Die letzten Heuler

Er hat Fatih Terim in seiner Zeit beim Mailand erlebt. Oliver Bierhoff ist kein Freund des türkischen Trainers - und wirft dem Gegner vor, aus Show zu jammern.
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Viele Worte, große Gesten: Türkei-Coach Fatih Terim im Kreise seiner Spieler
sampics/Augenklick Viele Worte, große Gesten: Türkei-Coach Fatih Terim im Kreise seiner Spieler

Er hat Fatih Terim in seiner Zeit beim Mailand erlebt. Oliver Bierhoff ist kein Freund des türkischen Trainers - und wirft dem Gegner vor, aus Show zu jammern.

Als Fatih Terim kam, sollte Oliver Bierhoff gehen – das war schnell klar. Zwei Monate lang rauften sich die beiden zusammen, dann aber musste Terim weg. Nach nur neun Spieltagen hatte sich das Experiment, einen türkischen Trainer zum AC Mailand zu holen, erledigt - trotz einer nicht allzu schlechten Bilanz mit vier Siegen, drei Remis und zwei Niederlagen. Im Herbst 2001 war das, Stürmer Bierhoff verließ Milan dann in der Winterpause.

Beinahe sieben Jahre sind seit dieser Kreuzung der beiden Karrierewege vergangen, doch noch immer hegt Bierhoff offensichtlich Groll gegen Terim. „Ich hatte zwar in Mailand keine leichte Zeit mit ihm. Aber er kann eine Mannschaft pushen und aufs Höchste bringen. Er hat Charisma und Ausstrahlung“, sagte Bierhoff vor dem EMHalbfinale über den Trainer der Türken. Der 54-Jährige verfüge „über einen eigenen Kopf, den er immer durchsetzen will. Dass er Imperator genannt wird, ist bezeichnend. Er hat eine eigenwillige Art, aber er ist sehr erfolgreich.“

"Ein maßloser Übertreiber"

Mit allen Mitteln. Und das stößt Bierhoff, der stets vorgibt, einen ausgeprägten Sinn für Ehrlichkeit und Fairplay zu haben, unangenehm auf. Weil Terim für ihn ein Schauspieler ist. Einer, der maßlos übertreibt beim Jammern über neun verletzte und gesperrte Spieler. „Wir haben den Spielern von Anfang an gesagt, dass das eher eine Show der Türken ist“, sagte Bierhoff zu „N24“ und mokierte sich: „Die heulen jetzt ein bisschen rum.

Terim ist ja auch erfahren genug, das ein bisschen auszuschlachten. Das versucht er jetzt für sich zu nutzen.“

Terim und die letzten Heuler – wer jammert lauter? Beim DFB hat man eine klare Linie: Vertraue nur der tatsächlichen Aufstellung. „Da sind nur noch 14 Mann, die möchten das Halbfinale am liebsten erst in einem Monat machen“, sagte Chefscout Urs Siegenthaler im verbandseigenen „dfb.tv“ und erklärte: „Das machen die ein bisschen absichtlich, das gehört zum Understatement. Ich bin überzeugt, es spielen außer den Gesperrten fast alle mit.“

Beim DFB ist man misstrauisch

Siegenthaler gehört zu den engsten Vertrauten von Bundestrainer Joachim Löw – diese Meinung hat er also nicht exklusiv. Beim DFB ist man misstrauisch – und will so von der klaren Favoritenrolle ablenken. „Wir erwarten einen schwierigen, unangenehmen Gegner“, sagte Kapitän Michael Ballack, „ich sehe keinen klaren Favoriten. Die Türken haben schließlich die Kroaten rausgeworfen gegen die wir verloren haben.“

Und das soll nicht noch einmal passieren. Selbstzufriedenheit, leichte Überheblichkeit – das sind die Gefahren, findet Michael Ballack: „Wir müssen auf der Hut sein, dürfen sie aber auch nicht stark reden.“ Lieber ein wenig provozieren – auch, um die eigenen Spieler zu packen.

Heulen, rennen, siegen

Bierhoff hat ja Praxiserfahrung. „1996, vor dem EM-Finale, haben wir auch so ein bisschen rumgeheult, wie viele Verletzte wir haben“, erinnerte sich Bierhoff, „letztendlich haben wir gewonnen. Und ein Spieler, nämlich ich, der ins Turnier nie eingegriffen hatte, hat auf einmal zwei Tore gemacht.“

Heulen, rennen, siegen – das türkische Erfolgsrezept. Und der DFB? Hat Oliver Bierhoff. Der hat diesen Plan längst durchschaut.

Patrick Strasser, Thorsten Klein

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.