Die roten Trickser: Foulspiel-Champs

Die Schummelei geht auf: Weil die Techniker Massas Getriebe-Siegel zerstören, bleiben Alonso Chancen auf den Titel in der Formel 1. „Nicht ganz fair”
von  Filippo Cataldo

Die Schummelei geht auf: Weil die Techniker Massas Getriebe-Siegel zerstören, bleiben Alonso Chancen auf den Titel. „Nicht ganz fair”

München - Stefano Domenicali gab sich erst gar keine Mühe, das skrupellose Spielchen zu verschleiern. Wieso denn auch? „Es entspricht den Regeln, also würde jeder in unserer Situation genauso handeln”, sagte der Ferrari-Teamchef nach dem Rennen in Austin. Der Zweck heiligt für die Ferraristi die Mittel. Im Krieg wohl genauso wie im Formel-1-Titelkampf, der ja von Seiten der Scuderia und ihres schnellsten Angestellten Fernando Alonso ja auch irgendwie als (Psycho-)Krieg gegen Sebastian Vettel empfunden wird.
Und doch diskutieren die Protagonisten in der Vollgasbranche, in der Tricksen, Tarnen, Schummeln und Provozieren schon immer als legitime Mittel angesehen werden, ob die Ferraristi in Austin vielleicht doch einen Schritt zu weit gegangen sind. Kurz vor dem Rennen zerstörten Mitarbeiter mutwillig das Siegel am Getriebe von Alonsos Teamkollegen Felipe Massa. Die daraus resultierende Strafe, die eigentlich keine war: Massa wurde in der Startaufstellung um fünf Plätze nach hinten relegiert, statt von Rang sieben ging er von Platz elf ins Rennen. Davon profitierte folglich Alonso, der sich nur als Achter qualifiziert hatte und so immerhin als Siebter starten durfte. Viel wichtiger noch: Alonso konnte das Rennen so von der sauberen Streckenseite angehen.

Die perfide Taktik ging auf: Nach dem Start lag Alonso schon auf Rang vier. Eine Position, die es Vettel unmöglich machte, sich schon in Austin zum dritten Mal zum Weltmeister zu krönen. „Nicht ganz sportlich fair” fand sogar Formel-1-Oberzampano Bernie Ecclestone, sonst nie ein Gegner gerissener Spielchen, die Aktion. Und so bleibt der Eindruck einer eiskalten und skrupellosen, aber eben auch unglaublich cleveren Equipe, die nie aufgibt.

Deshalb sah man die Aktion im Lager von Red Bull nach dem Rennen auch nicht mehr ganz so entspannt wie vor dem Start, als Motorsportchef Helmut Marko noch erklärt hatte, „dass wir sowas nicht nötig haben”. Vermutlich war Red Bull kalt erwischt worden von der Dreistigkeit der Ferraristi – die Domenicali hinterher mit einigem Stolz begründete. „Der Unterschied zwischen der linken und der rechten Seite der Startaufstellung war einfach zu eklatant, und für uns war es die einzige Chance gewesen, die Titelentscheidung zu vertagen”, sagte er. Und weiter: „Uns war sofort klar, dass wir offen damit umgehen wollen. Wir hätten ein Problem konstruieren können, aber das wäre nicht richtig gewesen. Andere Teamchefs würden wahrscheinlich lügen, aber das ist nicht meine Art.”

Alonso, der schon am Freitag für Wirbel gesorgt hatte mit der Veröffentlichung eines Fotos, auf dem er und Massa mit Paintball-Gewehren posieren, war jedenfalls „sehr stolz auf mein Team. Wir wollten die WM bis zum letzten Rennen offen halten, das ist uns gelungen.” Über seine Aussichten, doch noch Weltmeister zu werden, sagte er: „Auf dem Papier ist meine Chance nicht so groß, vielleicht nur 25 Prozent, aber tief in meinem Inneren fühle ich, dass sie größer ist.” Vielleicht fällt ihm ja bis Sao Paulo noch ein Trick ein.

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