Die Flucht vor der Langeweile
Noka Serdarusic, Ex-Coach des THW Kiel und mit Manipulations-Vorwürfen in Verbindung gebracht, macht einen Neuanfang als Trainer Sloweniens. Nun trifft er aufs deutsche Team.
INNSBRUCK Zvonimir „Noka“ Serdarusic hat als Handball-Nationaltrainer Sloweniens einen Neuanfang gestartet und wird ab Februar in Personalunion auch den früheren Champions-League-Sieger RK Celje Pivovarna Lasko betreuen. Doch für immer untrennbar verbunden bleibt sein Name mit den noch nicht aufgeklärten Manipulationsvorwürfen gegen den THW Kiel, mit dem er die Champions League gewann und elfmal deutscher Meister wurde. Der Affäre kann er auch bei der Europameisterschaft in Innsbruck nicht entkommen. „Ich konzentriere mich nur auf die Dinge, die hier sind“, antwortete er auf die Frage, ob er all die Dinge des vergangenen Jahres aufgearbeitet habe.
Noka Serdarusic schweigt weiter zu seiner Trennung vom deutschen Rekordmeister Kiel und zu den Vorwürfen, dass der Klub in seiner Amtszeit Spiele in der „Königsklasse“ manipuliert haben soll. Wie der frühere THW-Manager Uwe Schwenker soll Serdarusic dabei eine Schlüsselrolle spielen. Noch immer ermittelt die Staatsanwaltschaft Kiel in dem Fall, in dem sowohl Schwenker als auch der gebürtige Bosnier jegliche Schuld bestreiten. Im Sommer 2008 war Serdarusic' Vertrag in Kiel vorzeitig aufgelöst worden.
Erstaunlich gesprächig war Sloweniens Nationaltrainer im Mannschafts-Quartier Hotel „Grauer Bär“ hingegen in Bezug auf sich selbst. Der eher als knurrig und medienscheu bekannte 59-Jährige erzählte offen über die Leiden wegen seiner Knie- und Bandscheiben- Operationen, die Langeweile und die Sehnsucht nach viel Arbeit. Seine gesundheitlichen Probleme waren der offizieller Grund, dass er seinen Trainervertrag mit dem Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen im Februar 2009 auflöste. Seit Juli vergangenen Jahres ist er Auswahltrainer Sloweniens.
„Mir ging es nicht so gut. Und dann habe ich gesagt, Trainer mache ich nie mehr. Wenn überhaupt, dann mache ich so was wie jetzt. Da hat man viel Pause. Und dann kommen die Tage, an denen man nichts tut. Dann wird es langweilig. Das kenne ich nicht in den letzten 40 Jahren, und ich sage, so kann ich mein Leben nicht verbringen“, erzählte der frühere jugoslawische Nationalspieler und fügte an: „Ich hatte letztes Jahr nach dieser ganzen Geschichte das erste Mal in meinem Leben eine Pause. Und die war fürchterlich. Ich hoffe, so etwas passiert mir nie wieder.“
Bei der EM nun feiert Serdarusic eine Premiere: Es ist sein erstes großes Turnier als Nationaltrainer. Und er weiß, dass die Ansprüche an sein Team hoch sind. „In Slowenien erwartet man am liebsten eine Medaille. Im Großen und Ganzen muss Slowenien unter den ersten Acht in Europa stehen, wenn nicht gar unter den ersten Sechs“, sagte er und behauptete, dass er sich mit Deutschland als zweiten Gegner in der Vorrundengruppe C am Mittwoch (18.30 Uhr) noch nicht beschäftigt habe. Doch die Favoritenrolle gab er schon einmal vorsichtshalber an das Team von Bundestrainer Heiner Brand ab: „Es wäre eine Frechheit von mir, wenn ich sage, dass Slowenien Favorit gegen Deutschland ist.“