einem Investor, der den Rennstall übernimmt. „Die Verhandlungen sind in der entscheidenden Phase“, hat Sauber in Monza verraten. Zumindest für einen Teil der Mannschaft würde es dann nächstes Jahr womöglich weitergehen. Für BMW ist die Show aber vorbei.
Filippo Cataldo
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