Die olympische Familie und der Anti-Doping-Kampf

Die olympische Bewegung entwirft am Samstag in Lausanne die Reform des weltweiten Anti-Doping-Kampfes. Was wird aus der streitbaren WADA?
von  SID
WADA-Gründungspräsident Richard Pound bei einer Pressekonferenz 2007 in Madrid.
WADA-Gründungspräsident Richard Pound bei einer Pressekonferenz 2007 in Madrid. © imago/Cordon Press/Diario

Lausanne/Berlin - Annäherung oder neuer Zoff: Beim Olympic Summit in Lausanne legt die olympische Familie am Samstag die Gründzüge ihres neuen weltweiten Doping-Kampfes fest. Es geht um nicht weniger als die Zukunft der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA, die sich seit dem Doping-Skandal in Russland einen hartnäckigen Streit mit dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) liefert.

Die Fronten sind verhärtet. Dick Pound, WADA-Gründungspräsident, zeigte wenig Vertrauen in den Summit, da die Anwesenden die "üblichen Verdächtigen" seien, die "nicht differenziert über das breite Spektrum der Fragen nachdenken". Im Gegenzug sprach IOC-Vize Juan Antonio Samaranch bezüglich der Zustände in den Doping-Laboren von Moskau und Sotschi, die von der WADA akkreditiert werden, von "Sodom und Gomorra".

Anti-Doping-Kampf mit oder ohne WADA?

Allen ist klar, der offene Streit schadet dem Ansehen der olympischen Familie ungemein. Und deshalb wurde im Vorfeld des "Gipfels" auch schon über eine Entmachtung der WADA spekuliert, schließlich hat die Agentur aus Montreal in dem Streit um Russland bis auf wenige Ausnahmen das komplette IOC gegen sich. Zuletzt sah sich IOC-Präsident Thomas Bach genötigt, klärend einzuwirken. Die Reform des Anti-Doping-Kampfes werde "mit der WADA gemeinsam geschehen", sagte der Jurist.

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Der deutsche IOC-Chef will stattdessen inhaltliche Änderungen vorantreiben. So soll das Anti-Doping-System generell unabhängiger von den Sportverbänden arbeiten. Sanktionen wurden bereits in Rio vom Internationalen Sportgerichtshof CAS übernommen, das Testverfahren und die Auswahl der zu testenden Athleten sollen schon bei den Winterspielen 2018 in Pyeongchang in die Verantwortung der WADA übergehen.

Zudem sei die WADA, so Bach, "die Plattform, von der aus wir mit den Regierungen kooperieren." Dabei könnte es auch um eine bessere finanzielle Ausstattung der Dopingjäger gehen, sie schon seit längerem beklagen, dass mit einem Jahresetat von knapp 30 Millionen US-Dollar keine großen Sprünge zu machen seien.

"Es gibt keinen Königsweg"

Die WADA selbst drängt auf mehr Selbstständigkeit und erhält dafür auch Unterstützung von den Experten in Deutschland. "Wir brauchen eine stärkere WADA, das ist keine Floskel", sagte Lars Mortsiefer, Vorstand der Nationalen Anti Doping Agentur (NADA). "Wir brauchen unabhängige Gremien, in denen sich Experten mit Ermittlungen, Kontrollen und Compliance-Fragen beschäftigen", sagte der NADA-Vorstand.

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Die Frage bleibt: Wohin geht die Entscheidungsbefugnis? "Es gibt keinen Königsweg", sagte Walther Tröger (87). Das deutsche IOC-Ehrenmitglied spricht von einer schwierigen Situation: "Natürlich muss die WADA stärker werden, aber der Sport muss den Zugriff auf die Sportler behalten, er organisiert die großen Veranstaltungen, er hat die Verantwortung für die Athleten", sagte der langjährige deutsche Spitzenfunktionär.

Tröger erwartet keine große Lösung vom Summit in Lausanne. "Da kann man jetzt keinen Schnellschuss machen", meinte der langjährige deutsche NOK-Chef. Wichtig sei es, dass in Ruhe Richtlinien entworfen werden, die zu den nächsten Olympischen Spielen 2018 in Südkorea greifen. Zurückblicken ergebe jetzt keinen Sinn mehr, sagte Tröger: "Den Knatsch von Rio würde ich abhaken." Der Summit wird einen Hinweis darauf geben, ob dies möglich ist.

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