Die blaue Verzweiflung
Es ist nicht mehr zu leugnen: Die Löwen haben ein Sturmproblem. Spätestens die magere Nullnummer gegen Aachen hat das belegt.
Zum vierten Mal hintereinander erzielte 1860 in einem Spiel kein einziges Tor, zum insgesamt elften Mal in 22 Zweitliga-Partien. Die Löwen treffen nur in jedem zweiten Spiel! Viel zu wenig für eine Mannschaft, die die Fans erfreuen will. Viel zu wenig für eine Truppe, die laut Trainer Marco Kurz stets offensiv auftreten soll.
Besonders bitter: So schlecht spielt der Löwe ja eigentlich gar nicht. „Taktisch sind sie die am besten geschulte Mannschaft in der Zweiten Liga“, lobte Aachens Trainer Jürgen Seeberger. Tatsächlich hatte 1860 die Aachener über weite Strecken sicher im Griff. Tatsächlich sind die überfallartigen Angriffe aus dem Mittelfeld der Sechzger überaus hübsch anzusehen. „Läuferisch bin ich sehr zufrieden mit meinen Jungs. Sie sind immer wieder zielgerichtet und effektiv nach vorne gerannt“, sagte Kurz. Doch musste der Trainer notgedrungen anfügen: „Uns hat die Durchschlagskraft im Sechzehner gefehlt. Da sind wir nicht hingekommen.“Wie wahr. Ganze „eineinhalb Strafraumszenen“ seiner Mannschaft hatte Kurz in Halbzeit eins gezählt. Bezeichnend, dass die beste Chance des Spiels aus einem Freistoß resultierte: Jose Holebas traf das Außennetz.
Nichts geht mehr, seit Göktans und di Slavos Ausfällen
Das war viel zu wenig, auch gemessen an den eigenen Ansprüchen der Löwen. Die durften resigniert zur Kenntnis nehmen, dass sie in der ganzen Saison gerade 31 Tore erzielt haben, so wenig wie keine andere Spitzenmannschaft in Liga zwei. Und dass von diesen 31 Toren allein zwölf in den ersten drei Saisonspielen gefallen sind. Spätestens seit den verletzungsbedingten Ausfällen von Berkant Göktan (6 Treffer) und Antonio di Salvo (7) ging nicht mehr viel nach vorne. Wann die beiden Torjäger zurück kommen, ist weiter ungewiss. Vorerst herrscht die blaue Verzweiflung. „Uns fehlt momentan einfach das Glücksgefühl. Wir schaffen es einfach nicht. Uns fehlt auch mal ein dreckiges Tor, dass ein Ball einfach mal reinkullert“, sagte Kapitän Danny Schwarz.
Daran, dass sich die Fans bald mal wieder über spektakulär herausgespielte Tore Freude, glaubt offenbar auch Trainer Kurz nicht. „Es sind auch mal die Abwehrspieler gefordert, Tore zu schießen“, sagte er, „wir hatten neun Eckbälle, da darf man auch schon mal ein Tor schießen.“ Das klang bitter. Überhaupt war Kurz bestrebt seine Stürmer, oder besser: seinen einzigen verbliebenen Stürmer, aus der Schusslinie zu nehmen. Der antrittsschwache und teils ungelenk agierende Mustafa Kucukovic bekäme zu wenig Bälle von den Mitspielern, meinte Kurz: „Die fehlende Durchschlagskraft darf man nicht nur am Stürmer fest machen.“
Was also tun? Torhüter Philipp Tschauner setzte tapfer auf Durchhalteparolen: „Ich bin mir sicher, dass wir bald wieder treffen. Wir schaffen das.“ Und Kurz befand: „Wir arbeiten daran, den Fans bald mal wieder ein Spiel zu liefern, das richtig Spaß machen wird.“ Richtig optimistisch klang er nicht. Filippo Cataldo