Die Diva schreit, die Kasse klingelt

Maria Scharapowa ist bei den Australian Open schon in der ersten Runde rausgeflogen.Sie gewinnt trotzdem: Für einen neuen Werbevertrag soll sie 70 Millionen Dollar erhalten.
von  Abendzeitung
Lautstark bei der Arbeit: Maria Scharapowa. Es nutzte nichts, bei den Australian Open scheiterte sie gleich in Runde 1.
Lautstark bei der Arbeit: Maria Scharapowa. Es nutzte nichts, bei den Australian Open scheiterte sie gleich in Runde 1. © Bongarts/Getty Images

Maria Scharapowa ist bei den Australian Open schon in der ersten Runde rausgeflogen.Sie gewinnt trotzdem: Für einen neuen Werbevertrag soll sie 70 Millionen Dollar erhalten.

MELBOURNE Der Sportreporter „Coachie“ von Melbournes Klassikrock-Kanal „104.3 FM“ ist weit über die Grand-Slam-Metropole hinaus bekannt für seine knackigen Sprüche. Am Montagnachmittag, in den ersten total verregneten Stunden der Australian Open, hatte er die Lacher wieder auf seiner Seite: „Ohrenärzte aufgepasst: Morgen gibt es Arbeit. Denn Maria Scharapowa verliert, und das Hallendach der Laver-Arena ist geschlossen: Stellen Sie sich mal diese Geräuschkulisse für die Zuschauer vor!“

Tatsächlich endete der kurze, schmerzhafte Grand- Slam-Auftritt der blonden Russin in einem Konzert der schrillen Schreie – bis die 6:7, 6:3, 4:6-Erstrundenniederlage gegen Landsfrau Maria Kirilenko vorüber war. Statt einer kraftvollen Attacke gleich zu Beginn der neuen Saison musste die 22-jährige Diva erst einmal mit einem Tiefschlag fertig werden, der alle Gedanken an eine Rückkehr in die Top 10 beseitigte.

„Es ist Montag. Ich bin bei einem Grand-Slam-Turnier. Und ich bin ausgeschieden. So fühle ich mich“, sagte Scharapowa. Einen Journalisten, der um Auskunft bat, „wie das alles psychologisch zu verkraften“ sei, kanzelte die kühle Multimillionärin heftig ab: „Es ist ein schlechter Tag. Aber das Leben geht weiter. Und da draußen gibt es Menschen, die gar nicht wissen, was ein Tennismatch ist.“ Ein unschlagbares Argument.

Unterm Regen-Dach der Laver-Arena hatte sich die bestbezahlte Athletin der Welt 66 vermeidbare Fehler und elf Doppelfehler geleistet. Gefragt, ob ihr die Spielpraxis fehle, returnierte die ohne Rhythmus und Konstanz spielende Scharapowa gereizt: „Wenn du bei 2:4 im vierten Satz keinen Return ins Feld bringst, was hat das dann mit Spielpraxis zu tun?“

Doch die Frage traf den Kern: Denn wie viele Topspielerinnen tingelte Scharapowa zum Saisonstart lieber bei hoch bezahlten Schauturnieren im spendablen asiatischen Revier umher als sich bei offiziellen WTA-Wettbewerben sehen zu lassen, etwa in Brisbane oder in Sydney. In Hongkong, bei einem der wertlosen Spektakel, kassierte die Russin geschätzt mehr als eine halbe Million Dollar ab.

Dass Scharapowa sich auf solche Abenteuer einlässt, verwundert schon. Denn gerade hat die ehemalige Nummer1 ihren Exklusivvertrag mit Bekleidungsgigant Nike zu atemraubenden Konditionen verlängert. 70 Millionen Dollar, so schätzen Insider, soll die Russin für einen Acht-Jahres-Kontrakt erhalten und darf zudem noch am Verkauf der Modelinien teilhaben. Der Deal übertrifft noch den von Venus Williams, die zur Jahrtausendwende ihre Reebok-Allianz für fünf Jahre zum Preis von 45 Millionen Dollar verlängerte. Scharapowas Agent Max Eisenbud, ein gefürchteter Verhandlungspartner, bestätigte die Vertragsverlängerung inzwischen, wollte allerdings keine finanziellen Details nennen. Nur so viel: „Maria wird demnächst neue Partnerschaften vor allem mit Unternehmen abschließen, bei denen sie Einfluss auf Kreationen und Produkte hat. Und bei denen sie an Umsätzen beteiligt ist.“

Doch kann das viele Geld die Momente des Triumphs auf dem Center Court ersetzen? Scharapowa sagt Nein und bekräftigt, sie wolle „Spuren im Tennis“ hinterlassen: „Die Leute erinnern sich an Titel und nicht, wie viel du auf dem Konto hast.“

Doch in Melbourne sah sie nicht so aus, als könne sie wieder die Spitze angreifen – auch wenn sie trotzig verkündete: „Ich werde hier wieder am zweiten Turniersamstag auf dem Platz stehen. Schon bald.“ Dem Samstag des Damenendspiels.

Jörg Allmeroth

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