Die Psycho-Tricks von Dr. Faust Vitali Klitschko
„Ist das Angstschweiß?“ Wie Box-Weltmeister Vitali Klitschko seinen Gegner Juan Carlos Gomez vor dem WM-Kampf verulkt.
STUTTGART Der Kampf wird vor dem Kampf gewonnen. So lautet eine der ewig gültigen Weisheiten des Boxsports. Eigentlich ist damit die Vorbereitung, das Training, gemeint.
Doch wenn es um Vitali Klitschko geht, den Schwergewichts-Weltmeister der WBC, dann hat dieser Satz noch eine ganz andere Bedeutung. Auch vor der Titelverteidigung am Samstag (22.45 Uhr, RTL live) gegen Juan Carlos Gomez präsentiert sich der Ukrainer wider einmal als König der Psycho-Tricks.
Dr. Faust, so Vitalis Kampfname, nutzt die Aufeinandertreffen vor den Kämpfen, um des Gegners Nerven zu strapazieren. Bei der Pressekonferenz, bei der sich Gomez möglichst böse und wild gab, machte Klitschko dem Kubaner hinter dessen Rücken Hasenohren. Das anschließende Gelächter verstörte den Kubaner sichtlich. Als ihm Klitschko noch mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn wischte und dabei meinte „Ist das Angstschweiß?“, war es endgültig um die Ruhe des heißblütigen Kubaners geschehen. Er fauchte Klitschko an. „Lass mich in Ruhe. Ich bin Kubaner, wir schwitzen immer.“
„Ich wollte nur helfen. Er hat so geschwitzt, wie ich nach einem zweistündigen Training“, witzelt Klitschko, fügt dann aber hinzu: „Kämpfe werden im Kopf entschieden.“ Und dabei tippt sich Klitschko mit großer Geste an die Stirn.
„Vitalis absolute Stärke ist sein Kopf, ich denke, da ist er allen anderen überlegen. Weit überlegen“, sagt Deutschlands Box-Ikone Henry Maske. Und Vitalis Sparringspartner Tony Thompson, der 2008 gegen Bruder Wladimir um die WM boxte und erst in der elften Runde verlor, meint: „Vitali beherrscht jeden Trick, der im Buch steht. Und einige, die dort nicht stehen. Er hat schon einige eigene Kapitel neu geschrieben.“
So wie vor seinem Comeback im Oktober 2008 gegen den damaligen Weltmeister Samuel Peter. Klitschko, der fast vier Jahre nicht im Ring gestanden hatte, verunsicherte den „Nigerianischen Albtraum“ schon vor dem Kampf dermaßen, dass Peter nicht mehr Herr seiner Nerven war. Bei der Pressekonferenz vor dem Fight nahm er Peter seinen WM-Gürtel weg. „Den hatte ich Dir nur geliehen.“ Peter rastete aus, fast hätte es eine Schlägerei gegeben. Zudem verulkte er Peter, der mit zwei Bodyguards gekommen war: „Jetzt schon Angst? Ich verspreche, ich werde dich erst im Ring verprügeln.“
Die Psycho-Tricks gehören zu Klitschkos Taktik – besonders bei Gomez, dem eine labile Psyche nachgesagt wird. „Vitali ist ein Mann, der seine Gegner ständig unter Druck setzt. Das macht er im Ring, aber eben auch außerhalb. Und ich weiß, wie empfänglich Gomez dafür ist. Ich habe ihn schließlich lange trainiert“, sagt Klitschkos Erfolgscoach Fritz Sdunek. Und dann schickt der Trainer auch gleich eine vernichtende Einschätzung hinterher: „Gomez ist diesem Druck nicht gewachsen, er wird ihm physisch und mental nicht standhalten. Ich denke, dass Gomez sogar aufgeben wird. Ich kenne ihn, das wollte er in vielen Kämpfen, bei denen ich ihn betreute, tun. Jetzt wird Dr. Faust ihn zwingen aufzugeben.“
Und Thompson meint: „Als ich gegen Wladimir boxte, stand Vitali hinter seinem kleinen Bruder und starrte mich so was von finster an! Wenn Blicke töten könnten, hätte ich den Gong zur ersten Runde nicht erlebt. Vitali ist ein Krieger, ein Psychokrieger.“
Matthias Kerber
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