Die doppelte Mission

Mit seinem Comeback am Samstag gegen WBC-Weltmeister Samuel Peter will Ex-Champion Vitali Klitschko Historisches erreichen.
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Stritten sich schon vor dem Kampf um den Gürtel: Ex-Champion Vitali Klitschko (l.) und Weltmeister Sam Peter.
Bongarts/Getty Images Stritten sich schon vor dem Kampf um den Gürtel: Ex-Champion Vitali Klitschko (l.) und Weltmeister Sam Peter.

Mit seinem Comeback am Samstag gegen WBC-Weltmeister Samuel Peter will Ex-Champion Vitali Klitschko Historisches erreichen.

BERLIN Vitali Klitschko schüttelt alle Hände, die sich ihm entgegenstrecken. Er gibt geduldig Autogramme. Er posiert lächelnd für Fotos, nimmt dabei sogar Babys in den Arm. Der Boxriese ist die Liebenswürdigkeit in Person. „Was wäre ich ohne meine Fans?“, fragt der Ukrainer, „Fans machen Champions.“

Doch kaum, dass er die Handschüttel- und Bussi-Bussi-Bühne verlässt, findet bei Klitschko die Verwandlung statt. Wenn er zum Boxer – zu Dr. Faust – wird, dann verengen sich die Augen, die Kiefer mahlen. Der vormals nette Mann versprüht plötzlich Wut, Kraft, Animalität. Er wirkt Furcht einflössend. Es ist die etwas andere Geschichte von Dr. Jekyll und Mr. Hyde, es ist die Story von Mr. Klitschko und Dr. Faust.

Und wenn Vitali Klitschko am Samstag (ab 22.25 Uhr, RTL live) in der neuen O2-Arena gegen WBC-Weltmeister Samuel Peter antritt, dann wird dort Dr. Faust stehen. Denn Klitschko ist ein Mann mit einer doppelten Mission. Zum einen wollen er und Bruder Wladimir, der Weltmeister der Verbände WBO und IBF, als erstes Weltmeister-Brüderpaar in die Schwergewichts-Geschichte eingehen. Zum anderen hat sich Vitali, der schon von 1999 bis 2000 und 2004 bis 2005 Weltmeister war, zum Ziel gesetzt, den Gürtel zum dritten Mal zu holen. Das haben vor ihm nur die ganz Großen des Boxens geschafft: Muhammad Ali, Lennox Lewis, Evander Holyfield und Michael Moorer.

In einer Linie mit Ali, Holyfield, Lewis

„Ich habe vor drei Jahren meinen Gürtel zurückgegeben, weil mich eine Verletzung dazu zwang. Ich habe ihn nie verloren. Ich habe ihn nur ausgeliehen und jetzt, jetzt will ich ihn von Peter zurück. Es tut mir leid für ihn, dass er ihn nur ein halbes Jahr haben durfte, aber das ist lange genug“, sagt der Ukrainer. Sein finsterer Blick unterstreicht, dass jedes seiner Worte ernst gemeint ist.

Albträume - nigerianische und ukrainische

Fraglich ist dennoch, ob dem 37-Jährigen die lange Ringpause geschadet hat. „Vitali ist mental so stark, er weigert sich zu verlieren. Das wird auch Peter schmerzhaft erleben“, sagt dazu Klitschkos Trainer Fritz Sdunek und fügt hinzu: „Peter nennt sich der nigerianische Albtraum, aber am Samstag da wird er einen ukrainischen Albtraum haben. Es wird eine Schlacht.“

Die war es schon im Vorfeld. Die Kontrahenten beharkten sich nach Leibeskräften. Bei der Pressekonferenz zogen sie beide am Gürtel. Peter meinte: „Finger weg, der gehört dir nicht.“ Vitali ließ urplötzlich los und Peter kam daraufhin ins Taumeln. „Vitali ist so hölzern in seinen Bewegungen wie ein Baum. Deswegen habe ich Holzfällen in mein Trainingsprogramm aufgenommen. Ich werde Klitschko wie einen Baum fällen – und er wird wie ein Baum auf dem Boden aufschlagen. Kaboom!“, prahlt Peter. Doch, wenn es nach Klitschko-Manager Bernd Bönte geht, ist Holzfäller Peter damit auf dem Holzweg. „Oh! Der neue Robin Hood aus dem Schwarzwald ist da, wir zittern vor Angst“, sagt Bönte über Peter, der sich im Schwarzwald auf den Kampf vorbereitete.

Es wird Gift gespritzt, wie immer, wenn Box-Pate Don King, der 50 Prozent der Rechte an Peter hält, mit von der Partie ist. „Mit diesem Mann zu tun zu haben, ist kein Vergnügen“, sagt Klitschko und lächelt, „sie wollen einen Psychokrieg. Aber ich bin kein kleiner Junge, den er mal schnell erschrecken kann. Ich habe selber meine Erfahrungen, wenn’s um Psycho-Spiele geht.“ Prompt verschwindet das Lächeln aus seinem Gesicht, die Eisenfäuste ballen sich und die Augen verengen sich. Aus dem netten Mr. Klitschko wird wieder Dr. Faust. Der Boxer mit der doppelten Mission.

Matthias Kerber

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.