Die Riesenfaust
Nach einem Tief will Hasim Rahman nun Klitschko ausknocken – und dessen Trainer warnt: „Er hat die größten Hände, die ich jemals gesehen habe“
MANNHEIM Die Hand, die Hasim Rahman einem entgegenstreckt, ist monströs. Die Knöchel, das ist nicht zu übersehen, waren mehrfach gebrochen. Schlägt man ein, verschwindet die eigene Hand in der XXXXL-Pranke. „Er hat die größten Hände, die ich je gesehen habe", sagt Trainer-Legende Emanuel Steward, der Coach von Weltmeister Wladimir Klitschko, der am 13. Dezember in Mannheim seine Titel der WBO, IBF und IBO gegen Rahman verteidigt.
Und hinter der Riesenfaust steckt auch gewaltige Schlagkraft. Kraft, die am 22. April 2001 den als unschlagbar geltenden Lennox Lewis ins Land der Träume schickte. „Geschichte hat die Tendenz, sich zu wiederholen. Ich werde sie wiederholen. Ich werde mit Wladimir machen, was ich mit Lennox tat. Und danach nehme ich mir Vitali vor", tönt Rahman. 2005 sollte er gegen den damaligen WBC-Weltmeister Vitali Klitschko um den Titel boxen, doch der Kampf wurde aufgrund diverser Verletzungen Klitschkos immer wieder verschoben. Am Ende - nach einem Kreuzbandriss - legte Klitschko den Titel nieder, ohne gegen Rahman geboxt zu haben. Jetzt ist also der kleine Klitschko dran, die Rechnung des großen Bruders zu begleichen.
Und der Respekt vor Rahman ist enorm. Deswegen mahnt auch Steward, der 2001 in der Ecke von Lewis stand, als der von Rahman ausgeknockt wurde. „Hasim ist langsam, aber er hat diese Schlaggewalt. Er kann mit einem einzigen Treffer jeden Kampf entscheiden", sagt Steward.
Es ist die Angst vor diesem einen Schlag, die im Klitschko-Camp umgeht. „Hasim ist ein Mann, den man mit seiner Schlagkraft nicht unterschätzen darf. Und das werde ich nicht tun. Der letzte Kämpfer, den ich unterschätzt habe, war Corrie Sanders", sagt Wladimir. Und für diesen Übermut wurde Klitschko 2003 mit vier Niederschlägen und dem Verlust des WM-Gürtels bestraft. „Ich weiß, dass Rahman ein Puncher ist", so Klitschko.
Die Lebensgeschichte dieses Punchers ist die eines Kämpfers. Hasim ist das zweitälteste von zwölf Kindern der Familie Rahman, sein Vater war Ingenieur. Hasim hat von seinem Vater die Liebe zur Mathematik geerbt. „Als Kind hatte ich mich immer mit Büchern und Mathe beschäftigt", sagt Rahman. Er wurde als Streber abgetan und ständig verprügelt.
Doch Hasim schlug zurück und wollte beweisen, dass in ihm ein harter Kerl steckt. Deswegen geriet er immer öfter in Schlägereien, fuhr schließlich in gestohlenen Autos rum. In der elften Klasse schmiss er die Schule. Falsche Freunde. Falsche Entscheidungen. 1992 überlebte er als Beifahrer schwer verletzt einen PKW-Unfall, bei dem der Fahrer ums Leben kam. Rahman wurde durch die Windschutzscheibe geschleudert und unter dem Wagen eingeklemmt. Mit über 500 Stichen wurde Rahman wieder zusammengeflickt. „Ich dachte, so, wie ich lebe, werde ich keine 21 Jahre alt, daher wollte ich schnellstmöglich ein Kind. Mein Sohn hat dann aber alles verändert", sagt Rahman.
Sein Sohn und ein Boxer aus der Nachbarschaft. Der forderte Hasim heraus. Er wollte wissen, wer härter zuschlagen könnte. Hasim gewann, und der unterlegene Amateurboxer schleppte „The Rock“ ins Gym. „Mit dieser Schlagkraft wirst du Millionär“, meinte der Verprügelte.
Das ist Rahman tatsächlich gewesen, ehe er in die Hände des Promoters Don Kings geriet. Vor ein paar Jahren musste er Bankrott vor Gericht erklären. Jetzt bekommt er wieder eine Millionenbörse. Und die Chance mit seinen Riesenfäusten doch wieder Champion zu werden.
M. Kerber
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