"Die DTM muss sich einen Star züchten"

Motorsport-Legende Klaus Ludwig vermisst die Charakterköpfe in der Rennserie. Wie sich das ändern könnte und was er vor dem Saisonauftakt in Hockenheim von den neuen Autos hält, erklärt er hier.
von  Filippo Cataldo

Motorsport-Legende Klaus Ludwig vermisst die Charakterköpfe in der Rennserie. Wie sich das ändern könnte und was er vor dem Saisonauftakt in Hockenheim von den neuen Autos hält, erklärt er hier

AZ: Herr Ludwig, für den DTM-Saisonauftakt auf dem Hockenheimring waren letzte Woche schon mehr als 55000 Tickets verkauft. Bei manchen Formel-1-Rennen sind weniger Zuschauer...

KLAUS LUDWIG: Ja, das ist sensationell. So positiv war die Stimmung, so rosig waren die Aussichten seit den 90er Jahren nicht mehr. Wo sind denn sonst so viele Zuschauer? Beim Fußball, klar. Aber sonst? Ich glaube, wir werden die spannendste Saison der letzten Jahre erleben.


Wie erklären Sie sich die Popularität der Rennserie?


Die Veranstalter geben sich seit jeher alle Mühe, die Serie fannah zu gestalten, Die Fahrerlager sind offen, jeder kann die Fahrer ansprechen und ein Foto machen. Dazu kommt die Leistungsdichte, im Qualifying sind oft zehn Piloten innerhalb ein paar Zehnteln. Das führt zu tollen Rad-an-Rad-Duellen, die in der Formel 1 gar nicht möglich sind. Dass mit BMW jetzt der dritte deutsche Premiumhersteller dabei ist, gibt zusätzlichen Schub.


Was ist für BMW drin?

Alles – und nichts. Wie für Audi und Mercedes. Ich erwarte alle drei Hersteller auf Augenhöhe.


Wie gefallen Ihnen die neuen Autos?

Einfach nur wunderschön. Wobei sie gerne etwas mehr PS haben dürften.


Reichen die 500 PS nicht?

Doch, doch. Aber momentan sind die Boliden nach meinem Geschmack etwas underpowered und overgripped. Was heißt: Die Räder drehen nicht genug durch. 50 oder 100 PS mehr – und wir hätten ein grandioses Spektakel.


In den letzten Jahren, als nur Audi und Mercedes gegeneinander fuhren, wurde die DTM teilweise als Markenpokal verspottet. Nun sollen Nissan und Toyota überlegen, ab 2014 ebenfalls in der DTM an den Start zu gehen.

Ohne die Verdienste der Audi-Verantwortlichen oder von Hans-Werner Aufrecht (Chef des DTM-Vermarkters ITR, die Red.) kleinreden zu wollen: Aber ich finde, man kann Norbert Haug (Mercedes-Motorsportchef, die Red.) gar nicht dankbar genug sein, dass er immer an die DTM geglaubt hat. Mercedes ist als einziger Hersteller immer dabei gewesen, das ist auch sein Verdienst. Er hat die DTM am Leben gehalten als sie quasi zwangsbeatmet werden musste. Haben Sie gesehen, wie er sich über den Sieg von Nico Rosberg in China gefreut hat? Norbert lebt den Motorsport! Und das sage ich nicht, weil er schon bei meinen Siegen der Chef war (lacht).


Werden Sie eigentlich noch oft auf der Straße erkannt?


Hin und wieder.


Was glauben Sie, wie viele der aktuellen Fahrer auf der Straße erkannt werden?

Ach, darauf wollen Sie hinaus! Da ist schon was dran. Ralf Schumacher, klar. David Coulthard. Sonst? Martin Tomczyk vielleicht in München, aber in Hamburg wohl nicht mehr.


Wir haben den Eindruck, dass noch immer vor allem die Fahrer Ihrer Generation mit der DTM in Verbindung gebracht werden.


Der Strietzel (Stuck, die Red.), Frank Biela, Jockel Winkelhock oder der Nannini? Na ja, wir waren ja auch tolle Typen! Spaß beiseite. Es stimmt schon, der DTM fehlen ein wenig die Stars.


Woran liegt das?

Sicher auch an der Art, wie die Hersteller sich vermarkten. Das Produkt, das Auto steht oft im Vordergrund. Die Vermarktung der Fahrer müsste noch mehr Gewicht bekommen. Das ist in Amerika anders. Ein Dale Earnhardt etwa ist so populär wie Bastian Schweinsteiger oder Cristiano Ronaldo. Die DTM muss sich so einen Star noch züchten.


Wer hätte denn das Zeug zum Superstar?

Bei Audi gibt es etwa den Edoardo Mortara. Ein guter Typ, ein großartiger Rennfahrer – und einer zum Anschauen. Nur leider kein Deutscher. Was es schwierig macht. Aber Mercedes hat dieses Jahr das Junior-Team neu aufgelegt, was der richtige Weg ist. Und da fährt auch mein Geheimtipp für die gesamte Saison.


Nämlich?

Christian Vietoris. Ein toller Junge. Sieht gut aus, eloquent, aus gutem Haus. Lasst uns also den Vietoris aufbauen! Nicht nur, weil ich schon sein Mentor war, als er fünf Jahre alt war.

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