Die Formel D: 4 plus 1

MELBOURNE - Heidfeld, Vettel, Glock und Rosberg können Rennen gewinnen, und Sutil will Punkte holen.
Die Protagonisten sind die selben, die Ansprüche aber ungleich höher. Genauso wie letzte Saison stellt Deutschland beim Saisonauftakt in Melbourne am Sonntag (8 Uhr, RTL und Premiere live) mit fünf Fahrern das größte Kontingent an Formel-1-Piloten. 2009 wollen Nick Heidfeld, Sebastian Vettel, Nico Rosberg, Timo Glock und Adrian Sutil mehr werden als nur Nationenmeister. Heidfeld will in seiner zehnten Saison mit dem BMW nicht nur seinen ersten Sieg schaffen, sondern auch im Kampf um den Titel ein Wörtchen mitsprechen. Vettel, von Toro Rosso zum Mutterteam Red Bull gewechselt, will zeigen, dass sein sensationeller Sieg in Monza 2008 alles andere als eine Eintagsfliege war, Rosberg will sich in seinem vierten Jahr bei Williams für ein Top-Team empfehlen, Glock und Toyota wollen aus dem Schatten des ewigen Mittelmaßes herausbeschleunigen. Die Formel D hat damit vier potenzielle Siegfahrer – plus einen, Adrian Sutil aus Gräfelfing, der zumindest den ein oder anderen Punkt einfahren will. Hier die Analyse, was von den deutschen Piloten zu erwarten ist.
Nick Heidfeld (31), BMW:
In seiner zehnten Saison soll endlich der erste Sieg her. Mindestens. „Nick kann jederzeit Rennen gewinnen“, glaubt Premiere-Kommentator Marc Surer. „Wenn Nick Heidfeld und BMW das alles halten, was die letzten Wochen über versprochen wurde, dann sitzt Nick in einem starken Auto und damit in einer sehr guten Position", meint der dreimalige Weltmeister Niki Lauda. Die neuen Boliden mit den profillosen Reifen und das Kers-System kommen Heidfelds Fahrweise entgegen. Dennoch weigert er sich, zu euphorisch zu sein, weil „du dann blöde dastehst, wenn du nicht vorne landest". „Quick Nick“ ist mit seiner Verlobten Patricia und den Kindern Juni und Joda nach Australien gereist.
Nico Rosberg (23), Williams:
Der Weltmeister-Sohn aus Monte Carlo scheint wieder im Mittelmaß festzustecken. „Momentan sind wir nur das fünftbeste Team. Ich kann nicht um Siege oder Podestplätze kämpfen“, sagt er selbst. Einen Vorteil aber hat er: Sein Auto gehört zumindest zu den standfesten im Feld, legte mit 10.000 Testkilometern am meisten zurück. „Bei den Stadtrennen traue ich Rosberg einiges zu, auch Siege“, sagt dagegen Surer. Rosberg nahm zuletzt durch einen Magen-Darm-Virus vier Kilo ab, bekam im Winter, als er in New York ein AC/DC-Konzert besuchte, einen Hörsturz. Seine Freundin Viviane, eine Modedesignerin, interessiert sich nicht für Motorsport, sie ist daheim in Monte Carlo.
Timo Glock (27), Toyota:
Der gelernte Gerüstbauer aus dem Odenwald, Spitzname „Kampfdackel“, scheint eher zufällig zu einem Top-Boliden gekommen zu sein. Die Toyotas, die komplett auf das Kers-System verzichten wollen, waren bei den Wintertests bärenstark. Hat von allen Fahrern die meiste Erfahrung mit profillosen Reifen – 2005 war er bester Neuling bei den Indycars, 2007 holte er den Titel in der GP 2 – auf Slicks. Hat sich im Januar wegen seiner Kurzsichtigkeit die Augen lasern lassen. „Schon am nächsten Morgen sah ich alles scharf wie nie“, sagt er. „Timo kann Siege holen", sagt Surer. „Am Ende der letzten Saison war er einer der stärksten Fahrer im Feld, er muss jetzt eigentlich nur da anknüpfen", meint Lauda.
Sebastian Vettel (21), Red Bull:
„Vettel ist sicher das Talent des Jahrhunderts seit 2008. Je nachdem, wie der Red Bull funktioniert, wird er seinen Weg machen. Er ist ein Siegfahrer", adelt Lauda den jüngsten Siegfahrer aller Zeiten. Vettel wechselte innerhalb der Red-Bull-Familie von Toro Rosso zu Red Bull. „Es war keine große Umstellung“, sagt er. Star-Designer Adrian Newey scheint mit dem neuen Boliden ein richtig guter Wurf gelungen zu sein. „Das Auto ist sehr schnell“, glaubt Surer. Vettel gilt als kommender Ferrari-Fahrer. Michael Schumacher ist schließlich sein größter Fürsprecher. Wenn die Scuderia ruft, zieht Vettel wohl wieder nach Italien. Das Okay von Red-Bull-Boss Didi Matschitz soll er bereits haben.
Adrian Sutil (26), Force India
Der Gräfelfinger muss auch in seiner dritten Saison auf Regen und Fehler der anderen hoffen – er ist der einzige in der Formel D, der keine realistische Siegchance besitzt, regelmäßige Punkte wären schon eine Überraschung. Sein Force India scheint zwar dieses Jahr deutlich besser zu sein, ist aber dennoch das schlechteste Auto im Feld. Zumal der Bolide wegen der Umrüstung von Ferrari- auf Mercedes-Motoren erst im Februar fertig wurde; Sutil konnte nur vier Tage testen. „Er muss seinen Teamkollegen Giancarlo Fisichella schlagen und sich für höhere Aufgaben empfehlen. Das traue ich ihm zu. Mehr kann er nicht tun“, meint Surer. Wie immer ist sein Vater Jorge in Australien mit dabei.
Peter Hesseler, Filippo Cataldo