"Die Rosi ist am Limit"

Am Montag beginnt in Garmisch die Ski-WM – und Deutschlands berühmtestes Skifahrer-Ehepaar Rosi Mittermaier/Christian Neureuther ist im Dauerstress. Die AZ blickt in den Terminkalender der Unermüdlichen.
von  Abendzeitung
Mit der WM-Münze: Oliver Bierhoff, Felix und Christian Neureuther, Staatssekretär Hartmut Koschyk, Rosi Mittermaier (v. l.). Foto: WM-OK
Mit der WM-Münze: Oliver Bierhoff, Felix und Christian Neureuther, Staatssekretär Hartmut Koschyk, Rosi Mittermaier (v. l.). Foto: WM-OK © az

Am Montag beginnt in Garmisch die Ski-WM – und Deutschlands berühmtestes Skifahrer-Ehepaar Rosi Mittermaier/Christian Neureuther ist im Dauerstress. Die AZ blickt in den Terminkalender der Unermüdlichen.

MÜNCHEN Wer mit den beiden mithalten will, braucht Ausdauer und eine gewisse Grundschnelligkeit. Der Alltag von Rosi Mittermaier (60) und Christian Neureuther (61) findet im Laufschritt statt. Es sei denn, sie sind beim Nordic Walking, dann ist NUR Geschwindschritt angesagt. Deutschlands beliebtestes Skifahrer-Ehepaar ist eingespannt wie nie. Zurecht gelten sie als ideale Botschafter zweier Großereignisse vor ihrer eigenen Haustür: Ski-WM und womöglich auch Olympia in Garmisch. Wer sonst sollte dafür besser werben können? Nur: So langsam wird es Zeit, dass es losgeht. Drei Tage vor der WM-Eröffnungsfeier sagte Neureuther am Freitag zur AZ: „Mir macht’s nicht so viel aus, aber die Rosi ist am Limit von den Belastungen her.“

Die Doppel-Olympiasiegerin von 1976 gibt ihm Recht: „Christian ist nur unterwegs, muss immer herhalten, wenn’s irgendwo brennt. Es sind einfach zu viele Termine jetzt zur WM hin. Diese kurzfristigen Anrufe! ,Morgen musst’ auf der Zugspitz’ skifahren mit dem Vorstandsvorsitzenden Sowieso’ – und dann rumpel ich da ’nauf. Es macht ja Spaß, wir bringen viel Herzblut rein, sind aber auch nur Menschen.“ Und irgendwann mal erschöpft.

Ortstermin Giesing, Aschauerstraße. Foto-Session für die Bekleidungsfirma Adler. Als Testimonials haben Rosi und Christian an der Outdoor-Kollektion „Eibsee“ mitgearbeitet, die im Frühjahr in die Läden kommt. „Mit diesem Partner können wir unsere Botschaft transportieren, Menschen zum Bewegen zu bekommen“, erklärt Neureuther, und Mittermaier ergänzt: „Das ist eine Marke für Leute, die nicht so einen dicken Geldbeutel haben und trotzdem flott daher kommen wollen.“ Knappe Statements, und weiter geht’s, nächster Termin. Nicht, ohne den Modemenschen ein paar Tipps zu geben: hier ist’s unpraktisch, dort zwickt’s, da fehlt was. Sie wollen ja nicht nur ihr Gesicht in die Kamera halten.

Seit 2007 gehört Rosi dem Ehrenpräsidium des WM-Organisationskomitees an, Gatte Christian arbeitet im WM-Präsidium mit, für Olympia 2018 haben sie ungezählte Tage und Abende geopfert. Ga und Pa, die WM-Maskottchen, hat Rosi entwickelt, Tochter Ameli die Trachten für die Eröffnungsfeier ausgesucht und die WM-Preistrophäen aus Nymphenburger Porzellan bemalt, und Christian marschiert ins TV-Studio, um die Werbetrommel zu rühren. Mittermaier sagt: „Wir sind viel unterwegs, jeder ist eingebunden. Der einzige, der frei ist, ist der Felix. Der darf skifahren.“ Und nach Weltcup-Trips einen Berg Wäsche abliefern, Gäste wie Ted Ligety oder Bastian Schweinsteiger mitbringen, die die Mama mit Dampfnudeln und Kaiserschmarrn bekocht oder Übernachtbleibern wie Ligety auch mal die Boxer-Shorts bügelt.

Wer sich das Programm der letzten Tage anschaut, dem kann ein wenig bang um die beiden Unermüdlichen werden: Skifahren mit dem Siemens-Chef auf der Zugspitze, Foto-Termin für ein Healthcare Unternehmen, Gala-Nacht des Sports in Linz, Eröffnung der Tourismusmesse Caravan, Motor, Touristik in Stuttgart, Foto-Termin für den „Musikantenstadl“ mit Andy Borg, Info-Veranstaltung zum Ski-Training mit dem ADAC, auf dem Ski-Simulator im „Ingolstadt Village“, Monoski-Projekt-Tag am Eibsee mit den Paralympikern Martin Braxenthaler und Gerd Schönfelder, „Blickpunkt Sport“ beim Bayerischen Rundfunk, und so weiter. Neureuther sagt: „Wir wollen viel für die WM tun, auch medial. Und jetzt kommt auch noch die ISPO...“ Gerade, dass Zeit bleibt für die WM-Eröffnung am Montagabend.

Die Nervosität im Ort sei „zuletzt schon größer geworden“, erzählt Neureuther, „auch beim Organisationskomitee“. Und dann war da noch der Unfall von Walter Vogel, dem Geschäftsführer der „Ski-WM GmbH“. Beim Skirennen von Sohn Dominik ist er zusammengefahren worden, als Zuschauer. „Der Kilian, der Bub vom Markus Wasmeier, war gestürzt“, erzählt Neureuther, „der Walter ist hingerannt, der nachfolgende Läufer hat einen Ski verloren und ist Walter mit dem Helm gegen den Kopf geprallt.“ Vogel musste operiert werden, will aber bei der WM dabei sein.

Trotz allen Trubels bekommen die Neureuthers noch ein Familienleben hin. „Wenn er zu Hause ist, kommt der Felix zum Frühstück rüber“, erzählt die Mama. Auch das klassische Sonntagmittagsessen gibt es ab und zu. Der Papa meint: „Felix braucht uns nicht unbedingt. Er genießt es, dass wir da sind. Wir haben ein richtig schönes Familienverhältnis.“ Irgendwann, wenn die WM vorbei ist, schaffen sie es vielleicht alle zusammen auf den Berg, zum Skifahren. Hat zuletzt ja auch geklappt – vor über einem Jahr in Alaska.

Thomas Becker

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