Die dunkle Seite des Engelchens

Kickbox-Queen Marie Lang über ihre Metamorphose im Ring, Schmerzen und warum sie weint, wenn sie Spritzen nur sieht.  
von  Matthias Kerber
Die dunkle Seite der Kickboxerin Marie Lang.
Die dunkle Seite der Kickboxerin Marie Lang. © Michael Wilfling/ho

Kickbox-Queen Marie Lang über ihre Metamorphose im Ring, Schmerzen und warum sie weint, wenn sie Spritzen nur sieht.

AZ: Frau Lang, was ist denn da passiert? Sie, die Kickbox-Weltmeisterin, posieren nicht mehr als Engelchen, sondern präsentieren sich als Fürstin der Finsternis. Mögen Sie es schmutzig?

MARIE LANG: (lacht) Eigentlich nicht. Ich bin schon ordentlich und auch anständig. Und es ist auch nicht so, dass bei mir nur der Sonntag als Waschtag angesetzt ist. Aber es hat sehr viel Spaß gemacht, sich mal so zu präsentieren.

In Ihrer Brust wohnen also zwei Seelen?

Irgendwie schon. Im normalen Leben bin ich eine ganz Brave. Es würde mir auch nie im Leben einfallen, dass ich mich etwa auf der Straße prügeln würde. Ich lehne jede Form von Gewalt im Alltag ab, das geht gar nicht. Es hat etwas mit Menschlichkeit, mit Respekt zu tun, die körperliche Unversehrtheit eines jeden Einzelnen ist eines der höchsten Güter einer zivilisierten Gesellschaft. Selbst beim Sparring setze ich nicht voll nach, weil ich meinem Gegenüber nicht wehtun will. Aber im Ring, im sportlichen Wettkampf, da will ich unbedingt gewinnen. Das sind zwei vollkommen unterschiedliche Welten. Und diese Welten werden durch die beiden Fotoshootings auch repräsentiert.

Jetzt sind Sie Weltmeisterin, verteidigen am Samstag gegen Tanya Merrett Ihren Titel bereits zum fünften Mal. Keine schlechte Bilanz für jemanden, der eigentlich nie in den Ring wollte.

Das stimmt. Als ich 16 war, habe ich in einer Frauenzeitschrift einen Artikel über Kickboxen gelesen und wie gut der Sport für die Fitness sei. Ich bin dann mit einer Freundin hin und es hat mich fasziniert. Aber eben wirklich nur zur Fitness. Kämpfen, das kam für mich nicht in Frage. Ich habe dann meinen ersten Kampf auch erst mit 18 bestritten. Ich habe im Gym immer wieder erlebt, wie sich einer auf einen Fight vorbereitet hat und das war irgendwie speziell. Das wollte ich dann auch mal erleben. Ich wollte nur den einen Kampf machen, um es mal mitzumachen. Aber der Fight endete unentschieden. Das hat mich so richtig angekotzt. Das war so gar nichts. Und dann habe ich eben weitergemacht.

Und weitergemacht und weitergemacht.

(lacht) Stimmt. Dabei mag es meine Mutter gar nicht. Sie ist einfach mega-aufgeregt. Aber immerhin kommt sie dieses mal wieder in die Arena. Wir werden uns aber vor dem Kampf nicht groß sehen. Das ist besser für uns beide. Sie würde dann doch nur sagen: „Kind, pass auf deine Nase auf!“ Das hilft mir in dem Moment nicht so sehr.

Ihre Gegnerin Tanya Merrett ist für Ihre Lowkicks zu den Beinen berüchtigt.

Stimmt. Ich habe ja nicht so die kräftigen Beine, das glauben viele Gegnerinnen bei mir als Schwachstelle auszumachen. Aber auch wenn meine Beine etwas storchig sind, kann ich Tritte doch ganz gut verkraften. Ich habe auch viel daran gearbeitet, die Tritte abzublocken. Aber ich habe mich mental schon darauf eingestellt, dass meine Beine nach dem Kampf grün und blau sein werden. Während des Fights kriegt man das meist nicht so mit, aber wenn ich nach dem Kampf die Stufen runtergehe, dann denke ich mir schon oft: ‘Autsch!’

Wie sieht es denn mit Ihrem Schmerzempfinden im normalen Leben aus?

Ich habe eine fast panische Angst vor Spritzen. Das ist richtig peinlich, denn ich fange wirklich zu weinen an, wenn ich eine Spritze nur sehe. Ich sage den Ärzten auch immer: Zieht mir lieber eine mit dem Hammer über, schlagt mich bewusstlos, aber bitte keine Spritze. Also ich bin im normalen Leben nicht unbedingt die Eisenfrau.

Da sind sie wieder, die zwei Seiten der Marie Lang...

(lacht) Stimmt.

 

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